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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Generationenkapital Rettet diese Frau die Rente?
Anja Mikus leitet mit dem Kenfo den ersten deutschen Staatsfonds. Bald soll sie weitere Milliarden anlegen, um die Rente zu sichern. Eine große Verantwortung – auch weil viele Deutsche Aktien noch immer als Zockerei abtun.
Wie sicher die Renten der Zukunft sind, wird hinter einer mausgrauen Fassade mitentschieden. Im Lenz-Haus an der Kurfürstenstraße, unweit des KaDeWe im Berliner Westen, verwalten rund 50 Mitarbeiter ein Milliardenvermögen, das für die Lagerung des deutschen Atommülls genutzt wird. Kenfo nennt sich das Konstrukt, "Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung".
Seine Mitarbeiter sind Anlagespezialisten, wie sie auch in den glänzenden Hochhäusern der Banken in Frankfurt am Main sitzen könnten. Seine Chefin, Anja Mikus, arbeitet seit 35 Jahren in der Investmentbranche, unter anderem in führenden Positionen bei der Allianz und Union Investment. Als mit dem Kenfo 2017 die Chance kam, Deutschlands ersten Staatsfonds aufzubauen, griff sie zu – und überzeugte dabei so sehr, dass ihr nun auch das Generationenkapital anvertraut wird (mehr dazu hier).
Früher unter dem Namen "Aktienrente" bekannt, ergänzt es die bisher rein umlagefinanzierte gesetzliche Rente um eine sogenannte Kapitaldeckung. Mikus bekommt also jedes Jahr mehrere Milliarden Euro, um sie am Kapitalmarkt zu investieren. Die Erträge sollen dann künftig die Renten mitfinanzieren – eine kleine Revolution.
t-online hat mit Anja Mikus und Verena Kempe, Leiterin Investment Management beim Kenfo, darüber gesprochen, wie sie mit der Verantwortung umgehen, wie und ab wann das Geld genau angelegt werden könnte und was sie an der Kritik, sie würde die Rente verzocken, am allermeisten stört.
t-online: Frau Mikus, wie passen Atommüll und die gesetzliche Rente zusammen?
Anja Mikus: Sehr gut, denn beides braucht eine nachhaltige Finanzierung. Beim Atommüll muss die Entsorgung langfristig finanziert werden, bei der gesetzlichen Rente sollen die Beiträge nicht zu stark steigen. Und das Geld dafür soll in beiden Fällen – ganz oder teilweise – an den Kapitalmärkten erwirtschaftet werden.
Beim Atommüll scheint das gut zu funktionieren. Im vergangenen Jahr hat der Kenfo trotz Kriegen und Wirtschaftskrisen eine Rekordrendite von 11,1 Prozent eingefahren. Wie geht das?
Mikus: Das verdanken wir unserem soliden Portfolio, also der Mischung aus risikoreicheren und risikoärmeren Vermögenswerten. Die Bewertungen sinken natürlich in schwierigen Kapitalmarktphasen, das Portfolio hat dann aber die Kraft, wieder vom Aufwärtstrend zu profitieren. Darauf sind wir stolz.
Und wie schlägt es sich in diesem Jahr?
Mikus: Zum 31. August lag unsere Rendite bei 7,1 Prozent, also deutlich oberhalb unserer Zielrendite von durchschnittlich 3,7 Prozent im Jahr. Bei unserem Aktienportfolio lagen wir sogar bei 12 Prozent.
Sie haben früh vorgeschlagen, dass der Bund die Strukturen des Kenfo nutzen könnte, um auch das Generationenkapital zu verwalten, damals noch Aktienrente genannt. Haben Sie nicht genug zu tun?
Mikus: Gute Frage (lacht). Ich halte es für richtig, dass das Geld des Staates zentral gemanagt wird. Dadurch lassen sich Synergien heben und die Qualität der Investments verbessern. Mit dem Kenfo haben wir schon eine erfolgreiche und leistungsstarke Plattform aufgebaut, und es gibt ein professionelles Team, das zeitnah loslegen kann. Deshalb wäre es sinnvoll und effizient, uns diese Aufgabe zu übertragen.
Sie hätten dann künftig noch mehr Verantwortung – nicht nur für die Finanzierung der Atommüllentsorgung, sondern auch für die gesetzliche Rente. Wie gehen Sie mit dem Druck um?
Mikus: Kapitalanlage ist immer verantwortungsvoll – egal, ob Sie das Geld von Sparern verwalten oder von Institutionen. Das Geld wurde immer schwer erarbeitet und sollte so angelegt werden, dass es unter Berücksichtigung der Risikoneigung einen möglichst großen Mehrwert bringt. Sich dieser Verantwortung jeden Tag bewusst zu sein, ist wichtig. Aber wir können damit gut umgehen.
Zur Person
Anja Mikus, geboren 1956 in Kassel, ist seit seiner Gründung im Juni 2017 Vorstandsvorsitzende des Kenfo. Die studierte Diplom-Kauffrau blickt auf mehr als drei Jahrzehnte Erfahrung in der Investmentbranche zurück. Sie stieg bei der Allianz von der Wertpapieranalystin zur Geschäftsführerin der Kapitalanlagegesellschaft auf, später leitete sie das Portfoliomanagement bei Union Investment und verwaltete dort etwa 250 Milliarden Euro.
Noch ist das Rentenpaket II nicht durch den Bundestag. Wann rechnen Sie damit, den ersten Euro anlegen zu können?
Mikus: Solange es keine Stiftung Generationenkapital gibt, können wir kein Geld anlegen. Zunächst muss also das Gesetz verabschiedet und die Stiftung errichtet werden. Damit es noch dieses Jahr losgehen kann, brauchen wir möglichst noch im November das "Go". Unsere Erstanlage benötigt eine gewisse Vorlaufzeit.
Und Sie glauben, das klappt?
Mikus: Wichtig ist, dass der im Bundeshaushalt vorgesehene Kredit über 12 Milliarden Euro noch dieses Jahr ausgezahlt wird. Eigentlich waren ja schon im letzten Jahr 10 Milliarden Euro vorgesehen. Die hätten wir rückblickend zu mehr als 10 Prozent anlegen können. Je länger wir auf den Startschuss warten, desto mehr Erträge könnten dem Generationenkapital entgehen.
Angenommen, es könnte bald losgehen: Welche Rendite soll das Generationenkapital bringen?
Verena Kempe: Die Details dazu müssen noch besprochen werden, aber wir halten eine jährliche Rendite auf die Kapitalanlagen von durchschnittlich 6 Prozent für realistisch. Das ist eine durchaus konservative Annahme.
Davon gehen allerdings noch Zinsen ab, weil das Generationenkapital über Schulden finanziert wird.
Kempe: Das stimmt, für den Kredit müssen wir Zinsen zahlen. Dank ihrer hohen Bonität kann die Bundesrepublik Deutschland das Geld sehr günstig aufnehmen. Bundesanleihen mit 30-jähriger Laufzeit kosten aktuell rund 2,5 Prozent Zinsen, 10-jährige Anleihen sind derzeit sogar etwas günstiger. Wir bauen noch einen Puffer ein und gehen von 3 Prozent Kreditzinsen aus. Unterm Strich bliebe also ein Ertrag von etwa 3 Prozent im Jahr.
Und wenn das nicht klappt? Privatanlegern rät man, mindestens 15 Jahre investiert zu bleiben, um Krisen aussitzen zu können. Ist es nicht grenzwertig, dass schon ab Mitte der 2030er-Jahre Geld entnommen werden soll?
Kempe: Das Entscheidende beim Generationenkapital ist: Man nimmt nur Geld von der Überrendite weg und lässt den Kapitalstock unangetastet. Wenn wir nicht die vollen 10 Milliarden Euro pro Jahr verdient haben, die ab 2036 jährlich entnommen werden sollen, wird nur anteilig ausgeschüttet. Doch ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir nach 10-jähriger Investitionszeit jährlich die vollen 10 Milliarden Euro an die gesetzliche Rentenversicherung auszahlen können.
Zur Person
Verena Kempe leitet seit Oktober 2020 das Investment Management beim Kenfo. Ihr Fokus liegt dabei auf illiquiden Anlagen, wie zum Beispiel Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen. Zuvor arbeitete Kempe sieben Jahre lang als Co-Chefin für Private Equity beim Investmenthaus Feri. Weitere Karrierestation der Diplom-Kauffrau und Diplom-Geografin war die WestLB.
2023 betrugen die Bundeszuschüsse an die Rentenversicherung 112,4 Milliarden Euro. Sind die 10 Milliarden Euro nicht ohnehin zu wenig?
Mikus: Es ist wichtig, überhaupt erst einmal anzufangen. Es mag spät und es mag relativ wenig sein, aber zumindest Letzteres ließe sich ja noch ändern. Entscheidend ist, dass das Ganze ins Laufen kommt.
Das Generationenkapital soll eine höhere jährliche Rendite erzielen als der Kenfo. Heißt das, Sie müssen das Geld riskanter anlegen?
Mikus: Das Generationenkapital und der Kenfo sind nicht direkt vergleichbar, da der Kenfo von Anfang an Auszahlungen vornehmen musste und keine Zuflüsse hat. Deshalb ist die Portfoliozusammensetzung jeweils unterschiedlich. Beim Generationenkapital könnten wir uns vorstellen, 80 Prozent in Aktien und 20 Prozent in nicht börsennotierte Unternehmen und Infrastruktur zu investieren.
Kempe: Die letztgenannten Anlagen zu tätigen, dauert aber. Das heißt, zu Beginn würde die Aktienquote vermutlich sogar noch höher liegen. Zum Vergleich: Beim Kenfo stecken aktuell nur rund 42 Prozent in Aktien. Grundsätzlich schließen wir für das Generationenkapital aber auch Anleihen nicht aus – etwa als Sicherheitspuffer oder in Zeiten höherer Zinsen.
Das ist ein sehr offensives Portfolio. Was macht Sie so sicher, dass das gut geht?
Mikus: Das Generationenkapital bringt alle Voraussetzungen für eine hohe Aktienquote mit. Das liegt zum einen daran, dass die ersten zehn Jahre gar kein Geld abfließt. Dadurch können wir Schwankungen aushalten. Zum anderen soll regelmäßig Geld eingezahlt werden. Damit können wir bei Bedarf die Zusammensetzung des Portfolios schneller ändern, weil wir nicht erst verkaufen müssen, um an Geld zu kommen. Und es gibt noch einen Vorteil: Mit regelmäßigen Einzahlungen profitieren wir sogar von Rücksetzern, weil wir bei niedrigen Kursen günstiger anlegen.
Quasi so wie jeder Privatanleger, der monatlich einen ETF bespart?
Mikus: Genau. Da sind wir ganz nah beim Einzelinvestor, der seinen Aktiensparplan befüllt. Mit regelmäßigen Einzahlungen senken Sie das Risiko, einen ungünstigen Einstiegszeitpunkt zu erwischen. Je nach Kursstand bekommen Sie mal mehr, mal weniger für Ihr Geld. Und die zu niedrigen Kursen erworbenen Anteile erwirtschaften in besseren Zeiten dann umso mehr Rendite.
Privatanlegern empfiehlt man ETFs, da sie damit auf einen Schlag in hunderte oder tausende Unternehmen weltweit anlegen und so ihr Verlustrisiko senken. Fließt das Generationenkapital auch in ETFs?
Kempe: Nein, das Generationenkapital ist groß genug, um individuelle Anlagemandate zu beauftragen. Gerade am Anfang werden wir aber trotzdem nah an weltweiten Aktien-Indizes anlegen, wie sie auch von ETFs abgebildet werden. Diese Anlagestrategien lassen wir uns zu sehr niedrigen Kosten und individuellen Nachhaltigkeitsvorgaben nachbilden. Später kann man noch andere Aktiensegmente beimischen, zum Beispiel Schwellenländer oder kleinere und mittlere Unternehmen.
Von wie vielen Einzelaktien reden wir da?
Kempe: Das Kenfo-Portfolio besteht aus mehr als 3.800 Aktien. So wird es auch beim Generationenkapital sein, wegen des größeren Kapitalstocks jedoch mit größeren Anteilen an jedem Unternehmen. Die breite Streuung hat den Vorteil, dass Sie es kaum wahrnehmen, wenn ein einzelner Wert stark sinkt. Und dazu gibt es dann eben noch die Beteiligungen an Unternehmen, die nicht börsennotiert sind, etwa Mittelständler.
Das Generationenkapital soll nach ethischen und nachhaltigen Grundsätzen angelegt werden. Was heißt das konkret?
Mikus: Das heißt, dass wir nach den sogenannten ESG-Grundsätzen anlegen. Das E steht für "Environmental", auf Deutsch Umwelt, das S für "Social", also die soziale Verantwortung, und das G für "Governance", gute Unternehmensführung. Der Gedanke dahinter ist einfach: Nur wer die Umwelt nicht verschmutzt, gut mit seinen Arbeitnehmern umgeht und das Unternehmen verantwortungsvoll führt, wird langfristig erfolgreich sein.
Rendite und Nachhaltigkeit schließen einander also nicht aus?
Mikus: Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil. Wer nicht nachhaltig wirtschaftet, hat langfristig keine Zukunft. Daher haben wir beim Kenfo zum Beispiel auch von vornherein die CO2-intensive Kohleverstromung ausgeschlossen. Das ist eine auslaufende Industrie, mit der man als Anleger langfristig nur verlieren kann.
An anderen Arten der Energieerzeugung scheiden sich die Geister: Laut den Richtlinien der EU gilt Atomkraft als nachhaltig. Wäre das also eine Option fürs Generationenkapital?
Mikus: Nein. Betreiber von Atomkraftwerken haben wir schon beim Kenfo ausgeschlossen und so stellen wir es uns auch für das Generationenkapital vor. Warum sollte der Bund mehrere unterschiedliche Nachhaltigkeitsstrategien verfolgen?
Gibt es weitere Anlagen, die Sie ausschließen?
Mikus: Ja, das betrifft Unternehmen, die gegen internationale Standards wie Menschenrechte, Arbeitsstandards, Umweltschutz und Anti-Korruption verstoßen. Darüber hinaus die Produzenten von Waffen, Uran, Teersandöl sowie mit Fracking gewonnenem Öl und Gas. Davon abgesehen, halten wir zu viele Ausschlüsse nicht für sinnvoll.
Wieso das?
Mikus: Bei nachhaltiger Kapitalanlage wird oft argumentiert, man solle nur in Unternehmen investieren, die bereits nachhaltig sind. Das bringt uns aber nicht weiter. Denn dann schließen Sie zwar CO2-ausstoßende Firmen aus, es wird jedoch keine einzige Tonne CO2 eingespart. Die Aktie geht einfach nur an einen anderen Investor.
Die Hoffnung dahinter dürfte sein, dass niemand mehr in das Unternehmen investiert und es dann pleitegeht ...
Mikus: Ja, aber diese Hoffnung ist naiv. Solange die Produkte nachgefragt werden und das Unternehmen attraktive Gewinne erzielt, wird das nicht funktionieren. Es gibt weltweit so viele Investoren, die auf diese Renditequellen nicht verzichten wollen. Unser Ansatz ist stattdessen, in die Unternehmen zu investieren, die die ESG-Kriterien innerhalb ihrer Branche am besten erfüllen. Das unterstützt die nachhaltige Ausrichtung von Unternehmen. So eine Transformation kostet schließlich Geld.
Dem 1,5-Grad-Ziel verpflichtet
Der Kenfo ist seit 2020 Mitglied der Net-Zero Asset Owner Alliance, eines Zusammenschlusses von 89 institutionellen Anlegern, die sich auf die Fahne geschrieben haben, den CO2-Ausstoß in ihrem Portfolio bis 2030 zu reduzieren. Ziel ist es, das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen. Einberufen wurde die Allianz von den Vereinten Nationen.
Werde ich als Bürger sehen können, worin das Generationenkapital investiert wird?
Mikus: Ja, wir werden das so handhaben wie beim Kenfo und regelmäßig unseren Portfoliobestand veröffentlichen.
Wie lässt sich verhindern, dass die Politik Einfluss auf das Generationenkapital nimmt?
Mikus: Diese Sorge ist unbegründet. Für die Verwaltung des Generationenkapitals wird eine öffentlich-rechtliche Stiftung gegründet. Deren Vorstand wird zwar von einem Kuratorium kontrolliert, das sich dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zufolge aus Vertretern verschiedener Bundesministerien zusammensetzt. Das Kuratorium gibt den Rahmen vor, zum Beispiel, in welcher Bandbreite sich der Aktienanteil bewegen darf. Welche Aktien im Einzelnen gekauft werden, entscheidet aber das erfahrene Management.
Wenn also jemand auf die Idee käme, dass die Deutsche Bahn dringend Geld braucht, wären Sie nicht gezwungen, DB-Aktien zu kaufen?
Mikus: Nein. Denn wir haben einen klaren Auftrag und der lautet, die Atommüllentsorgung zu finanzieren. Wir investieren nur, wenn unsere Renditeanforderungen erfüllt sind. Auch der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Generationenkapital enthält eine entsprechende Regelung zur Renditeerzielung.
Auf der Webseite des Finanzministeriums zum Generationenkapital ist zu lesen, dass der Kenfo den Aufbau der Stiftung bis Ende 2026 unterstützen soll. Haben Sie danach nichts mehr damit zu tun?
Mikus: Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass ein zentraler Assetmanager des Bundes gegründet werden soll. Dieser würde dann nicht nur den Kenfo und das Generationenkapital verwalten, sondern auch noch weitere Vermögen der öffentlichen Hand.
Den Pflegevorsorgefonds zum Beispiel oder die Versorgungsfonds für die Beamtenpensionen?
Mikus: Bei einer zentralen Kapitalanlage wäre die Kosteneffizienz höher und mögliche Renditequellen wären leichter zugänglich. Die Anlage würde zur Risikooptimierung weltweit breit gestreut, man könnte einen einheitlichen Nachhaltigkeitsansatz verfolgen, hätte eine größere Transparenz und man würde Geld sparen, weil sich Doppelstrukturen auflösen und man aufgrund der Größe in einer besseren Verhandlungsposition zum Beispiel bei den Kosten wäre.
Und den zentralen Vermögensverwalter würden dann wieder Sie leiten?
Mikus: Der Kenfo würde sich hierfür mit seiner Erfahrung und seinem Know-how sehr gut eignen. Entscheidend ist, die Kapitalanlage der verschiedenen Vermögen des Bundes zu bündeln und effizient zu verwalten sowie klare Renditeziele für die einzelnen Vermögen zu definieren.
Die Bundesregierung plant neben dem Generationenkapital auch eine Reform der privaten Altersvorsorge. Unter anderem ist ein staatlich gefördertes Aktiendepot im Gespräch. Gute Idee?
Mikus: Ja, die beiden Ansätze ergänzen sich gut. Sie werden nicht nur den Steuerzahler langfristig entlasten, sondern bringen auch den künftigen Rentnerinnen und Rentnern große Vorteile, weil sie durch die Teilhabe an Kursgewinnen und Dividenden langfristig höhere Alterseinkünfte erzielen werden.
Die Ampel hat die einstige FDP-Idee "Aktienrente" umbenannt in "Generationenkapital", damit es nicht mehr so nach Finanzmärkten klingt. Denn manchen Deutschen graust es vor Aktien. Woran liegt das?
Mikus: Ich weiß gar nicht, ob das wirklich noch der Fall ist. Es gibt inzwischen Umfragen, dass die Deutschen einer angesparten Altersvorsorge mit Aktien gar nicht so negativ gegenüberstehen. Manche haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht, etwa mit dem Neuen Markt Anfang der 2000er-Jahre. Da haben sich viele Anleger die Finger verbrannt. Im Übrigen geht es beim Generationenkapital nicht um eine Rente des Einzelnen, sondern um eine Kapitalanlage für den Bund. Die Erträge fließen in die gesetzliche Rentenversicherung.
Gewerkschaften und Sozialverbände kritisieren, die Ampel würde mit der Rente zocken. Was entgegnen Sie ihnen?
Mikus: Was wir machen, hat mit Zocken nichts zu tun. Bei uns geht es um langfristige Sparprozesse. Wir investieren ja nicht nur in ein einziges Unternehmen. Dass so etwas hochriskant ist und schiefgehen kann, ist klar. Aber wer sein Geld breit und global streut und langfristig anlegt, baut ganz solide Vermögen auf. Generationenkapital und Altersvorsorgedepot sind die Chance, die breite Bevölkerung direkt oder indirekt an den Gewinnen der Kapitalmärkte teilhaben zu lassen.
Warum ist das so wichtig?
Mikus: Das geringe Volumen der kapitalgedeckten Altersvorsorge in Deutschland führt zu Wohlstandsverlusten und hat spürbare negative Folgen. Die OECD weist seit Jahren darauf hin, dass das Alterseinkommen der Deutschen erheblich niedriger ist als in Ländern wie den Niederlanden, Dänemark oder Schweden, in denen die umlagefinanzierte gesetzliche Rente in viel stärkerem Maße durch Betriebsrenten und eine private kapitalgedeckte Altersvorsorge ergänzt wird.
Frau Mikus, Frau Kempe, wir danken Ihnen für das Gespräch.
- Gespräch mit Kenfo-Chefin Anja Mikus