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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Nächster Autokonzern ausgebremst Steht "Made in Germany" vor dem Ende?
In der Autoindustrie häufen sich die Rückrufe. BMW kritisiert deshalb offen seine Zulieferer. Die Aktie fällt massiv. Hat BMW ein Qualitätsproblem?
Millionen BMW-Fahrer weltweit haben derzeit wenig Freude am Fahren. Denn ihre Autos müssen in die Werkstatt: Ein offizieller Rückruf von BMW wegen eines Bremsenproblems macht den unfreiwilligen Boxenstopp erforderlich. Rückrufe gab es allerdings in letzter Zeit häufiger. Warum? Was war passiert?
Am Dienstag vergangener Woche schockten die Bayern die Märkte mit einem der teuersten Rückrufe der Firmengeschichte. 1,5 Millionen Fahrzeuge müssen in die Werkstatt beziehungsweise werden vorerst nicht ausgeliefert. Um das mal einzuordnen: Das ist mehr als die Hälfte der Jahresproduktion von 2,7 Millionen.
Bremsprobleme bremsen BMW aus
Grund ist laut BMW eine Bremse, die Zulieferer Continental entwickelt hat: Sie hat womöglich nicht ihre volle Bremskraft. Zwar sei sie per se sicher, doch müssten Fahrer sie stärker durchtreten als gewöhnlich. Die Folgen sind so massiv, dass BMW die Gewinnziele für das gesamte Jahr kassiert hat. An einem einzigen Tag verlor die BMW-Aktie rund zehn Prozent.
Die Warnung kommt zur Unzeit: Das Geschäft in China läuft für die deutschen Hersteller nicht mehr gut – das spürt auch BMW. In Europa sinkt die Nachfrage nach Elektroautos, weil inmitten einer schwachen Konjunktur der Autokauf für viele Kunden keine Priorität hat und auch weniger Elektro-Firmenautos geordert werden, nachdem die staatliche Förderung weggefallen ist.
Rückruf in Fortsetzung
Die Probleme sind nicht ganz neu: Schon im März waren Bremsen der Grund für einen Rückruf bei den Münchenern. Daraufhin hatte BMW das Neugeschäft mit Continental erst einmal ruhen lassen. Im August mussten dann 1,3 Millionen Fahrzeuge in China in die Werkstatt – der Grund hier: ein möglicher Airbag-Defekt.
Der Schaden geht zulasten der Gewinne – und der Reputation. Für Haftungsfragen muss BMW in diesem Jahr fast zehn Milliarden Euro zurücklegen. Das ist fast doppelt so viel wie vor fünf Jahren. Allein der jüngste Rückruf dürfte einen dreistelligen Millionenbetrag kosten, so BMW. Wie viel die Münchener davon vom Zulieferer ersetzt bekommen, ist nicht bekannt.
Zur Person
Antje Erhard arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin und TV-Moderatorin. Ihr Weg führte sie von der Nachrichtenagentur dpa-AFX u. a. zum ZDF. Derzeit arbeitet sie für die ARD-Finanzredaktion in Frankfurt und berichtet täglich, was in der Welt der Börse und Wirtschaft passiert.
Sind die Zulieferer schuld?
Der Fingerzeig geht eindeutig auf die Zulieferer. Die Autos würden immer komplexer, doch die Qualität der Zulieferer lasse nach. Die Zulieferer spielen den Ball zurück: Sie kommen nach eigenem Bekunden mit ihren Budgets nicht mehr klar: Die Verträge mit den Herstellern, vor Jahren mit oft langen Laufzeiten von fünf oder gar sieben Jahren geschlossen, passen nicht mehr.
Die Preise von damals halten den Kalkulationen von heute nicht stand, außerdem sinken die Stückzahlen, die die Hersteller abnehmen oder abnehmen können. Und wo nicht genug Einnahmen sind, da sind nicht genug Investitionen. Allein bei den drei Großen – Continental, ZF und Bosch – sind inzwischen zehntausende Stellen gefährdet.
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Das alles heißt: Die langfristigen Verträge mit den Herstellern – einst ein verlässliches Planungsinstrument – werden zum Bumerang. Ob das in allen Fällen so ist, sei mal dahingestellt. Einsparungen, Personalmangel, Qualitätsmängel bei Zulieferern der Zulieferer – alles ist denkbar. Fakt ist, BMW schult inzwischen viele Zulieferer nach.
Kein flächendeckendes Qualitätsproblem
Ein flächendeckendes Qualitätsproblem hat die Autoindustrie aber nicht. Da sind sich die meisten Experten einig. Klar sind die Abhängigkeiten von Zulieferern größer, je mehr Produkte und Leistungen Hersteller von ihnen zukaufen. Damit sind auch die Risiken größer. Auf der anderen Seite muss man sehen: Mit höheren Absatzzahlen, und die gab es ja schließlich in der Vergangenheit fast von Jahr zu Jahr, steigen die Rückrufe bei BMW und anderen Herstellern. Die Quote bleibt aber ungefähr gleich.
Also: "Made in Germany" ist immer noch eine Marke – auch wenn vor allem chinesische Hersteller aufgeholt haben und mit deutscher Ingenieurskunst oft schon mithalten können. Das Problem hierzulande sind die Produkte und der Absatz: Die Doppelstrukturen, um einerseits noch Verbrenner zu verkaufen und andererseits mehr Elektroautos zu entwickeln, und das auch noch zu marktkonformen Preisen, machen Herstellern wie Zulieferern zu schaffen.
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Wer die Elektromobilität verschläft, muss nun umso schneller aufholen. Günstige E-Autos müssen her. Dann klappt’s auch wieder mit dem Absatz.
Krise als Chance?
Klar ist: Die Börse reagiert erbarmungslos auf die Schwäche der Branche. Der jüngste Rückruf kostete BMW rund zehn Prozent des Börsenwertes – an einem einzigen Tag. In diesem Jahr sind schon 30 Prozent des Kurses weggeschmolzen. Heute ist die Aktie da, wo sie vor vier Jahren war. Auch beim Zulieferer Continental ist die Misere am Aktienkurs ablesbar: Er hat in diesem Jahr schon ein Drittel verloren.
Für die Zulieferer kann die Krise heute eine Chance sein, sich neue Märkte zu erschließen: etwa die Medizintechnik. Das ist in der Praxis vielleicht ein Marathon, aber am Ende die notwendige Diversifikation. Nicht alles auf eine Karte setzen. In diesem Fall: nicht alles auf eine Branche. Für die Hersteller ist dagegen die Zukunft elektrisch. Und die gewinnt, wer kostengünstige E-Autos anbieten kann. Die Nase vorn haben hier derzeit andere.
- Eigene Recherche