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"Wirtschaftsweise" Monika Schnitzer: Man kann sich auf Kitas nicht verlassen


"Sind nicht zuverlässig"
"Wirtschaftsweise" Schnitzer: Kann sich auf Kitas nicht verlassen

Von dpa
Aktualisiert am 29.12.2024Lesedauer: 3 Min.
Kinderbetreuung in einer Kita: Die Kosten können Eltern teilweise in der Steuererklärung angeben.Vergrößern des Bildes
Kinderbetreuung in einer Kita: Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hat die Kinderbetreuung in Deutschland kritisiert. (Symbolfoto) (Quelle: FatCamera/getty-images-bilder)
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Monika Schnitzer hält die Kinderbetreuung in Deutschland für nicht ausreichend. Wer keine Großeltern oder Babysitter habe, könne nicht Vollzeit arbeiten. Wo liegen die Gründe für die Misere der Kitas?

Schließzeiten und kurzfristige Ausfälle wegen kranken Personals stellen Eltern mit Kita-Kindern vor Herausforderungen. Die Chefin der "Wirtschaftsweisen", Monika Schnitzer, hält die Kinderbetreuungsangebote in Deutschland daher für nicht verlässlich. Sie kritisiert gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Die Kitas sind viel zu wenig Stunden am Tag geöffnet, sie sind nicht zuverlässig, schließen zu viele Wochen im Jahr. Man kann sich auf die Kitas nicht verlassen."

Das Betreuungssystem beruhe darauf, dass man Großeltern einbeziehe oder sich privat – wenn man es sich leisten könne – Babysitter organisiere. "Wer das nicht kann, hat keine andere Wahl, als seine Arbeitszeit zu reduzieren", sagte die Ökonomin. Ähnliche Probleme sehe sie bei der Pflege älterer Menschen. "Es gibt keine Pflegeunterstützung, die nicht dafür sorgt, dass man sich massiv einschränken muss in seiner Arbeitsleistung."

Ökonomin: System fördert Teilzeit stark

"Wir haben ein System, bei dem wir Teilzeit massiv fördern. Zementiert wird es durch das Ehegatten-Splitting, an dessen Reform sich niemand traut", sagte das Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Eine Abschaffung des Rechts auf Teilzeit sei daher unrealistisch.

Um das Kita-System zu stärken, brauche es mehr Geld und Personal, so Schnitzer. "Mit einer verlässlicheren Betreuung könnte man viel zusätzliche Arbeitszeit gewinnen. Hochqualifizierte Kinderbetreuung ist zudem extrem wichtig für die Integration."

Zustimmung aus Politik

Aus der Politik erhielt Schnitzer Zustimmung. Die Kritik an fehlender Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Betreuung "teilen wir – sie spiegelt die Realität vieler Familien wider", sagte dazu die stellvertretende Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion, Maria Klein-Schmeink, der "Welt".

Es sei "nicht hinnehmbar, dass fehlende Betreuungskapazitäten und unzuverlässige Strukturen insbesondere Frauen dazu zwingen, ihre beruflichen Ambitionen zurückzustellen", führte Klein-Schmeink aus. Bund und Länder seien in der Verantwortung, "verlässliche und flexible Betreuungsangebote zu schaffen und auszubauen".

Auch die Vorsitzende der Gruppe Die Linke im Bundestag, Heidi Reichinnek, nannte Schnitzers Kritik "absolut berechtigt". Sie betonte in der "Welt": "Es geht zuallererst um ein pädagogisches Angebot, nicht darum, die Kinder zu verwahren, damit die Eltern arbeiten können."

CDU-Politikerin: Betreuung durch Ampel verschlechtert

Die Bedeutung von frühkindlicher Bildung betonten ebenso die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen und die CDU-Abgeordnete Silvia Breher. "Frühkindliche Bildung ist der Schlüssel zu den Chancen, die Kinder unabhängig vom Elternhaus benötigen, um ihren eigenen Weg gehen zu können", sagte Jensen der Zeitung. Sie sei auch der Schlüssel dafür, dass Eltern neben familiären Pflichten auch weiterhin ihrem Job nachgehen könnten.

Breher, die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, kritisierte in dem Zusammenhang die Politik der früheren Ampelregierung. Die Betreuungssituation habe sich in deren Regierungszeit deutlich verschlechtert, sagte sie der "Welt".

Für die AfD sagte ihr familienpolitischer Sprecher Martin Reichardt der Zeitung, es sei wichtig, "die staatliche Betreuung wieder zielgerichtet zu unterstützen und insbesondere die innerfamiliäre Betreuung stärker zu fördern, zum Beispiel durch ein Betreuungsgehalt für Eltern".

Studie: 125.000 Fachkräfte fehlen

Das Personal in deutschen Kitas ist vielerorts überlastet, und es fehlen Fachkräfte. Notbesetzungen bei Krankheit oder kurzfristige Schließungen sind die Folge. Um den Betrieb trotz dünner Personaldecke aufrechtzuerhalten, werden einer bundesweiten Studie zufolge, die Anfang Dezember veröffentlicht wurde, zunehmend Menschen ohne formale pädagogische Voraussetzungen in den Kindertagesstätten eingestellt.

Zugleich sinkt der Anteil der Fachkräfte, die mindestens über eine Qualifikation als Erzieherin oder als Erzieher verfügen, wie aus dem "Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme" der Bertelsmann Stiftung hervorgeht.

Kritik auch an Unternehmen

Unter den pädagogisch Tätigen pro Kita empfiehlt die Arbeitsgruppe Frühe Bildung von Bund und Ländern perspektivisch eine Fachkraftquote von 85 Prozent pro Kita-Team, heißt es bei der Bertelsmann Stiftung. Der Anteil pro Kita-Team sei aber im Schnitt von 75,8 Prozent (2017) auf 72,5 Prozent gesunken.

Der Kita-Bericht 2024 des Paritätischen Gesamtverbands bezifferte die aktuelle Lücke auf 125.000 fehlende Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung. Bundesweit gibt es nach Angaben des Statistischen Bundesamts 60.662 Kitas.

Die "Wirtschaftsweise" sieht neben der Personalnot auch ein Problem in den Firmen. "Es kann nicht sein, dass junge Väter schief angeschaut werden, wenn sie nur noch 80 Prozent arbeiten wollen, damit sie es der Mutter ebenfalls ermöglichen, 80 Prozent zu arbeiten. Auch in den Unternehmen brauche es ein Umdenken, sagte Schnitzer, die Mutter dreier Töchter ist.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa und AFP
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