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Gesetzliche Krankenkasse alarmiert: Reserven sind angekratzt


Angekratzte Reserven
Corona-Krise alarmiert gesetzliche Krankenkassen

afp, Christopher Braemer

Aktualisiert am 13.03.2020Lesedauer: 4 Min.
Corona-Test in Baden-Württemberg, Mannheim: Warteschlange auf dem Gelände des Universitätsklinikums vor speziell für den Test auf den neuartigen Coronavirus aufgestellten Containern.Vergrößern des Bildes
Corona-Test in Baden-Württemberg, Mannheim: Warteschlange auf dem Gelände des Universitätsklinikums vor speziell für den Test auf den neuartigen Coronavirus aufgestellten Containern. (Quelle: Uwe Anspach/dpa-bilder)
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Nach einem Defizit von 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2019 sind die Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen angekratzt. Die Reserven sind abgebaut, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) jüngst. Was kommt mit der Corona-Krise auf die Krankenkassen zu?

Die gesetzlichen Krankenkassen zeigen sich im Zuge der Corona-Krise alarmiert. Das ergab eine t-online.de-Umfrage unter den größten Krankenversicherungen in Deutschland. Ein Sprecher der Barmer-Krankenkasse etwa sagte: "Klar ist, wenn sich aus der Corona-Krise auch in Deutschland eine Pandemie entwickelt – und das erwarten die Experten – werden die Ausgaben spürbar steigen." Derzeit seien die Folgen jedoch noch schwer abzuschätzen, da sich die Situation täglich ändere.

Auch bei anderen Krankenkassen gibt es noch Unsicherheit, was die weitere Entwicklung der Corona-Krise und ihre Konsequenzen auf die Finanzen der Versicherung betrifft. "Die finanziellen Auswirkungen sind bisher nicht abzusehen, weil sich die Situation schnell ändert“, sagte DAK-Sprecher Rüdiger Scharf im Gespräch mit t-online.de.

Experten der Weltgesundheitsorganisation sprechen seit Donnerstag offiziell von einer Pandemie. Weltweit haben sich nach offiziellen Angaben bereits mehr als 110.000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, mehr als 4.000 Menschen sind daran gestorben. Auch in Deutschland verschärft sich die Lage. Es gibt bisher mehr als 2.000 Coronavirus-Infizierte und fünf Todesfälle. Das hat Folgen für den öffentlichen Alltag in Deutschland: Firmen verordnen ihrem Mitarbeitern Homeoffice, einige Länder verbieten Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Leuten.

Finanzielle Folgen "schwer abzuschätzen"

"Mittelfristige finanzielle Auswirkungen auf die Gesetzlichen Krankenversicherungen sind im Augenblick schwer abzuschätzen", sagt auch Claudia Widmaier, Sprecherin des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Schon Anfang März sagte GKV-Chefin Doris Pfeiffer, es sei mit Sicherheit davon auszugehen, "dass das Coronavirus auch das deutsche Gesundheitswesen vor große Herausforderungen stellt".

Dennoch sei das System der gesetzlichen Krankenversicherung auf solche Extremsituationen wie derzeit gut vorbereitet, sagte ein Sprecher des AOK-Bundesverbandes t-online.de. Die Finanzierung von kurzfristigen "Ausschlägen" der Leistungsausgaben nach oben durch Infektionswellen ließe sich gut bewältigen.

Seit dem 28. Februar 2020 übernehmen die Krankenkassen Coronavirus-Mehrkosten für Privatpersonen: den Test auf das Coronavirus. Voraussetzung hierfür sei jedoch die Entscheidung des Arztes, ob eine Patientin, ein Patient getestet werden soll, heißt es auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums. Bis dahin waren die Tests mit geschätzten Kosten von 150 bis 300 Euro eine Privatleistung. Eine Ausnahme sei es, wenn das Virus im Krankenhaus festgestellt worden war.

Kassen bauen Finanzreserven ab – GKV-Verband zeigt sich alarmiert

Die Corona-Krise könnte die Krankenkassen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt treffen. Denn die gesetzlichen Krankenkassen haben im vergangenen Jahr erstmals seit 2015 ein Defizit eingefahren. Das Minus beträgt 1,5 Milliarden Euro, wie das Bundesgesundheitsministerium erklärte. Ausgaben von 251,9 Milliarden Euro standen Einnahmen von 250,4 Milliarden Euro gegenüber. Die Kassen hätten ihre Finanzreserven abgebaut, um Beitragssteigerungen im aktuellen Jahr zu vermeiden, erklärte jüngst Minister Jens Spahn (CDU).

Die Finanzreserven der Kassen beliefen sich dem Ministerium zufolge Ende 2019 aber immer noch auf rund 19,8 Milliarden Euro. "Die aktuellen Zahlen zeigen in die richtige Richtung", erklärte Spahn. "Die Beitragszahler profitieren von niedrigeren Zusatzbeiträgen, weil Krankenkassen endlich ihre übermäßig hohen Finanzreserven abbauen." Und gleichzeitig kämen auch die notwendigen Leistungsverbesserungen bei den Versicherten an.

GKV-Spitzenverbands-Chefin Pfeiffer erklärte: "Erstmals seit 2015 haben die gesetzlichen Krankenkassen ein Haushaltsjahr mit einem Minus abgeschlossen." Das Defizit sei "besonders alarmierend, weil die derzeit noch brummende Konjunktur für Rekordeinnahmen gesorgt hat". Verantwortlich für das im Jahr 2019 entstandene Defizit seien "die rasant steigenden Leistungsausgaben", erklärte Pfeiffer weiter.

Habe der Ausgabenanstieg im ersten Halbjahr 2019 bereits bei 4,8 Prozent gelegen, seien es im zweiten Halbjahr 6,4 Prozent gewesen. "Insgesamt betrug der Anstieg der Leistungsausgaben 5,6 Prozent, während die Einnahmen nur um 3,8 Prozent stiegen."

Krankenkassen arbeiten an Coronavirus-Pandemieplänen

Aktuell bereiten sich die gesetzlichen Krankenkassen auf die Folgen einer möglichen Coronavirus-Pandemie vor. "Unser bestehender Pandemie-Notfallplan ist um den Aspekt des Coronavirus erweitert worden", sagte ein Sprecher der Barmer-Krankenkassen. Täglich tage bei der Krankenkasse ein Krisenstab bestehend aus Vorstand, Führungskräften und einem eigens eingesetzten Pandemiebeauftragten.

"Regionale Pandemiebeauftragte halten den Kontakt zu den Behörden und den Gesundheitsämtern vor Ort, um schnell auf Entwicklungen reagieren zu können", sagte ein Barmer-Sprecher. Damit werde sichergestellt, dass Deutschlands zweitgrößte Krankenkasse mit neun Millionen Mitgliedern auch in Krisenzeiten voll einsatzfähig bleibt.

"Ja, es gibt Notfallpläne und diese werden angepasst – je nach Blickpunkt der Bundesregierung", bestätigte auch DAK-Sprecher Rüdiger Scharf t-online.de. "Wir geben Empfehlungen raus, beispielsweise welche Risikogebiete es gibt." In Hinsicht auf die Versicherten gebe es eine Aufklärungspflicht, die Krankenkasse informiere auf allen Kanälen über Hygienemaßnahmen.

Die Behandlung von Coronavirus-Patienten ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Aber sind weitere Zusatzleistungen geplant? Eine Finanzierung von Atemschutzmasken oder Desinfektionsmitteln sei nicht geplant, sagt ein Sprecher der Barmer. "Wir finanzieren bereits jetzt schon alles medizinisch Sinnvolle, um die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen und bei Erkrankung die Heilung zu fördern“, heißt es.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Bundesgesundheitsministerium
  • Nachrichtenagentur AFP
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