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Coronavirus sorgt für Insolvenzen: Viele Firmen überleben die Krise nicht


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Insolvenzen und Bankrotte
Viele Firmen werden die Corona-Krise nicht überleben

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 17.03.2020Lesedauer: 4 Min.
Eine leerstehende Fabrik: Viele Betriebe könnten wegen des Coronavirus pleitegehen.Vergrößern des Bildes
Eine leerstehende Fabrik: Viele Betriebe könnten wegen des Coronavirus pleitegehen. (Quelle: blickwinkel/imago-images-bilder)

Die Wirtschaft stürzt ab, der Staat hilft unbegrenzt. Doch viele Firmen werden die Krise nicht überstehen. Das ist zwar tragisch – für die gesamte Wirtschaft jedoch wichtig.

Es ist nur ein Nebenkriegsschauplatz, doch hier ereignen sich im Augenblick die größten Tragödien. Das Corona-Virus jagt in atemberaubender Geschwindigkeit Unternehmen, Börsen, Freiberufler und Beschäftigte in Existenznöte. Dass der Staat sich mit Soforthilfen, zinslosen Krediten, Kurzarbeitergeld und staatlichen Unternehmensbeteiligungen dagegenstemmt, ist richtig. Nur so kann kurzfristig Vertrauen wiederhergestellt werden.

Doch mittel- und langfristig werden viele große und kleine Firmen die Folgen dieser Krise nicht überleben. Auch Gastwirtschaften, Physiotherapie-Praxen und Boutiquen werden schließen müssen. Dagegen darf sich der Staat dann nicht mehr stemmen. Denn diese Entwicklung ist notwendig, damit Neues entstehen kann.

Die Konjunktur in Deutschland und Europa ist eingebrochen. Der Arbeitsmarkt steht still, die ersten Entlassungswellen sind verkündet. Aufträge werden storniert, bereits produzierte Ware bleibt in einigen Branchen auf den Fabrikhöfen stehen.

Mit einer "Bazooka" gegen die Rezession

Der Autokonzern Volkswagen stellt zum Wochenende die Produktion ein, andere werden folgen. Die Wirtschaftsforschungsinstitute revidieren ihre Wachstumsprognosen für dieses Jahr auf die Hälfte, rund 0,5 Prozent – wenn sie sich überhaupt noch eine Voraussage zutrauen.

Es ist klug, in dieser Situation die "Bazooka" (Finanzminister Olaf Scholz, SPD) auszupacken, um gegenzuhalten. Jetzt kommt es darauf an, es auch klug zu machen. Die amerikanische Regierung hat nach der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 gezeigt, wie so etwas geht. Sie hat zwar marode Banken unter ihre Fittiche gezwungen, genauso, wie sie gemeinsam mit Kanada vorübergehend den insolventen Autokonzern General Motors übernahm.

Vier Jahre später war davon nichts mehr zu sehen. Im Dezember 2013 hatte sich der Staat sowohl von seinem Autobauer als auch von den größten Banken in seinem Portfolio wieder getrennt oder er hatte die Finanzhäuser abgewickelt. Schnell einsteigen, schnell aussteigen, das hat gut funktioniert.

Deutschlands Banken sind nicht wirklich krisenfest

Zum Vergleich: Der deutsche Staat ist über seine Hausbank KfW bis heute an der Commerzbank beteiligt, die er in der Krise mit einer Kapitalspritze retten musste. Staatseigene Krisenbanken wie die HSH Nordbank wurden mit Milliardenzuschüssen aufrechterhalten, nur wenige Institute wie die Westdeutsche Landesbank verschwanden tatsächlich vom Markt.

Das Ergebnis: Deutschland ist heute immer noch "overbanked" – zu viele Banken verdienen zu wenig Geld, um wirklich krisenfest und solide zu sein. Das wird sich in den kommenden Monaten rächen. Aus dieser Erfahrung zu lernen, heißt, schon jetzt die Weichen für den Wiederausstieg zu stellen, wenn sich der Staat in den kommenden Wochen und Monaten an Firmen beteiligen und Milliardenkredite ausreichen muss.

Das macht man zum Beispiel, indem man in den Krisen-Unternehmen die Managergehälter deckelt und Bonus-Zahlungen verbietet. Bevor es später Kapitalerhöhungen geben darf, müssen die staatlichen Anteile privatisiert werden. Damit motiviert man die Unternehmenschefs, den Staat möglichst schnell wieder abzuschütteln, anstatt sich mit einer Quasi-Überlebensgarantie jahrelang einzurichten.

Verlorene Umsätze werden nicht nachgeholt

Bei Krediten ist die Sache komplizierter. Selbst wenn sie zinslos sind, müssen sie irgendwann zurückgezahlt werden. Das heißt für kleine und mittlere Unternehmen, für Selbstständige und Alleinunternehmer: Nach der Krise müssen sie wieder Geld verdienen, und zwar mehr als je zuvor.

Denn viele der verlorenen Umsätze werden nicht nachgeholt, sie sind verloren. Ein Bier, das heute nicht getrunken wird, wird im Mai nicht doppelt konsumiert. Ein Konzert, das nicht stattfinden kann, wird im Herbst nicht zwei Mal veranstaltet. Dasselbe gilt für verpasste Friseurbesuche, Fußpflegetermine, Busreisen, Hotelaufenthalte.

Für all diese Unternehmer wird nach der Krise die härteste Zeit anbrechen. Sie müssen überlegen, ob sie die Firma langfristig aufrechterhalten können. Viele von ihnen haben keine Reserven. Diese Unternehmen müssen nun noch härter arbeiten. Sie müssen versuchen, höhere Preise durchzusetzen, effizienter zu wirtschaften, mehr Kunden zu gewinnen.

Unternehmensinsolvenzen sind für die Wirtschaft wichtig

Wenn sie das nicht schaffen, werden sie schließen müssen. Das ist persönlich für viele eine Katastrophe. Doch gesamtwirtschaftlich ist es richtig. Deshalb sollte der Staat auch hier nicht der Versuchung erliegen, sein Engagement unbefristet weiterlaufen zu lassen.

Vernünftig wäre es, die Vorauszahlungen für Einkommen- und Umsatzsteuer sofort auszusetzen. Denn die sind für viele Firmen in der augenblicklichen Situation unrealistisch hoch und im kommenden Jahr würden ohnehin enorme Rückzahlungen fällig.

Wenn dieses Geld erst einmal in den Unternehmen bleibt, werden die besonders geschützt, die besonders unter der Lage leiden. Lange Kreditlaufzeiten sind ebenfalls sinnvoll. Doch dauerhaft auf das geliehene Geld zu verzichten, wäre falsch. Dann würden die wünschenswerten Effekte von Wirtschaftskrisen verwischt: Dass sich nämlich der Markt von wenig erfolgreichen Wettbewerbern befreit und Kapazitäten für neue Unternehmer entstehen.

Die Autorin dieser Zeilen hat vor wenigen Wochen an dieser Stelle argumentiert, dass Stillstand in der Wirtschaftspolitik gut für die konjunkturellen Aussichten ist. In wirtschaftlich guten Zeiten stimmt das. In dieser Krise aber kommt es auf die Politik an. Sie muss handeln. Und muss gleichzeitig dafür sorgen, dass die Marktwirtschaft erhalten bleibt.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Gemeinsam mit t-online.de und der Leibniz-Gemeinschaft produziert sie den Podcast "Tonspur Wissen".

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