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Lieferando, Uber Eats und Co. in der Krise: Was bedeutet das für Aktionäre?


Lieferando und Co.
Die Gorillas haben ausgebrüllt

  • Antje Erhard
MeinungEine Kolumne von Antje Erhard

21.10.2024 - 14:39 UhrLesedauer: 5 Min.
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Lieferando-Kurier: Der Kostendruck im Geschäft mit Essenslieferungen ist enorm. (Quelle: IMAGO/Michael Gstettenbauer/imago)

Lieferando, Uber Eats, Flink – Essen auf Rädern hat viele Namen. Der Corona-Boom hatte neue Anbieter auf den deutschen Markt gelockt. Den harten Wettbewerb überlebten nicht alle. Was bedeutet das für Aktionäre?

Lieferdienste für Essen und Lebensmittel hatten während der Corona-Pandemie einen Lauf – doch danach ging die Zahl der Kunden zurück. Zugleich ist der Wettbewerb heftiger geworden. Einige strichen die Segel, andere setzten auf neue Ideen und vor allem neue Märkte. Denn die Börse erwartet, dass abgeliefert wird.

Ein Unternehmen, das kämpft, ist Just Eat Takeaway. Zum Halbjahr hatte die Lieferando-Mutter mit Sitz in den Niederlanden die Kunden bereits mit hohen Gebühren verschreckt. Neue Servicegebühren und Kosten bei der Nutzung von bestimmten Zahlungsmitteln wie PayPal kamen gar nicht gut an. Die Folge: Die Bestellungen sind eingebrochen – das Unternehmen verfehlte damit die Erwartungen. Die Aktie verlor deutlich und erreicht derzeit nicht mal mehr 11 Euro.

Wie also geht es weiter in der einst erfolgsverwöhnten Branche?

Die Gorillas haben ausgebrüllt

In diesem Frühjahr schmissen gleich zwei Lieferdienste in Deutschland hin: Getir und Gorillas. Dabei hatte Getir gerade eine neue Finanzspritze erhalten. Doch die sollte dort investiert werden, wo sich das Geschäft mit Lebensmittellieferungen womöglich mehr lohnt als in Deutschland. Zuvor war Getir schnell gewachsen, Kapital war dem Unternehmen reichlich zugeflossen und es hatte den Konkurrenten Gorillas übernommen. Ein zu großer Fang.

Gorillas war ebenfalls auf Lebensmittellieferungen spezialisiert. Und damit 2020 gut unterwegs, als wir alle zu Hause saßen. Wie Getir war Gorillas schnell gewachsen. Doch spätestens 2022, mit Beginn des russischen Krieges in der Ukraine und der daraufhin davon galoppierenden Inflation, war schnell klar: Die Menschen hierzulande sparen und geben weniger Geld für Lieferdienste und deren üppige Gebühren aus.

Antje Erhard
(Quelle: Rüdiger Jürgensen)

Die Autorin

Antje Erhard arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin und TV-Moderatorin. Ihr Weg führte sie von der Nachrichtenagentur dpa-AFX u. a. zum ZDF. Derzeit arbeitet sie für die ARD-Finanzredaktion in Frankfurt und berichtet täglich über das, was in der Welt der Börse und Wirtschaft passiert.

Wie soll sich das Liefergeschäft rechnen?

Ohnehin war nicht klar, wie sich das Geschäft mit Essenslieferungen rentieren sollte: Denn mitverdienen wollen alle: neben Restaurants beziehungsweise Produzenten von Lebensmitteln auch Auslieferer und Subunternehmer. Die Kosten sind hoch. Gering dagegen die Größenordnungen der Bestellungen.

Zudem zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft EY, dass mehr als ein Drittel der Deutschen intensiv spart. Fast jeder Zweite der 1.000 Befragten gab an, bei Lieferdiensten für Lebensmittel und bei Essensauslieferungen den Rotstift angesetzt zu haben. Eine Trendwende ist nicht in Sicht: Drei Viertel der 1.000 Befragten in Deutschland erwarten, dass sich die eigene finanzielle Lage nicht verbessert oder aber schlechter wird.

Uber Eats macht es vor

Wo also Lieferando und andere hierzulande mit Konsumflaute zu kämpfen haben, zeigen andere, wie es geht. Allen voran Uber Eats. Uber, der Fahrten mit Privatautos anbietet und in Deutschland als Taxi-Ersatz fungiert, bietet Lieferanten die Möglichkeit, Teil der Flotte zu werden – oder sich als Kurier zu registrieren.

Offiziell sind die Lieferanten Subunternehmer. Das spart Kosten. Zudem hält Uber Eats die Gebühren für Nutzer gering. Über den niedrigen Preis gelang es, seit 2021 sukzessive ein Deutschland-Geschäft aufzubauen. Plötzlich war Lieferando nicht mehr unangefochtener deutscher Marktführer.

Im vergangenen Quartal brachten Essenslieferungen und Beförderungen einen ordentlichen Gewinnsprung für Uber, nicht zuletzt, weil immer mehr Menschen wieder in ihren Büros arbeiten und die Nachfrage nach Beförderung gestiegen ist. Kürzlich stieg die Uber-Aktie auf ein Allzeithoch. Innerhalb eines Jahres hat sie sich im Wert fast verdoppelt. Mitte Oktober steht sie bei knapp 80 US-Dollar (etwa 73,70 Euro).

Und was ist mit Delivery Hero?

Das deutsche Unternehmen Delivery Hero, das Lieferando 2014 verkauft hatte und heute die Marken Foodora, Lieferheld und Pizza.de unter sich vereint, hatte bis zu diesem Frühjahr zu kämpfen. Dann kam der Auftrieb – vor allem dank Uber: Weil die Kasse voll ist, hat Uber das Asien-Geschäft von Delivery Hero übernommen und lässt sich Foodpanda Taiwan fast eine Milliarde Euro kosten.

Damit zeigt sich ein Trend: Taiwan und andere asiatische Regionen gelten als Wachstumsmärkte für Lieferdienste. Die Kunden sind digitalaffin, bestellen viel und gern. Aus anderen Regionen hat sich Delivery Hero indessen zurückgezogen: aus Dänemark und Slowenien zum Beispiel. Aktionäre und sogenannte aktivistische Investoren, die inzwischen an Bord sind, erwarten nun, dass Delivery Hero abliefert.

Aktivistische Investoren sind engagiert wegen der Rendite und nicht wegen immer wieder verschobener Aussichten. Sie machen entsprechend Druck. Es scheint zu funktionieren. Immerhin hat Delivery Hero bereits in diesem Jahr mehr Umsatz in den Büchern und die Jahresprognosen angehoben. Die Aktie gewann auf Jahressicht um mehr als 50 Prozent und steht Mitte Oktober bei 38,05 Euro.

Außerdem schöpfen Aktionäre mit einem Börsengang Hoffnung. Die Delivery-Hero-Tochter Talabat, die in Nahost und Afrika agiert, soll bald an die Börse gehen. Allerdings nicht in Frankfurt – sondern in Dubai. Diese Aussichten verbesserten die Bewertung der Delivery-Hero-Aktie.

Lieferando-Mutter: Auftrieb dank Amazon?

Nach den enttäuschenden Zahlen im dritten Quartal muss sich die Lieferando-Mutter Just eat Takeaway nun ebenfalls neu ausrichten. Kooperation scheint dabei das Schlagwort der Stunde zu sein. Und so taten sich im Juni Lieferando und Amazon zusammen: Prime-Mitglieder zahlen seither keine Gebühr für die Bestellung von Waren über Lieferando. Ein Pilotprojekt mit Tchibo folgte im August: Der Lieferdienst bringt Kaffee, Kleidung, Deko und andere Produkte aus dem Tchibo-Segment. Schon seit Oktober 2023 lassen sich Elektroartikel von Saturn und Mediamarkt über Lieferando beziehen.

Außerdem können Kunden von Lieferando jetzt Lebensmittel bei Rewe ordern und zu sich nach Hause bestellen. Rewe liefert schon seit Jahren Lebensmittel aus. Aber jetzt soll es möglich sein, noch früher und abends noch länger und schneller Lieferungen zu bestellen. Die Auslieferung übernimmt ein Dritter: Flink, an dem Rewe beteiligt ist. Nach dem Aus von Getir und Gorillas ist Flink der einzig verbliebene Express-Lieferant in Deutschland. Innerhalb von 45 Minuten will Flink liefern.

Wer Erfolg haben will, muss flexibel bleiben

Ob Verkäufe, Zukäufe und Kooperationen das Heilmittel der Lieferbranche sind, ist schwer zu sagen. Ohne Skalierung, also ohne Anpassung des Geschäftsmodells an immer neue Entwicklungen, um Ressourcen effizient zu nutzen, wird es schwer. Mit Partnerschaften und Kooperationen lassen sich Reichweiten, Produktangebote und Liefermöglichkeiten verbessern. Unterschiedliche Services müssten über eine einzige Plattform buchbar sein, das wäre für die Kunden eine Erleichterung. Drohnen können in Zukunft womöglich auch die Erreichbarkeit auf dem Land verbessern.

Grundsätzlich ist es nicht einfach für die Anbieter, profitabler zu arbeiten – wenn sie es überhaupt sind: Dazu ist der Wettbewerb zu heftig, sind die Konsumflaute und die Kosten zu hoch. Eins scheint damit klar: Die Konsolidierung ist nicht vorbei. Für Aktionäre war der Corona-Boom bei den Lieferdiensten ein "gefundenes Fressen" – jetzt müssen viele hingegen Kursverluste verdauen. Auf eine Gesundung zu wetten, ist riskant.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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