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Viertagewoche: Welche Regelungen gibt es für Arbeitnehmer in Deutschland?


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Diskussion über weniger Arbeit
Was ist eigentlich die Viertagewoche?


Aktualisiert am 30.05.2023Lesedauer: 4 Min.
Arbeit beim Autobauer: Ist die Vier-Tage-Woche ein realistisches Modell für Deutschland?Vergrößern des Bildes
Arbeit beim Autobauer: Ist die Viertagewoche ein realistisches Modell für Deutschland? (Quelle: FrankHoermann/SVEN SIMON via www.imago-images.de)

Immer wieder gibt es Diskussionen über die Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich: weniger Arbeit bei gleichem Gehalt. Doch was steckt alles hinter dieser Forderung?

In anderen Ländern, aber auch in einzelnen Unternehmen und Städten in Deutschland wurde sie bereits getestet: die Viertagewoche. Während viele Arbeitnehmer die Idee von gleichem Lohn bei weniger Arbeit begrüßen, lehnt sie Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger im t-online-Interview ab: "Die Viertagewoche gefährdet unseren Wohlstand", sagt er.

Doch was genau steht eigentlich hinter dem Konzept? Wo gibt es die Viertagewoche bereits und welche Möglichkeiten haben Sie als Arbeitnehmer in Deutschland? Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten zur Viertagewoche.

Was ist mit einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich gemeint?

Grundsätzlich denken diejenigen, die über die Einführung einer Viertagewoche diskutieren, an ein Arbeitsmodell, bei dem Arbeitnehmer einen Tag weniger pro Woche arbeiten müssen, jedoch das gleiche Gehalt bekommen wie bei einer Fünftagewoche.

Sie arbeiten dann also statt beispielsweise 40 Stunden pro Woche nur noch 32 Stunden pro Woche, werden jedoch weiterhin für 40 Stunden bezahlt. Das Modell soll die Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeiter fördern und so letztlich auch die Produktivität steigern. Die These: In weniger Arbeitszeit kann sogar mehr erledigt werden als in 40 Stunden.

Welche Varianten der Viertagewoche gibt es?

Neben der Variante der Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich, über die meist diskutiert wird, gibt es noch andere Modelle, die in vielen Bereichen auch jetzt schon möglich sind:

Bei der ersten Variante arbeiten Sie genauso viele Stunden wie zuvor, diese verteilen sich jedoch nicht mehr auf fünf, sondern auf vier Arbeitstage. Bei einer 40-Stunden-Woche arbeiten Sie demnach nicht mehr nur acht, sondern zehn Stunden täglich und erhalten dafür einen freien Tag mehr bei gleichem Gehalt.

Die zweite Variante ist deutlich häufiger: Sie arbeiten einen Tag weniger, die einzelnen Arbeitstage bleiben jedoch gleich lang. Insgesamt verkürzt sich somit Ihre Arbeitszeit beispielsweise von 40 auf 32 Stunden. Anders als beim diskutierten Modell sinkt in dieser Variante jedoch auch Ihr Gehalt um 20 Prozent. Dieses Teilzeitmodell ist in Deutschland bereits sehr verbreitet und insbesondere bei Jüngeren auch sehr beliebt.

Was bedeutet eine Viertagewoche für Ihr Gehalt?

Viele fragen sich, wie viel eine Reduktion der Arbeitszeit ohne vollen Lohnausgleich letztlich ausmacht. Erhalten Sie in der Viertagewoche nur noch 80 Prozent Ihres Bruttogehalts, kann das je nach Höhe Ihres Einkommens einen großen oder nur einen kleinen Unterschied zum vorherigen Gehalt ausmachen. Ihr Bruttogehalt bei einer Stundenreduktion um 80 Prozent lässt sich leicht über die folgende Formel berechnen:

  • (Bisheriges Bruttogehalt * 80) / 100 = Künftiges Bruttogehalt

Das Nettogehalt berechnet sich jedoch komplizierter. Konkrete Zahlen liefern Brutto-Netto-Rechner wie der des Bundesfinanzministeriums. t-online hat drei Beispielszenarien für Sie berechnet:

  1. Sie leben allein und haben aktuell ein Brutto-Monatseinkommen von 3.500 Euro. Aktuell erhalten Sie in der Steuerklasse 1 bei gesetzlicher Krankenversicherung rund 2.300 Euro Nettogehalt. Reduzieren Sie Ihre Stundenzahl beispielsweise von 40 auf 32 Stunden und erhalten künftig nur noch 80 Prozent Ihres Gehalts, wären das brutto 2.800 Euro, netto blieben Ihnen rund 1.950 Euro. Der zusätzliche freie Tag würde Sie somit rund 350 Euro monatlich kosten.
  2. Sie sind verheiratet und verdienen deutlich mehr als Ihr Partner, sodass Sie nach Steuerklasse 3 besteuert werden. Monatlich verdienen Sie aktuell 5.000 Euro brutto, was einem Nettoeinkommen von rund 3.500 Euro entspricht, sofern Sie gesetzlich versichert sind. Reduzieren Sie nun Ihre Stundenzahl und damit auch Ihr Gehalt, erhalten Sie 4.000 Euro Bruttogehalt. Netto entspricht das einem Gehalt von rund 2.900 Euro. In diesem Beispiel kostet Sie die Viertagewoche rund 600 Euro monatlich.
  3. Sie sind alleinerziehend mit zwei Kindern und arbeiten bereits in Teilzeit. Für eine 25-Stunden-Woche erhalten Sie monatlich 1.500 Euro brutto. Nach Steuerklasse 2 und Kinderfreibetrag erhalten Sie rund 1.250 Euro netto. Möchten Sie Ihre Stundenzahl weiter reduzieren und einen Tag pro Woche weniger arbeiten, reduziert sich auch Ihr Gehalt um 20 Prozent: Sie verdienen dann noch 1.200 Euro brutto und Ihnen bleiben rund 1.020 Euro netto. In diesem Beispiel zahlen Sie für die Viertagewoche folglich rund 230 Euro monatlich.

Wo gibt es die Viertagewoche bereits?

In Großbritannien, Australien und Irland gibt es einige Modellprojekte zur Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich oder auch ohne vollen Lohnausgleich. Auch in Spanien wird die Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich getestet, der Versuch wird staatlich finanziert.

In Belgien ist die Viertagewoche sogar gesetzlich verankert, allerdings nicht bei vollem Lohnausgleich.

Welche Rechte gelten für die Viertagewoche in Deutschland?

Die Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich ist in Deutschland noch nicht rechtlich festgelegt. Es gibt allerdings Regelungen, die eine Viertagewoche mit je zehn Stunden Arbeitszeit täglich steuern.

Die Arbeitszeiten in Deutschland sind nach dem Arbeitsschutzgesetz geregelt, in dem maximale tägliche Arbeitszeiten, aber auch Pausen und Ruhezeiten festgehalten sind. Nach § 3 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) darf die tägliche Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden pro Werktag verlängert werden, wenn innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden täglich nicht überschritten werden. Mehr zum Arbeitszeitgesetz lesen Sie hier.

Bei einer Viertagewoche wäre eine tägliche Arbeitszeit von zehn Stunden also problemlos möglich. Ausgenommen davon sind jedoch Jugendliche, da deren tägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht übersteigen darf. Auch Schwangere und Stillende dürfen nicht länger als 8,5 Stunden am Tag beschäftigt werden. Für diese Gruppen fällt eine Viertagewoche bei gleichbleibender Gesamtarbeitszeit und gleichem Lohn also weg.

Wie ist die Lage in Deutschland: Kommt die Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich?

In einigen Betrieben in Deutschland ist die Viertagewoche bereits etabliert, meist allerdings mit Lohneinbußen, nicht bei vollem Lohnausgleich. Auch bei vielen Handwerksbetrieben und Firmen, die im Schichtmodell arbeiten, gibt es bereits Modelle, bei denen die Tage länger sind, dafür allerdings nur an vier Tagen pro Woche gearbeitet werden muss.

Umfragen zeigen jedoch: Die Deutschen wollen mehr. Rund 81 Prozent der Vollzeitbeschäftigten wollen einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung zufolge die Viertagewoche. Knapp 73 Prozent der Befragten geben zusätzlich an, dass sie sich dabei einen vollen Lohnausgleich wünschen. Zwei Prozent der Befragten haben ihre Vollzeittätigkeit bereits auf vier Tage verteilt, acht Prozent wären bereit, für weniger Arbeit auch weniger Entgelt zu erhalten.

Einige Pilotprojekte und Studien zeigten bereits positive Effekte der Viertagewoche: Mitarbeiter seien weniger gestresst, seltener krank, die Produktivität steige, Kündigungen gehen zurück. Doch es gibt auch Kritiker des Modells wie Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger, der im t-online-Interview erklärt, eine Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich könne sich Deutschland nicht leisten, weniger Arbeit könne zudem zum Fall des aktuellen Rentensystems führen. Hier lesen Sie das komplette Interview.

Teilen Sie Ihre Meinung mit

Wie stehen Sie zu einer Viertagewoche? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de. Bitte nutzen Sie den Betreff "Viertagewoche" und begründen Sie Ihre Meinung.

Verwendete Quellen
  • deutschlandfunkkultur.de: "Vier-Tage-Woche – ein Zukunftsmodell?"
  • boeckler.de: "Rund 81 Prozent der Vollbeschäftigten wollen Vier-Tage-Woche"
  • deutsche-handwerks-zeitung.de: "4-Tage-Woche: Das gilt arbeitsrechtlich"
  • Brutto-Netto-Rechner
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