t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeWirtschaft & FinanzenAktuellesWirtschaft

Thomas Cook: Mutter von Neckermann und Condor steht vor Pleite


Was Urlauber nun wissen sollten
Thomas Cook: Mutter von Neckermann und Condor fast pleite

Von dpa-afx
Aktualisiert am 21.09.2019Lesedauer: 4 Min.
Thomas Cook: Der Reisekonzern hat Insolvenz angemeldet.Vergrößern des Bildes
Thomas Cook: Der Reisekonzern hat Insolvenz angemeldet. (Quelle: Aviation-Stock/imago-images-bilder)

Thomas Cook in der Krise: Dem Reisekonzern geht allmählich das Geld aus. Derzeit sind etwa 600.000 Kunden des Unternehmens im Urlaub. Was bei einer Pleite wichtig ist, erfahren Sie hier.

Der Überlebenskampf des Reiseveranstalters Thomas Cook spitzt sich Medienberichten zufolge weiter zu. Das britische Unternehmen mit Marken wie Neckermann Reisen und der Fluglinie Condor habe inzwischen die Regierung in London um Finanzhilfe gebeten, berichteten die Fernsehsender BBC und Sky News am Freitagabend und am Samstag.

Die Thomas-Cook-Führung um Konzernchef Peter Fankhauser feilt mit Banken und Investoren seit Monaten an einem Rettungspaket von inzwischen 1,1 Milliarden britischen Pfund (1,25 Mrd Euro). Dem Konzern droht sonst bald das Geld auszugehen.

Airlines wie Condor gelten als Gewinnbringer

"Es wird weiter hart verhandelt", sagte ein Konzernsprecher am Samstag, äußerte sich aber nicht zu Details. Geplant sei weiterhin, die Rekapitalisierung bis Mitte Oktober umzusetzen. Unterdessen versucht Thomas Cook, verunsicherte Urlauber zu beruhigen. "Alle Flüge der Thomas Cook Airlines sind davon nicht betroffen und finden normal statt", schrieb das Unternehmen auf Twitter. Die Rekapitalisierung solle finanzielle Stabilität für die Zukunft bringen. Die konzerneigenen Fluggesellschaften gelten als Gewinnbringer von Thomas Cook. Sorgenkind ist vor allem das britische Veranstaltergeschäft.

Staatskredit für Thomas Cook offenbar in weiter Ferne

Sky News zufolge schließt die britische Regierung einen Staatskredit für Thomas Cook zwar nicht aus, sieht diese Option aber in weiter Ferne. Der Konzern hatte am Freitag bestätigt, dass er zusätzlich zu dem ausgehandelten Rettungspaket von 900 Millionen Pfund versucht, weitere 200 Millionen Pfund für die reise- und damit finanzschwache Wintersaison zu bekommen.

Insidern zufolge haben beteiligte Banken – darunter die in der Finanzkrise verstaatlichte Royal Bank of Scotland – diesen Puffer gefordert. Das Geld soll sich Thomas Cook aber woanders besorgen. Ein Hedgefonds, der als Geldgeber im Spiel war, habe jedoch inzwischen abgewinkt, meldete Sky News. Auch über einen schnellen Verkauf des Nordeuropa-Geschäfts werde wieder nachgedacht, um dem Konzern frisches Geld zu beschaffen.

Was eine Insolvenz für Kunden bedeuten würde

Zum Ende der Sommersaison befinden sich noch immer hunderttausende Kunden mit Thomas Cook in Urlaub. Laut Medienberichten sollen es 600.000 sein, davon etwa 150.000 aus Großbritannien. Bei einer Insolvenz müssten sie mit großem Aufwand zurückgeholt werden.

Während bei Pauschalreisenden aus Deutschland im Fall einer Insolvenz des Veranstalters ein Versicherer einspringt, bezahlt in Großbritannien der Staat für die Rückholung gestrandeter Urlauber aus dem Ausland. Daher müsste die britische Regierung im Fall einer Insolvenz des Konzerns Medienberichten zufolge mit Kosten in Höhe von mehreren hundert Millionen Pfund rechnen.

Unterdessen muss Thomas Cook in diesen Tagen wie jedes Jahr genügend Liquidität nachweisen, um in dem britischen Insolvenzausfall-System für Reiseveranstalter zu bleiben. Ohne dieses Siegel dürfte der Konzern in Großbritannien schon ab 1. Oktober keine Reisen mehr verkaufen. Die Luftfahrtbehörde CAA könnte jedoch eine Ausnahme machen.

Thomas Cook mit hohem Schuldenberg

Thomas Cook war in den vergangenen Jahren immer wieder in Schieflage geraten. Bereits Jahr 2012 retteten mehrere Banken den Konzern nach immensen Abschreibungen auf das britische Geschäft und IT-Systeme mit frischem Geld vor dem Untergang. Auch dadurch sitzt Thomas Cook auf einem Schuldenberg in Milliardenhöhe und ächzt unter der hohen Zinslast. Der jüngste Preiskampf im Reise- und Fluggeschäft droht ihm nun erneut den Garaus zu machen. Hinzu kommt die anhaltende Unsicherheit rund um den Brexit, die die Urlaubsfreude der britischen Kundschaft dämpft.

Um dringend benötigtes Geld zu bekommen, stellte der Konzern im Februar sogar seine Fluggesellschaften samt dem deutschen Ferienflieger Condor zum Verkauf. Im Juli blies er das Vorhaben wieder ab und präsentierte stattdessen einen umfangreichen Rettungsplan: So sollen der chinesische Großaktionär Fosun, Banken und Anleihegläubiger die Mehrheit an dem Unternehmen erhalten. Der Deal hätte ein Volumen von 900 Millionen Pfund. Die Kreditlinie von 200 Millionen käme nun noch hinzu.

Das Sommerhalbjahr bis Ende September werde deutlich schwächer als 2018, hatte Konzernchef Peter Fankhauser Mitte Juli erklärt – und die Vorlage der Quartalszahlen abgeblasen. Dass es noch immer keine Klarheit über den Brexit gibt, dürfte die Lage noch verschärfen. Großbritannien ist neben Deutschland der wichtigste Absatzmarkt für Thomas Cook.

Hoffen auf Gelingen des Rettungsplans

Unterdessen hofft man bei Thomas Cook weiterhin auf das Gelingen des Rettungsdeals. Durch die Umwandlung von Krediten in Eigenkapital soll der Veranstalter nahezu schuldenfrei werden. Die Anteile der bisherigen Aktionäre würden dabei allerdings so stark verwässert, dass sie nur nur noch rund fünf Prozent am Unternehmen besäßen.

Die Fosun-Gruppe hält bisher 18 Prozent an Thomas Cook und würde im Gegenzug zu Kapitalspritze und Schuldenabbau die Mehrheit an der Reisesparte der Briten erlangen. Die Airline-Gruppe einschließlich der deutschen Tochter Condor würde abgespalten. Fosun bekäme nur einen signifikanten Minderheitsanteil an den Fluggesellschaften, damit diese nicht ihre europäischen Flugrechte verlieren.

Die Minderheitsanteile am Reisegeschäft und die Mehrheit an der Airline-Sparte sollen weitgehend an die Banken und die Anleihegläubiger gehen. Für die restlichen Aktionäre von Thomas Cook bliebe nur noch ein Bruchteil an dem Konzern. Nach bisherigen Berechnungen würde ihre Beteiligung von 100 Prozent auf etwa 5 Prozent verwässert.

Aktie von Thomas Cook seit Langem auf Talfahrt

Die Thomas-Cook-Aktie hat unter den Nachrichten schwer gelitten. Nachdem der Konzern im Mai 2018 an der Börse noch mit insgesamt rund 2,2 Milliarden Pfund bewertet worden war, waren es zuletzt gerade noch 53 Millionen Pfund. Allein nach dem Bekanntwerden des zusätzlichen Finanzbedarfs am Freitag rauschte der Kurs um 23 Prozent nach unten. Zum Vergleich: Der wichtigste Konkurrent Tui kam trotz herber Kursverluste in den vergangenen Monaten zuletzt auf eine Börsenbewertung von rund 5 Milliarden Pfund.

Manche Anleger betrachteten den Kursverfall bei Thomas Cook als Gelegenheit zum Einstieg. So kaufte der türkische Tourismus-Unternehmer Neset Kockar, Gründer der Anex Tourism Group, rund acht Prozent der Anteile. Er erhoffte sich davon, bei der Rettung des Reisekonzerns mitreden zu können. Er sprach sich auch dagegen aus, die Airlines vom Veranstaltergeschäft zu trennen.


Thomas Cook gilt als Erfinder der Pauschalreise. Der Baptistenprediger Thomas Cook brachte im Juli 1841 rund 500 Reisende per Bahn vom britischen Leicester zu einem Treffen nach Loughborough. Im Jahr 2001 übernahm die deutsche C&N Touristic aus Neckermann Reisen und Condor den britischen Veranstalter Thomas Cook und nahm selbst dessen Namen an. Neckermann Reisen ist seither nur noch eine Marke des Thomas-Cook-Konzerns.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa-AFX
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website