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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Frag t-online Einmalanlage oder Sparplan: Welche ETF-Strategie lohnt sich wirklich?
Jeden Tag beantwortet ein Experte aus der t-online-Ratgeberredaktion eine Leserfrage rund ums Geld. Heute: Was ist besser: einen ETF einmalig kaufen oder einen Sparplan abschließen?
Eine größere Summe auf einmal anlegen oder in kleinen monatlichen Raten in Form eines Sparplans sparen? Ein t-online-Leser hat etwas Geld auf der hohen Kante und wollte nun wissen, was die bessere Wahl ist, wenn er in Aktien investieren möchte. Er fragte auch, was am sogenannten Durchschnittskosteneffekt dran ist, mit dem die Finanzindustrie den Sparplan gern bewirbt. Schauen wir genauer rein.
Durchschnittskosteneffekt mit Tücken
Der Durchschnittskosteneffekt (engl.: Cost-Average-Effect) beschreibt eine mathematische Gegebenheit: Wer monatlich einen festen Betrag in eine Anlageform wie Aktien oder Aktien-ETFs investiert, deren Kurse schwanken, kauft mehr Anteile, wenn die Kurse niedrig sind und weniger Anteile, wenn die Kurse hoch sind. Über einen bestimmten Zeitraum ist der durchschnittliche Anteilspreis im Depot des Anlegers daher niedriger als der durchschnittliche Marktpreis des Anteils.
Was gut klingt, hat einen Haken. Denn ein geringerer Durchschnittspreis für ETF-Anteile bedeutet nicht, dass die Rendite der Anlage im Vergleich zur Einmalanlage immer besser ist. Im Gegenteil: Unter anderem stellte die Technischen Universität Chemnitz fest, dass es "rein technisch-arithmetisch" den Durchschnittskosteneffekt zwar gebe, Anleger mit einer anfänglichen Einmalanlage historisch betrachtet aber die bessere Rendite erzielten.
Sparplan versus Einmalanlage: ein Beispiel
Ein vereinfachtes Beispiel soll den Unterschied verdeutlichen. Nehmen wir an, Sie haben ein Budget von 12.000 Euro zur Verfügung. Sie können das Geld entweder einmalig in einen Aktien-ETF investieren oder jeden Monat 1.000 Euro in einen Sparplan einzahlen. Am Jahresanfang liegt der Kurs des ETF bei 100 Euro, am Jahresende bei 150 Euro. In den ersten fünf Monaten verliert der Aktien-ETF an Wert, fällt auf 80 Euro und steigt erst ab Juni des Jahres bis Dezember auf 150 Euro.
Monat | Kurs des ETF | Sparplan | Anteile | Einmalanlage | Anteile |
---|---|---|---|---|---|
Januar | 100 € | 1.000 € | 10,000 | 12.000 € | 120 |
Februar | 95 € | 1.000 € | 10,5263 | ||
März | 90 € | 1.000 € | 11,1111 | ||
April | 85 € | 1.000 € | 11,7647 | ||
Mai | 80 € | 1.000 € | 12,5000 | ||
Juni | 90 € | 1.000 € | 11,1111 | ||
Juli | 100 € | 1.000 € | 10,000 | ||
August | 110 € | 1.000 € | 9,0909 | ||
September | 120 € | 1.000 € | 8,3333 | ||
Oktober | 130 € | 1.000 € | 7,6923 | ||
November | 140 € | 1.000 € | 7,1428 | ||
Dezember | 150 € | 1.000 € | 6,6666 | ||
Summe Anteile | 115,9393 | 120 | |||
Depotwert | 17.391 € | 18.000 € |
Bei einer Einmalanlage: Wenn Sie zu Beginn des Jahres einmalig 12.000 Euro in den Aktien-ETF investieren, haben Sie sowohl im Januar als auch im Dezember 120 Fondsanteile in Ihrem Depot (12.000 Euro geteilt durch 100 Euro sind 120 Anteile). Der Wert Ihrer Anteile ist im Verlauf des Jahres gestiegen und beträgt im Dezember 18.000 Euro (120 Anteile mal 150 Euro sind 18.000 Euro). Sie haben also einen Buchgewinn von 6.000 Euro erzielt. Dies entspricht einer Rendite von 50 Prozent.
Mit einem Sparplan: Beim Sparplan, bei dem Sie beispielsweise jeden ersten Tag im Monat für 1.000 Euro ETF-Anteile kaufen, besitzen Sie im Dezember rund 116 Fondsanteile, was einem Wert von rund 17.391 Euro entspricht (116 Anteile mal 150 Euro sind 17.391 Euro). Die Rendite liegt bei 44,9 Prozent und damit 5,1 Prozent unter der Rendite, die Sie mit einer Einmalanlage erzielt hätten.
Hinweis: Es handelt sich um eine stark vereinfachte Berechnung. Alle Zahlenwerte sind Beispiele und daher nicht auf die Realität übertragbar. Eine genaue mathematische Berechnung finden Sie hier.
Verzerrte Renditeversprechen in der Werbung
Die Studie der Mathematiker der TU Chemnitz zeigt, dass die Einmalanlage den Sparplänen hinsichtlich des durchschnittlichen Endvermögens deutlich überlegen ist. Darüber hinaus ist der Sparplan demnach mit jährlicher Einzahlung dem Sparplan mit monatlicher oder laufender Einzahlung überlegen. Die Unterschiede zwischen monatlicher und laufender Einzahlung sind jedoch sehr gering.
Die Studienautoren kritisieren, dass der Durchschnittskosteneffekt in der Praxis immer wieder in Werbemaßnahmen eingebunden werde, um Kapitalanleger zu bestimmten Investitionsentscheidungen zu bewegen. Überdurchschnittliche Renditen würden als leicht erzielbar dargestellt. Dies werfe Fragen nach der Lauterkeit solcher Werbestrategien auf.
Der amerikanische Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Paul A. Samuelson bezeichnete 1994 die Werbung mit dem Cost-Average-Effekt als "blunder, if not a crime", zu Deutsch: "ein Fehler, wenn nicht gar ein Verbrechen".
In dieser Schärfe wird Samuelsons Aussage von anderen Wissenschaftlern zwar nicht geteilt. Und es gibt auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Studien, die auf vorteilhafte Nutzungsmöglichkeiten des Effekts hinweisen. Dennoch: In vielen Fällen sei die Werbung mit dem Effekt geeignet, Anleger in für sie nachteilige Anlagestrategien zu lenken, heißt es von den Autoren der Chemnitzer Studie.
Sparpläne sinnvoll
Unabhängig vom Durchschnittskosteneffekt und der reinen Renditebetrachtung gelten ETF-Sparpläne als gutes Sparprodukt für Börseneinsteiger. Gerade, wer noch nicht die eine große Summe auf dem Konto hat, die er in Aktien-ETFs anlegen kann, sondern monatlich einen Teil seines Einkommens übrig hat, kann mit ETF-Sparplänen über die Jahre Vermögen aufbauen. Viele Broker und Banken bieten ETF-Sparpläne kostenlos an.
- Der Cost Average Effekt in der Anlageberatung: Einsatzmöglichkeiten und Grenzen sowie deren mathematische Hintergründe (Studie der TU Chemnitz)
- wiwo.de: "Dieser Mythos kostet Geld"