Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Weltleitwährung Eine Wachablösung ist denkbar

Eine starke Währung ist das Aushängeschild einer soliden Volkswirtschaft. Das war der Dollar bislang für die USA. Doch seit ein paar Wochen verliert er an Wert und Vertrauen. Hat er als Leitwährung ausgedient?
Eine starke Volkswirtschaft braucht eine starke Währung. Das hat viele Vorteile:
Eine starke Währung schafft Vertrauen. Bei Investoren und Partnern. Es geht um Vertrauen darauf, dass Geld hier gut und sicher angelegt ist. Vor allem dieses Vertrauen zieht Geld aus dem Ausland an. Davon profitieren dann die heimischen Aktien- und Anleihenmärkte.
So war das bisher mit den USA. Investoren weltweit hatten Vertrauen. Darauf, dass die größte Volkswirtschaft der Welt schneller wächst als der Durchschnitt. Darauf, dass davon die Anleihen- und Aktienmärkte in den USA besonders stark profitieren. Und darauf, dass das eigene Geld dort gut aufgehoben ist.

Zur Person
Antje Erhard arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin und TV-Moderatorin. Ihr Weg führte sie von der Nachrichtenagentur dpa-AFX u. a. zum ZDF. Derzeit arbeitet sie für die ARD-Finanzredaktion in Frankfurt und berichtet täglich, was in der Welt der Börse und der Wirtschaft passiert.
Für die Volkswirtschaft der USA bedeutete das große Interesse an ihren Kapitalmärkten bis jetzt auch: gut bezahlbare Schulden. Durch die starke Nachfrage nach ihren Anleihen konnten sie vergleichsweise geringere Zinsen auf diese Staatsanleihen bieten. Zinsen, mit denen die Investoren zufrieden waren. Und Zinsen, die zugleich den Schuldendienst bezahlbar machten. Bei einer Staatsverschuldung von 37 Billionen US-Dollar ein wichtiger Faktor. Das Land ist so hoch verschuldet wie kein anderes auf der Welt. Aber wie gesagt: Das Vertrauen in die USA war ja da. Anleihen fanden immer Käufer. US-Aktien ebenso.
Ein fester Dollar hielt zugleich die Inflation im Zaum. Zumindest in normalen Zeiten ohne Pandemien und Krisen. Denn die USA konnten Waren aus aller Welt günstig importieren. Ihr Geld war viel wert in der Welt. Außerdem zog das starke Wirtschaftswachstum in Verbindung mit guten steuerlichen und politischen Rahmenbedingungen viele Unternehmen an, die sich in den USA niederließen.
Das ist Vergangenheit. Denn die Zollpolitik der vergangenen Wochen hat Vertrauen zerstört. In großem Stil. Unfassbar, wie schnell und wie viel. Der Dollar verlor seit Jahresbeginn zu den wichtigsten Währungen rund zehn Prozent an Wert: zum Yen, zum Franken, zum Euro. Auch US-Aktien und -Anleihen rutschten ab. Doch während diese sich zügig wieder erholt haben, gilt das für den Dollar nicht. Ein Achtungssignal.
Enormer Vertrauensverlust
Hier zeigt sich: Der Vertrauensverlust ist groß, weil die US-Wirtschaftspolitik unübersichtlich geworden ist. Weil die USA als verlässlicher Partner infrage stehen. Weil den USA eine Rezession droht – mit Ansteckungseffekten für viele Länder. So ein Vertrauensverlust könnte die Währung mittelfristig enorm schwächen, sagen Volkswirte.
Viele Banken, darunter führende Institute wie Goldman Sachs, sehen die aktuelle Dollarschwäche kritisch, haben ihre Prognosen für Yen, Franken, Euro angehoben. Und entsprechend für den Dollar gesenkt. Goldman Sachs erwartet einen Wechselkurs des Euro zum Dollar von 1,20 Dollar. Zum Vergleich: Noch im Januar waren beide gleich viel wert. Seitdem hat der Euro kräftig zugelegt.
Die Notenbank müsste im Falle, dass Währung und Wirtschaft bröckeln, die Zinsen senken. Auch das ist – neben einem billigeren Dollar, der den Warenexport günstiger macht – ein Ziel des US-Präsidenten.
Noch keine Ablösung der Leitwährung in Sicht
Wird der Dollar als Leitwährung nun abgelöst? Erst einmal nicht. Allerdings ist eine Wachablösung denkbar, wenn Donald Trump den Status seines Landes in der Welt, seiner Währung und das Vertrauen seines Landes nachhaltig gefährdet und kein Einlenken stattfindet. Das würde bedeuten: billiger Dollar, fallende Kurse bei Schuldpapieren wie Staatsanleihen, deren Zinsen steigen würden, sodass die USA ihren Gläubigern in der Welt höhere Zinsen für diese Schulden zahlen müssten. Die große Frage: Können die USA das überhaupt? Die Antwort hatten die Anleihenmärkte in den letzten Wochen angedeutet: auf Dauer eher nicht.
Allein die Bestrebungen der sogenannten BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), eine Alternative zum Dollar zu schaffen, zeigen, dass der Wille da ist, eine Alternative zum Dollar zu schaffen. Zumindest theoretisch. Aber nicht jeder will die Abhängigkeit von den USA gegen Abhängigkeiten etwa von China tauschen. Und noch sind die Währungen der BRICS-Staaten zu schwach.
Wer gehört zu den BRICS-Staaten?
Die BRICS-Staaten sind ein Zusammenschluss von fünf großen Schwellen- und Entwicklungsländern: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Der Begriff steht für wirtschaftlich aufstrebende Länder, die gemeinsam eine stärkere Rolle in der Weltpolitik und Weltwirtschaft anstreben. Ziel der BRICS-Staaten ist es, die bestehende westlich geprägte Weltordnung herauszufordern und durch mehr Kooperation untereinander wirtschaftlich, politisch und geopolitisch unabhängiger zu werden.
Ist der Euro eine Alternative? Nicht in großem Stil, solange es im Euro-Währungsraum keine einheitliche Finanzpolitik gibt. Und davon ist die Europäische Union noch weit entfernt.
Aber Europa macht sich auf einen eigenen Weg und schafft weniger Abhängigkeiten in Wirtschaft, Sicherheit, Energiepolitik. Aus europäischer Sicht ist das ein wichtiger Schritt, er kommt zur richtigen Zeit.
- eigene Meinung