LA Times gesperrt, Grundschulen offline So wirkt sich die Datenschutzverordnung weltweit aus
Die verschärfte Datenschutzverordnung der Europäischen Union gilt ab dem 25. Mai und wird weltweit Auswirkungen haben. Manchmal auch zum Nachteil der Europäer. So sperrten "LA Times" und "Chicago Tribune" Inhalte für Europäer. Die Denic schränkte die Abfrage von Domain-Besitzern stark ein.
Am 25. Mai endet die Schonfrist für die europäische Datenschutzverordnung (DSGVO). Betroffen sind vor allem Unternehmen, die personenbezogene Daten von EU-Bürgern verarbeiten. Sie sind künftig dazu verpflichtet, die EU-Regeln anzuwenden - zumindest bei europäischen Kunden und Nutzern. Manche Firmen könnten sich allerdings dazu entscheiden, die Regeln grundsätzlich für alle anzuwenden.
Gemäß der DSGVO müssen insbesondere große Plattformen von ihren Nutzern eine "freie, spezifische, informierte und eindeutige" Zustimmung zur Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten einholen. Facebook, Twitter, Airbnb und andere große US-Plattformen haben bereits damit begonnen, europäische Nutzer über Änderungen ihrer Nutzungsbedingungen zu informieren.
"LA Times" und "Chicago Tribune" blockieren Europa
Erste (negative) Auswirkungen sind bereits spürbar. So blockiert die Webseiten der "Los Angeles Times" und der "Chicago Tribune" seit Freitag Morgen den Onlinezugriff für Nutzer mit europäischer IP-Adresse. In einem Hinweis auf der Webseite heißt es, "man arbeite an der Lösung des Problems". Auf der Seite der "Washington Post" müssen Europäer nun einem Datenschutzhinweis zustimmen, dann öffnet sich die Webseite.
Auch die Abfrage, wer eine Domain (Adresse) im Internet angemeldet hat, ist bei der deutsche Denic für Dritte nicht mehr ohne Weiteres möglich. Die Möglichkeiten der Abfrage ("whois") wurden stark eingeschränkt. Bei der Denic sind alle Domains mit der Länderkennung ".de" registriert. Der Dienst wurde in der Vergangenheit häufig von Journalisten genutzt, um Infos zu bekommen, wer eine bestimmte Internet-Adresse angemeldet hat.
22 Mainzer Grundschulen wegen Datenschutzregeln offline
Aus Unsicherheit wegen der neuen europäischen Datenschutzregeln sind in Mainz fast alle Internetseiten von Grundschulen vorübergehend vom Netz gegangen. "Die Seiten der Mainzer Grundschulen werden im Moment an die EU-Datenschutz-Grundverordnung angepasst und wurden bis auf Weiteres vom Netz genommen", hieß es bei fast allen der 22 Grundschulen. In anderen Städten wie Koblenz gab es das Problem dagegen nicht.
Auch Lokalzeitungen wie die „Freie Presse“ in Chemnitz nehmen die DSGVO ernst. Vielleicht etwas zu sehr:
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Andere Unternehmen lehnen es ab, sich der EU-Verordnung zu unterwerfen, und kündigten an, europäische Kunden ab dem 25. Mai abzuweisen. So zum Beispiel die Online-Gaming-Plattform Ragnarok: Sie gab diese Entscheidung kürzlich auf ihrer Facebook-Seite bekannt und erntete verärgerte Reaktionen europäischer Gamer.
Auch der Lesezeichen-Dienst "Instapaper" sieht sich gezwungen, ihren Dienst in der EU vorerst einzustellen, bis die notwendigen Anpassungen vorgenommen sind.
Facebook gibt Bekenntnis ab
Noch ist nicht absehbar, welche US-Unternehmen die DSGVO global anwenden und welche sie ausschließlich EU-Kunden vorbehalten. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte im Zuge des Cambridge-Analytica-Skandals angekündigt, die gleichen Datenschutzeinstellungen für alle Nutzer verfügbar zu machen. Allerdings könnte es Unterschiede bei der praktischen Umsetzung geben, fügte er hinzu.
Laut Sam Pfeifle von der US-Organisation International Association of Privacy Professionals werden einige US-Unternehmen keine Wahl haben: "Für manche ist es zu schwierig, die Daten ihrer Kunden gemäß ihrer Herkunft zu sortieren", erklärte er. Der Aufwand würde sich nicht lohnen, alle Kunden und Nutzer werden deshalb wahrscheinlich die europäische Behandlung erfahren.
DSGVO als "Bekenntnis zum Datenschutz"
Einige Unternehmen nutzten diese pragmatische Entscheidung auch als Marketinginstrument: "Sie verkaufen die Einhaltung der europäischen Vorschriften als Bekenntnis zum Datenschutz", analysiert Pfeifle.
In China ist die Sensibilität für Datenschutzfragen weitaus geringer. "Natürlich werden wir die DSGVO für unsere europäischen Kunden respektieren", erklärt ein europäischer Angestellter eines chinesischen Internetkonzerns. Für chinesische Staatsangehörige kommt die Anwendung der EU-Verordnung hingegen nicht in Frage.
Chinesen gehen freizügig mit persönlichen Daten um
Chinesen "zögern nicht, ihre persönlichen Daten preiszugeben, wenn sie sehen, dass sie einen Nutzen daraus ziehen" - etwa in Form von neuen Dienstleistungen oder Rabatten, erklärt der leitende Angestellte, der anonym bleiben wollte. Chinesische Internet-Giganten testen derzeit gar ein System, das den einzelnen Bürgern je ein soziales Guthaben zuweist, indem es ihr Verhalten, ihre Vorlieben und ihre persönlichen Beziehungen bewertet.
Dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass die europäischen Bemühungen um den Schutz der Privatsphäre auch in China einen gewissen Einfluss haben werden. Selbst dort bringen Internetnutzer von Zeit zu Zeit ihre Sensibilität in diesen Frage zum Ausdruck.
Rüge wegen "unangemessener" Praktiken
Anfang 2018 etwa gab die Regierung in Peking bekannt, mehrere nationale Technologiekonzerne wegen ihrer "unangemessenen" Praktiken bei der Sammlung und Speicherung von Nutzerdaten gerügt zu haben. Dem war eine Kontroverse um den Schutz personenbezogener Daten im Zusammenhang mit dem elektronischen Zahlungsdienstleister Alipay vorausgegangen.
Mit 520 Millionen Nutzer ist Alipay mit Abstand Marktführer der Branche in China. Das Unternehmen hatte Daten seiner Nutzer ohne deren Wissen an einen Finanzratingservice weitergegeben. Alipays Muttergesellschaft Ant Financial entschuldigte sich und gestaltete den Service neu. Jetzt müssen die Nutzer der Weitergabe ihrer Daten an Dritte zuerst zustimmen.
- AFP
- Eigene Recherche