Insolvenz von René Benkos Signa-Gruppe Ist Galeria jetzt auch pleite?
René Benkos Signa-Gruppe ist insolvent. Wie geht es jetzt mit den Bauprojekten weiter? Und wie steht es um die Galeria-Filialen? t-online gibt einen Überblick.
Schon in den vergangenen Wochen kriselte es bei René Benko und seinem Firmengeflecht, der Signa-Gruppe. Erst gingen mehrere Tochterfirmen pleite, am Mittwoch erklärte auch die Holding am Handelsgericht Wien Insolvenz. Benko will seine Unternehmensgruppe nun in Eigenregie sanieren. Am Mittwochnachmittag gestattete das Gericht den Plan.
Wer ist der Unternehmer und wie geht es mit seinen Unternehmen weiter? t-online gibt einen Überblick über Benko und seine Signa-Gruppe.
Wer ist René Benko?
Die meisten Deutschen kennen Benko als Galeria- und Karstadt-Retter. Er kaufte die Kette 2019, wollte das heruntergewirtschaftete Unternehmen sanieren. Mehrere Filialen mussten deswegen schließen.
Der heute 46-Jährige stammt aus Innsbruck, wird schon jung schnell erfolgreich. Mit Anfang 20 kauft er Anteile an einem Wellnesshotel, verkauft sie später gewinnbringend.
2006 gründete er die Signa Holding. Benko kauft vor allem Innenstadtimmobilien und Luxushotels – und lässt sie luxussanieren. Dazu gehören das Berliner KaDeWe und das Chryseler Building in New York. 2021 soll Benko ein Vermögen von 5,6 Milliarden US-Dollar gehabt haben, schreibt das Wirtschaftsmagazin "Forbes". Das macht ihn zum drittreichsten Österreicher.
Vor drei Wochen zog sich Benko aus dem Unternehmen zurück. Er war bis dato Vorsitzender des Beirats der Signa Holding GmbH. Benko zufolge sei das "die beste Lösung für das Unternehmen, seine Partner, Investoren sowie die Mitarbeiter". "Es gilt nun, Vertrauen wiederherzustellen, dazu will ich meinen Beitrag leisten", sagte Benko damals. "Das Immobilienportfolio von Signa ist und bleibt einzigartig. Ich bin absolut sicher, dass das Unternehmen eine sehr gute Zukunft haben kann." Mehr über Benko lesen Sie hier im ausführlichen Porträt.
Warum ist die Signa-Gruppe insolvent?
Die Signa-Gruppe hat am Mittwoch ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. "Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden", heißt es in der Mitteilung. "Fehlende Liquidität" heißt: Benko ging das Geld aus. Reuters berichtet unter Berufung auf einen Insider, dass dem Unternehmen kurzfristig 400 Millionen Euro fehlten, um laufende Kosten für Löhne und noch in Betrieb befindliche Baustellen zu decken.
Groß wurde die Holding in Zeiten niedriger Zinsen, was Bauen und Sanieren günstiger machte. Seit dem Krieg in der Ukraine sind die Zinsen, Bau- und Energiekosten jedoch stark gestiegen. Das macht vielen Unternehmen in der Baubranche zu schaffen. Offenbar ist Benkos Unternehmen auch deshalb stark von den steigenden Zinsen betroffen, weil er die Immobilien mit Krediten finanziert hatte.
Nach einer Studie der Investmentbank JPMorgan summierten sich die Schulden allein bei den zwei größten Immobilien-Töchtern Signa Prime Selection und Signa Development Selection Ende 2022 auf 13 Milliarden Euro. Davon seien 7,7 Milliarden Euro Kredite gewesen, von denen gut die Hälfte zu variablen Zinsen abgeschlossen worden seien.
Insgesamt mehr als 100 Banken liehen der Signa-Gruppe Geld. Ihnen drohen im Zuge der Insolvenz teilweise herbe Verluste – je nachdem, ob und womit ihre Kredite besichert sind.
Wie geht es mit Galeria weiter?
Die Signa-Gruppe gestand die Investitionen in den stationären Einzelhandel, also allen voran den Kauf von Galeria Kaufhof und Karstadt, als Fehler ein. "Die Investitionen in diesem Bereich haben nicht den erwarteten Erfolg gebracht", erklärte das Unternehmen.
Offenbar ist Galeria von der Insolvenz aber vorerst nicht betroffen. Galeria warte nun nach dem Antrag am Handelsgericht Wien den geordneten Prozess ab, sagte ein Insider am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Situation hat im Moment nicht unmittelbar negative Auswirkungen auf Galeria", heißt es vom Unternehmen laut dpa. "Wir werden den Ausgang dieses geordneten Verfahrens in Ruhe abwarten."
Die Warenhauskette hat das wichtige Weihnachtsgeschäft vor sich. Die Einnahmen dürften genügend Geld einbringen. Signa hatte Galeria im Zuge der Sanierung 200 Millionen Euro frisches Kapital in Aussicht gestellt – das Geld dürfte nun nicht mehr fließen. Die ersten 50 Millionen sollten laut dpa im Februar fließen. Im Gegenzug könnte Galeria aber die Mieten für die Warenhäuser kürzen, die Signa gehören.
Die Gewerkschaft Verdi macht sich um die Warenhauskette jedoch mehr Gedanken. "Die immer neuen Hiobsbotschaften bei Signa sorgen bei den Beschäftigten von Galeria für Unruhe", sagte Corinna Groß von Verdi der "Rheinischen Post". "Sie wollen Jobsicherheit und eine planbare Perspektive." Groß warnte: "Wenn mit der neuen Insolvenz die Signa GmbH ihre finanzielle Unterstützung nicht wie zugesagt leisten kann, muss das Galerie-Management vorbereitet sein und auf verschiedene Möglichkeiten reagieren können."
Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hatte Ende 2022 zum zweiten Mal Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Im März 2023 hatte die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zugestimmt und den Weg für die Sanierung frei gemacht.
Der rechtskräftige Sanierungsplan sah die Schließung von rund einem Drittel der 129 Filialen vor. Ein Teil der Standorte wurde in diesem Jahr bereits geschlossen, knapp 20 weitere schließen ihre Türen im Januar 2024. Betroffen sind unter anderem Filialen in Berlin, Bielefeld, Darmstadt, Heidelberg, Stuttgart und Wuppertal. Nach Unternehmensangaben bleiben am Ende noch 92 Filialen übrig.
Wie geht es mit Benkos Unternehmen und den Bauprojekten weiter?
Die Signa-Gruppe will zusammen mit dem Sanierungsverwalter die Schulden neu ordnen und die Vermögenswerte erhalten, heißt es vom Unternehmen. Signa hatte bereits vor Wochen den Insolvenz-Spezialisten Arndt Geiwitz engagiert, der sich zuvor um die Sanierung von Galeria gekümmert hatte. Geiwitz wurde Nachfolger von Benko als Vorsitzender des Beirats. Geiwitz übernahm allerdings nicht die Führung der Holding. Er hatte Insidern zufolge auf eine tragfähige Finanzierung einer Sanierung gepocht, berichtet Reuters.
Die Bauarbeiten sind bei vielen von Benkos Projekten bereits unterbrochen – weitere Baustopps könnten folgen. Das bekannteste und teuerste Beispiel ist der Elbtower in der Hamburger Hafencity. Die Baukosten des Hochhauses belaufen sich auf geschätzte 950 Millionen Euro. Die Bauarbeiten ruhen seit Ende vergangener Woche.
Offenbar erwägt der Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne einen Einstieg in das Hochhaus-Projekt. "Die Kühne Holding evaluiert derzeit Möglichkeiten, wie sie zu einer Lösung des Elbtower-Problems beitragen kann", teilte eine Sprecherin der Kühne Holding AG (Schindellegi/Schweiz) auf Anfrage der dpa mit. Allerdings gebe es derzeit keine Gespräche mit der Stadt Hamburg "und keine aktuellen Verhandlungen." Mehr zum Schicksal des Elbtowers lesen Sie hier.
Offenbar gibt es auch Hoffnungen für das Berliner KaDeWe: Der Signa-Gruppe gehört die Mehrheit am Luxuskaufhaus. Vor etwa zehn Jahren hat die Holding das KaDeWe für 500 Millionen Euro gekauft und noch einmal 300 Millionen Euro in die Sanierung gesteckt. 49,9 Prozent der Anteile gehören mittlerweile der thailändischen Central Group. Laut "Berliner Morgenpost" könnte der Investor aus Asien auch noch die andere Hälfte der Anteile übernehmen. Damit wäre der Weiterbetrieb des KaDeWe gesichert.
- mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP
- morgenpost.de: "Warum Berlins Sorge um das KaDeWe größer wird"