Widerstand gegen Klimaschutz Kohlekonzerne dürfen nicht vor Schattengericht klagen
Rückschlag für RWE, Uniper und weitere Energiekonzerne: Sie wollten international Milliardenentschädigungen erstreiten. Nun gilt: Deutsche Gerichte sind zuständig.
Im Streit um milliardenschwere Entschädigungszahlungen wegen des Kohleausstiegs und der Änderung anderer Energiegesetze hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe die deutschen Gerichte für zuständig erklärt.
Energiekonzerne mit Sitz in einem EU-Staat können nicht verlangen, dass zuerst das internationale Schiedsgericht ICSID über ihre Klagen gegen europäische Staaten entscheidet, urteilte der BGH am Donnerstag. RWE, Uniper und die in Irland ansässige Renewable Power müssen nun den Rechtsweg vor deutschen staatlichen Gerichten beschreiten. (AZ: I ZR 43/22, I ZR 74/22 und I ZR 75/22)
Deutschland hatte sein Energiegesetz geändert
Die drei Unternehmen sehen sich geschädigt, weil sowohl Deutschland als auch die Niederlande ihre Energiegesetze geändert haben. Sie hatten deshalb das Schiedsgericht zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID), angerufen.
Dort wollten sie einen Schiedsspruch erreichen, dessen Vollstreckung anschließend von den nationalen Gerichten hätte bestätigt werden müssen. Die Unternehmen beriefen sich auf ein Übereinkommen vom März 1965, wonach das ICSID für Investitionsstreitigkeiten zuständig sein soll.
Nach einem Vorstoß aus dem Bundestag im vergangenen Sommer, entschied die deutsche Bundesregierung im November 2022, aus dem sogenannten Energiechartavertrag auszusteigen. Seit Jahren hatten Umweltschützer das Abkommen kritisiert, da es Energiekonzernen ermöglicht hatte, wegen Klimaschutzmaßnahmen auf hohe Entschädigungszahlungen zu klagen. Die Ausstiegsfrist beträgt jedoch 20 Jahre – während dieser Zeit können Unternehmen weiterhin Schlichtungsverfahren vor privaten Schiedsgerichten wie dem ICSID anstreben.
Lesen Sie auch: "Die Rache der Klimasünder ist heiß und teuer"
Bestimmte Schiedsklauseln verstoßen gegen Unionsrecht
Der BGH folgte in diesem Fall allerdings nicht der Konzernsicht, sondern gab den Anträgen Deutschlands und der Niederlande statt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) würden Schiedsklauseln bei innereuropäischen Investitionsstreitigkeiten gegen das Unionsrecht verstoßen. Diese eindeutigen Entscheidungen seien auch auf das Übereinkommen von 1965 anzuwenden, so der BGH.
Der Bundesgerichtshof hat somit die Rechte von EU-Staaten bei Streitigkeiten mit Energiekonzernen gestärkt. Ein anderslautendes Urteil des Kammergerichts Berlin hob der BGH auf. Das Berliner Gericht hatte im Fall von Renewable Power das Schiedsgericht für zuständig erklärt. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte im Falle von Uniper und RWE wiederum anders entschieden und die Zuständigkeit deutscher staatlicher Gerichte bejaht.
RWE wollte 1,4 Milliarden Euro
Die Energieversorger RWE und Uniper mit Sitz in Deutschland hatten in den Niederlanden in Kohlekraftwerke investiert. Das Land beschloss aber den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2030.
RWE wollte 1,4 Milliarden Euro. Uniper forderte ursprünglich mehrere hundert Millionen. Nach der weitgehenden Verstaatlichung Ende vergangenen Jahres nahm es seine Forderung aber zurück.
- Nachrichtenagenturen Reuters und AFP