"Gruselig, wenn Ergebnisse stimmen" Nasa beunruhigt mit Asteroiden-Studie
Im Schnitt alle 700.000 Jahre trifft ein größerer Asteroid die Erde, nahmen Forscher bislang an. Der Nasa zufolge könnte die Rechnung zu optimistisch sein.
Erst kürzlich hat die Nasa einen möglicherweise gefährlichen Asteroiden entdeckt, jetzt kommen erneut beunruhigende Nachrichten von der US-Weltraumbehörde: Einer jüngsten Studie zufolge könnten Asteroiden von mehr als einem Kilometer Durchmesser die Erde häufiger treffen als bislang gedacht. "Bei der Größe wäre die Kacke dann ernsthaft am Dampfen", so Forschungsleiter James Garvin bei der Vorstellung der Studie vorige Woche.
Zu ihrem Ergebnis kam die Forschungsgruppe vom Goddard Space Flight Center der Nasa durch die Untersuchung von vier Asteroidenkratern auf der Erde, die in den vergangenen eine Million Jahren entstanden sind. Die Forscher haben Tausende hochauflösende Satellitenbilder der Krater übereinandergelegt und diese mit den Daten laserbasierter Höhenmesser abgeglichen; ein für die Marsoberfläche entwickelter Algorithmus machte auf den so entstandenen 3D-Modellen schließlich die beunruhigende Entdeckung: Alle vier Krater scheinen von weiteren Erdringen umgeben – die Einschläge könnten also deutlich größer gewesen sein als bislang angenommen.
"Ich will mehr sehen, bevor ich das glaube"
Wenn die Ergebnisse stimmen, wäre beispielsweise der vor 800.000 Jahren entstandene Krater von Pantasma in Nicaragua nicht 14,8 Kilometer im Durchmesser groß, sondern 35,2 Kilometer. Um einen Krater von dieser Größe zu erzeugen, müsste der Asteroid eine Sprengkraft von mindestens 660 Megatonnen TNT erzeugt haben – mehr als zehn Mal so viel wie die größte je von Menschen erzeugte Explosion. Der Nasa zufolge würde so ein Einschlag Teile der Erdatmosphäre ins All schleudern, zu lokalen Massensterben führen und das Klima ins Chaos stürzen. Ähnlich verhält es sich mit den drei anderen untersuchten Kratern, so die Forscher.
Brocken von mehr als einem Kilometer Durchmesser treffen die Erde nach bisherigen Annahmen im Schnitt alle 700.000 Jahre. Das leiten Wissenschaftler aus der Häufigkeit von Einschlägen auf dem Mond ab, wo keine Erosion die Krater verdeckt; auch Erkenntnisse aus der Beobachtung erdnaher Objekte fließen in diese Rechnung ein. Sollten die jüngsten Ergebnisse der Nasa zutreffen, wäre diese Rechnung aber hinfällig – und die Erde viel häufiger gewaltiger Zerstörung ausgesetzt. "Wir haben noch nichts bewiesen", räumte Forschungsleiter Garvin selbst ein und verwies auf die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen. Andere Forscher zeigten sich skeptisch: "Ich will mehr sehen, bevor ich das glaube", sagte beispielsweise der US-Planetenforscher Bill Bottke dem Portal "Science".
Alles nur Schutt?
Auch Anna Łosiak von der Polnischen Akademie der Wissenschaft meldete Zweifel an: "Es wäre gruselig, wenn die Ergebnisse stimmen würden", sagte sie dem Portal. "Das würde bedeuten, dass wir nicht wirklich wissen, was los ist, und dass eine Menge großer Brocken bei uns einschlagen." Sie hält die auf den Bildern zu sehenden Ringstrukturen nicht für Teile der Einschlagskrater, sondern für Ablagerungen von Schutt, der beim Einschlag der Asteroiden ausgeworfen wurde. Nasa-Forscher Garvin glaubt wiederum nicht, dass solche Schuttberge nach Hunderttausenden Jahren Erosion noch zu entdecken wären. Klarheit sollen jetzt geologische Untersuchungen direkt an den Kratern bringen.
Erst Anfang März warnte die Nasa vor der Gefahr durch Asteroiden: Der neu entdeckte "2023 DW" könnte 2046 die Erde treffen, so die Weltraumbehörde – auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer Kollision sehr gering ist. Mit knapp 50 Metern Durchmesser ist "2023 DW" zwar deutlich kleiner als die gefürchteten Ein-Kilometer-Brocken, eine Großstadt könnte er bei einem direkten Treffer allerdings auslöschen. Der größte bekannte Asteroid mit einem Durchmesser von etwa zehn Kilometern traf die Erde vor 65 Millionen Jahren und löschte mutmaßlich die Dinosaurier aus.
- science.org: Earth at higher risk of big asteroid strike, satellite data suggest (englisch; Stand: 22. März 2023)
- Forschungspapier der Nasa