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Corona-Hilfen: Wir retten die falschen Firmen – düstere Aussichten drohen


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Staatliche Hilfen
Wir retten die falschen Unternehmen

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 09.03.2021Lesedauer: 3 Min.
Ein geschlossenes Vapiano-Restaurant (Symbolbild): Die Wirtschaftskolumnistin Ursula Weidenfeld hält die staatlichen Unternehmenshilfen für falsch konzipiert.Vergrößern des Bildes
Ein geschlossenes Vapiano-Restaurant (Symbolbild): Die Wirtschaftskolumnistin Ursula Weidenfeld hält die staatlichen Unternehmenshilfen für falsch konzipiert. (Quelle: Emmanuele Contini/imago-images-bilder)
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Die Milliardenhilfen des Staates in der Krise beziehen sich auf den Umsatz der betroffenen Unternehmen. Das hilft den Banken, sichert aber nicht die Zukunft der Firmen. Es drohen düstere Aussichten.

Es ist ein kleines Wunder: Obwohl die Wirtschaft im vergangenen Jahr um etwas mehr als fünf Prozent geschrumpft ist, gibt es kaum Firmenpleiten, nur leicht steigende Arbeitslosigkeit, und auch die Aussichten für das weitere Jahr sind ganz rosig.

Doch das Lob für die Staatshilfen, die für dieses Wunder gesorgt haben, fällt durchwachsen aus. Zu Recht. Denn die Wirtschaftshilfen sichern zwar das Überleben der Unternehmen in der Gegenwart. Für die Zukunft aber machen sie es schwieriger.

Vielen Firmen ging es schon vor Corona schlecht

Die Wirtschaftshilfen der Bundesregierung beziehen sich vor allem auf den Umsatz der betroffenen Unternehmen. Gerettet werden so alle Unternehmen, auch die, denen es schon vor der Krise schlecht ging. Denn der Umsatz sagt nichts über die Zukunftsfähigkeit einer Firma aus, die Liquidität im Augenblick kaum etwas über den künftigen Gewinn.

Für viele sind die Hilfen eine große Erleichterung – sie können ihre Rechnungen weiterhin bezahlen, ihren Bankkredit bedienen und das Ersparte für ihren Lebensunterhalt nutzen. Das hilft den Unternehmern, vor allem aber den Banken, Versicherungen, Immobilien- und Leasinggesellschaften.

Die haben trotz des ökonomischen Debakels für große Teile der Volkswirtschaft kaum Ausfälle zu beklagen. Die staatlichen Wirtschaftshilfen halten den Betrieb dort aufrecht, wo es im Augenblick kein Geschäft gibt.

Wirtschaftshilfen sind zu einseitig

Wenn man aber auf die langfristigen Folgen schaut, würde man die Berechnungsgrundlage der Hilfsgelder vermutlich anders beurteilen. Viele Unternehmer müssen nämlich ihr Eigenkapital dennoch angreifen, zum Beispiel, um den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Wer aber kein Eigenkapital vorzuweisen hat, bekommt in Zukunft keinen Kredit mehr. Wer sich kein Geld mehr leihen kann, kann nicht investieren. Wer nicht investieren kann, macht irgendwann zu.

So sorgen die Wirtschaftshilfen im Augenblick dafür, dass die Banken weiterhin ihr Geld bekommen. "Wir retten die Falschen", kritisiert der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Gabriel Felbermayr.

Zwar gibt es auch dafür gute Gründe: Würde die Krise auf den Finanzsektor übergreifen, würden die Kreditinstitute ihr Geschäft herunterfahren, innovationsfähige Unternehmen würden auch keinen Kredit mehr bekommen. Doch die Einseitigkeit der Subventionen ist das Problem: Sie sind eine Hypothek für die Zukunft.

Wachstum nach der Krise ist viel zu gering

Das betrifft nicht nur einzelne Firmen, es wirft einen Schatten auf die Zukunftsfähigkeit der ganzen Volkswirtschaft. Nur noch rund 0,6 Prozent Potenzialwachstum attestiert das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) der deutschen Volkswirtschaft nach der Krise.

Das ist viel zu wenig, um zügig aus dem Schuldenberg herauswachsen und die Digitalisierung erfolgreich bewältigen zu können. Denn je mehr kranke Unternehmen am Markt bleiben, je weniger eigentlich gesunde Firmen investieren können, desto mieser fallen gesamtwirtschaftlich gesehen Fortschritt und Innovation aus.

Normalerweise beschleunigen tiefe Wirtschaftskrisen den Strukturwandel. Viele Unternehmen müssen aufgeben. Das passiert diesmal nicht, im Gegenteil. Immer noch werden die Firmen von einem Teil ihrer Insolvenzpflichten befreit. Das ZEW schätzt den Rückstau von Unternehmensinsolvenzen auf rund 25.000, die in den kommenden Jahren das Wachstum, den Arbeitsmarkt und die Stimmung von Lieferanten und Kunden belasten werden.

Verlustrücktrag sollte ausgeweitet werden

Spätestens jetzt müsste die Rettungspolitik der Bundesregierung umschwenken und sich auf die Zukunftsfähigkeit der Firmen konzentrieren. Dazu wäre es vernünftig, die steuerliche Behandlung des Verlustes noch großzügiger zu gestalten, als die Koalition das jetzt plant. So würden die Unternehmer schnell von dem Problem erlöst, ihr Eigenkapital angreifen zu müssen.

Sonst wird man in einigen Jahren zwar staunend auf das kleine Wirtschaftswunder der Jahre 2020 und 2021 schauen. Doch man wird fragen, warum die Bundesregierung darüber vergessen hat, die Weichen für einen langfristigen Aufschwung danach zu stellen.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Gemeinsam mit t-online.de und der Leibniz-Gemeinschaft produziert sie den Podcast .

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