Unternehmen Schlecker will sich selbst retten - und gerät unter Beschuss
Schlecker will selbst einen Weg aus der Pleite finden. Ein sogenanntes Planverfahren in Eigenverwaltung soll die Drogeriekette retten. Doch schon bevor der genaue Rettungsplan bekannt ist, warnen Gläubiger und Insolvenzverwalter vor einem Scheitern der Sanierung. Die Gewerkschaft Ver.di macht Druck und will Firmeneigner Anton Schlecker selbst in die Pflicht nehmen.
Drogeriekette will sich in Eigenregie sanieren
Wie ein Sprecher des Amtsgerichts Ulm bestätigte, hat das Unternehmen aus dem schwäbischen Ehingen am Montag einen Antrag auf Planinsolvenz eingereicht. Je nachdem, wann Schlecker fehlende Unterlagen nachliefere, könne schon im Laufe des Tages über den Antrag entschieden werden.
Dem Papier zufolge plane Schlecker seine Insolvenz "offensichtlich in Eigenverwaltung" durchzuführen, erläuterte der Gerichtssprecher weiter. Ein Insolvenzverwalter solle dann nur begleitend tätig werden. Auf diesem Weg könnte Schlecker im Erfolgsfall große Teile des Filialnetzes und viele der 47.000 Jobs in Europa sichern.
Wie der Plan genau aussehen soll, ist bisher allerdings noch völlig unklar. Das Gericht müsse überdies klären, ob es eine Eigenverwaltung durch die bisherigen Manager akzeptiert, berichtete die "Financial Times Deutschland" (FTD). Der eigentliche Insolvenzverwalter verfüge dann als sogenannter Sachwalter der Gläubiger über weitaus weniger Macht.
Vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt
Vorläufiger Insolvenzverwalter der Drogeriekette ist Arndt Geiwitz. Der Partner der Neu-Ulmer Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner hat bereits mit der Prüfung der Schlecker-Bücher begonnen, wie ein Sprecher des Ulmer Amtsgerichts sagte. Es gehe zunächst darum festzustellen, ob genügend Insolvenzmasse vorhanden sei. Das Gericht gehe aber davon aus. Werner Schneider aus der gleichen Kanzlei ist vorläufiger Verwalter der jüngsten Großpleite Manroland.
Mehrere tausend Beschäftigte außerhalb Deutschlands können allerdings zunächst aufatmen: Die Drogeriekette teilte mit, dass das Auslandsgeschäft genauso wie die Osnabrücker Tochter IhrPlatz nicht von der Insolvenz betroffen sind. Der Antrag auf Planinsolvenz gilt für die Anton Schlecker e. K. sowie die Schlecker XL GmbH und die Schlecker Home Shopping GmbH.
Gläubiger und Insolvenzverwalter sind skeptisch
Vorbehalte gegen das Planverfahren hat der "FTD" zufolge bereits einer der wichtigen Schlecker-Gläubiger - der Einkaufsverbund Markant - dem Ulmer Gericht signalisiert. Zudem hätten sich zwei führende deutsche Insolvenzverwalter skeptisch geäußert. "Die Gläubiger werden nur zum Verzicht bereit sein, wenn auch die Eignerfamilie einen erheblichen Beitrag leistet", erklärte einer der beiden Juristen der Zeitung.
Die Insolvenz kann Schlecker nach Einschätzung eines Rechtsexperten dazu dienen, die teuren Tarifverträge mit der Gewerkschaft ver.di zu kündigen. Das sagte der Bremer Insolvenzanwalt Klaus Klöker dem "Spiegel". "Das Unternehmen bleibt als Rechtsträger erhalten und kann sich von allen nicht lukrativen Geschäften trennen, die lukrativen aber kann es behalten." Allein in Deutschland beschäftigt Schlecker 30.000 Menschen. Über die Zukunft der Mitarbeiter in gut 3000 Filialen im europäischen Ausland ist laut dem Unternehmenssprecher noch nicht entschieden.
Offene Rechnungen in Einkaufsgemeinschaft
Das Familienunternehmen hatte am 20. Januar mitgeteilt, zahlungsunfähig zu sein. Laut Medienberichten vom Wochenende hat Schlecker mehrere offene Rechnungen im Zusammenhang mit einer Einkaufsgemeinschaft, der unter anderem auch die Schlecker-Konkurrenten Rossmann und dm angehören. Über Schulden, Gläubiger und anvisierte Lösungswege schweigt Schlecker bislang.
Die Gläubiger müssen jedenfalls einem vorgelegten Sanierungskonzept Vertrauen schenken, so dass frische Ware in die Läden kommt. Zur Investorensuche hat die Drogeriekette angeblich den Ex-Edeka-Chef Alfons Frenk engagiert. Ein Schlecker-Sprecher wollte entsprechende Angaben des "Manager Magazins" nicht kommentieren. Im Geschäftsjahr 2010 war der europaweite Umsatz um rund 650 Millionen Euro auf rund 6,6 Milliarden Euro gesunken. Für 2011 rechnete der schwäbische Familienkonzern erneut mit sinkenden Erlösen.
Gewerkschaft setzt Führung unter Druck
Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gibt der Schlecker-Führung die Schuld an den der Misere. Das Unternehmen habe sein Filialnetz lange stark ausgebaut, ohne genug in einzelne Geschäfte zu investieren, sagte Ver.di-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger der "Passauer Neuen Presse" laut einem Vorabbericht. Hinzugekommen seien hoher Druck auf die Beschäftigten, starke Kontrolle und Dumpinglöhne.
"Ziel ist auf jeden Fall der Fortbestand des Unternehmens und daran ausgerichtet der Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze", sagte Nutzenberger. Ver.di erwarte von Firmenpatriarch Anton Schlecker, dass er sich auch mit seinem Privatvermögen an der Rettung beteilige. Die Gewerkschaft forderte zudem Mitspracherechte für die Belegschaft während des Insolvenzverfahrens.