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Bastian Pastewka im Interview: "Komik entsteht aus Drama, nicht umgekehrt"


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Zum Ende von "Pastewka"
Bastian Pastewka verrät, warum nach 99 Folgen Schluss ist


Aktualisiert am 07.02.2020Lesedauer: 7 Min.
Bastian Pastewka: Seine Serie "Pastewka" geht in die zehnte und letzte Staffel.Vergrößern des Bildes
Bastian Pastewka: Seine Serie "Pastewka" geht in die zehnte und letzte Staffel. (Quelle: Amazon Corporate/leer)

Am Freitag startet die zehnte und letzte Staffel von "Pastewka". Im ersten Teil des großen Interviews blickt der Comedian auf die vergangenen 15 Jahre zurück und spricht über das Ende der beliebten Serie.

"Pastewka" ist zurück – und das zum allerletzten Mal. Am heutigen Freitag startet die finale Staffel der 2005 erstmalig ausgestrahlten Serie. 15 Jahre, 10 Staffeln und 99 Folgen später steht nun das Ende der Sitcom bevor.

"Was stünde besser im Geiste von 'Pastewka', als mit 99 Folgen aufzuhören?", sagt der Hauptdarsteller im ersten Teil des großen t-online.de-Interviews. Wie der Entschluss fiel, zum Ende zu kommen, was die Figuren bei "Pastewka" von "Game of Thrones" unterscheidet und was der 47-Jährige bei einem Drehstart im Jahre 2020 anders machen würde, lesen Sie im Interview.

t-online.de: Herr Pastewka, was will eigentlich Bastian Pastewka? Er betont immer wieder, dass es ihm um seine Freundin Anne geht. Dabei geht es ihm doch in Wirklichkeit viel mehr um ihn selbst?

Bastian Pastewka: Damit ist das Prinzip "Pastewka" perfekt zusammengefasst. Schon in der dritten Staffel hat Bastian zu Anne gesagt: "Anne, ich liebe dich. Das haben wir besprochen." Das ist einer meiner Lieblingsmomente und auch der Kern von "Pastewka". Der Serien-Bastian ist unverbesserlich. Er hat sich 1985 entschieden, den Seitenscheitel immer auf die linke Seite zu legen, 2001 ist er irgendwie mit Anne zusammengekommen und damit war für ihn klar: Wir sind jetzt ein Paar. Heiraten? Nein, das ist zu anstrengend. Aber man trennt sich auch nicht, weil man ja wie besprochen zusammen ist.

In Staffel acht folgt dann aber die Trennung. Bastian, so hat man das Gefühl, müsste sich radikal ändern, um Anne zurückgewinnen zu können. Weniger egozentrisch sein. Warum stagniert er so sehr?

Er würde diese Stagnation nie erkennen. In der neuen Staffel erzählen wir es daher so: Anne und Bastian hatten ein schönes Jahr in Afrika, sie kommen wieder zurück und ab jetzt muss Bastian der Wahrheit ins Auge blicken. Nämlich, dass er mit Anne einfach perfekt befreundet ist. Und nicht mehr. Das jedoch glaubt ihm keiner, speziell sein Bruder nicht, der dauernd fragt: "Und, habt ihr gebumst?"

Ist es für Bastian unmöglich, seinen Charakter zu ändern?

Kennen wir viele Menschen, die ihren Charakter ändern? Ich glaube nicht. Bastian kann das auch nicht. Jeder muss sich so akzeptieren, wie er ist. Deshalb wirken auch viele Paare so unlogisch, wenn sie sich immer angiften. Liebe ist eben einfach stärker als die Schwächen des Partners.

Warum ist er denn so, wie er ist? Es wäre doch interessant, eine Entstehungsgeschichte des Charakters zu drehen.

Wer immer es spielt, ist herzlich eingeladen. Aber es ist sehr schwer, aus der existierenden "Pastewka"-Serie Rückschlüsse daraus zu ziehen, wie unsere Figuren alle zum ersten Mal zusammenkamen. Warum wechselt Bastian seine Agentin nicht aus? Sie hintergeht ihn ja oft, wie wir es auch in der letzten Staffel wieder erleben werden. Warum sagt er seinem Vater nicht: "Du spinnst! Du musst dein Leben ändern." Es ist eben einfacher, mit dem Zwischenzustand zu leben. Zu erklären, wieso diese Menschen so sind, wie sie sind, halte ich für nahezu unmöglich. Es sind oft kleine Anlässe, die plötzlich eine Charakterverformung in Gang setzen. Die Fehler sind schon so verinnerlicht, dass nur Außenstehende sie erkennen.

Würden Sie sagen, die Figur Pastewka funktioniert nur im Konflikt?

Ja, selbstverständlich. Ich habe unsere Autoren gebeten, immer hübsch Dampf im Kessel zu machen. Wir haben in einer normalen "Pastewka"-Folge maximal 25 Minuten Zeit. Das heißt: Wir können die Lunte nicht langsam brennen lassen. Wir müssen schnell zeigen, wie die Figuren zusammenstoßen und welche Konflikte sich ergeben müssen, damit zum Schluss die große Katastrophen-Kaskade perfekt ist.

Wird Comedy dann besonders lustig, wenn die Figuren viel Konfliktpotenzial in sich bergen?

Ich vermute, dass es ein Wesen der Sitcom ist, dass die Figuren ihre Konflikte vielmehr im Äußeren zur Schau stellen und erleben. Schauen Sie sich "Modern Family" an. Da ist jede Folge nur 20 Minuten lang und trotzdem schaffen sie es, neun Figuren gleichwertig zu bespielen. Es ist immer klar, welche Figur in welcher Situation an ihre Grenzen gerät. Es sind ganz kleine, simple Ausgangssituationen: ein gemeinsames Essen, ein unaufgeräumtes Zimmer, eine Wohnungsbesichtigung.
Beim Drama ist das anders. Dort schauen wir zunächst den Figuren die erste halbe Stunde von 90 Minuten zu, wie sie etwas tun und merken dann erst, wie sie ticken. Das würde bei Comedy nicht funktionieren.

Ist die Serie "Pastewka" über die letzten Jahre nicht auch dramatischer geworden, insbesondere in Bezug auf die Beziehung von Bastian und Anne?

Die Beziehung von Anne und Bastian war das Zentrum der Serie. Am Ende von Staffel eins sagt Anne: "Ich will ein Kind." Am Ende von Staffel fünf gibt es einen Antrag, in Staffel sechs einen Junggesellenabschied, in Staffel sieben eine verpatzte Hochzeit, in Staffel acht schließlich die Trennung. Eine On-Off-Beziehung, die wir nach allen Regeln der Kunst ausgestaltet haben. Denn Komik entsteht aus Drama, nicht umgekehrt.

Wie schwierig war es dann, diese Geschichte nach 15 Jahren gut zu Ende zu führen? Bei "Game of Thrones" waren Millionen von Menschen wahnsinnig enttäuscht.

(Lacht.) Die Figuren aus "Game of Thrones" waren weniger positiv gestimmt als die bei "Pastewka". Ja, Frau Bruck wird am Ende noch mal richtig Feuer speien, aber wir sind eine Sitcom und deshalb gibt es bei uns einen schönen Goodbye-Moment. Außerdem wussten wir schon, bevor wir in die Arbeit zur zehnten Staffel eingestiegen sind, dass es unsere letzte sein wird. Es kam also zum Glück kein Produzent mit einem Rotstift ins Set geplatzt und meinte: "Sorry, aber es wird nicht weitergehen. Wäre also schön, wenn ihr das mal flott zu Ende bringen könntet."

Wie fiel der Entschluss, zum Ende zu kommen?

Mein Co-Autor Sascha Albrecht hatte eine fantastische Idee für einen überraschenden Einschnitt in Annes und Bastians Beziehungsstatus. Da war klar, DAS ist das Ende! Mit Folge 99 übrigens! Und was stünde besser im Geiste von "Pastewka", als mit 99 Folgen aufzuhören und nicht mit 100 – wie Bastian, der ewige Tölpel, der das große Ziel vor Augen hat, aber stets knapp verpasst.

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In 15 Jahren hat sich auch die Welt verändert. Welchen Einfluss hat und hatte das auf die Serie?

Als wir mit "Pastewka" begonnen haben, wollten wir einen Nerd ins Zentrum der Serie stellen. Als wir 2004 den Piloten gedreht haben, gab es in Deutschland keine Serie, bei dem sich alles um einen Typen dreht, der letztlich nur zufrieden ist, wenn er über "Raumschiff Enterprise" sprechen und Familienfeste vermeiden kann.
Als wir gemerkt haben, dass diese Figur etwas Interessantes verkörpert, wussten wir bereits, dass "Pastewka" keine einfache Sitcom werden könnte. Es musste immer alles zu dem sehr speziellen Charakter passen.

Wie hat sich das geäußert?

Wir haben unsere Geschichten hinter den Kulissen der "Lindenstraße" oder des "Tatorts" spielen lassen, haben Bastian bei Preisverleihungen auftreten lassen oder eine ganze Folge "Game of Thrones" gewidmet. Das wäre nicht gegangen, wenn man dort nicht einen glaubwürdigen Typen hätte, der ständig – wie ich es ja auch privat tue – nur über Fernsehen und Film oder die neuesten Serien spricht.

Aber spielte das jeweilige Jahr der Ausstrahlung dabei eine Rolle?

Wir haben immer versucht, auffällige Aktualitäten einzubauen. In dieser Staffel redet Bastian beispielsweise über die Vaginal-Eier von Gwyneth Paltrow. Er bezieht sich auf eine Klatsch-Geschichte, die circa drei Jahre alt ist. Doch genau jetzt, kurz vor Start der neuen "Pastewka"-Staffel, schenkt uns Gwyneth Paltrow mit ihrer neuen Vaginal-Duftkerzen-Kollektion zufällig einen aktuellen Bezug und das finde ich großartig.

Heidi Klum soll angeblich ganz scharf auf die Kerzen sein …

Ich persönlich überlege noch, wie toll ich das finde.

Was hätten sie anders gemacht, wenn "Pastewka" im Jahr 2020 gestartet wäre?

Wenn ich heute "Pastewka" entwickeln dürfte, würde ich struktureller vorgehen. Als wir 2004 angefangen haben, wussten wir nicht mal ansatzweise, wie lange die Serie dauern würde. Wir sind die einzige Sitcom bei Sat.1 neben "Hausmeister Krause", die eine siebte Staffel erreichen durfte. Das hat niemand vorausgesehen. Es gab aber auch keinen anderen Sender, der dieses Spiel so lange mit uns mitgemacht hätte.

Bei RTL hätten wir das nicht geschafft. Bei ARD und ZDF gab es Mitte der 2000er auch schon keine Sendeplätze mehr für halbstündige Unterhaltungsformate. Wenn man es so sieht, muss man konstatieren: So rasant hat sich die Welt nicht verändert.

Aber was heißt, sie wären "struktureller" vorgegangen?

"Pastewka" hatte nie ein Studio-Set wie etwa amerikanische Sitcom-Vorbilder der damaligen Zeit. Das eine Bastian-Wohnzimmer, in dem alles spielen musste, weil es einmal für viel Geld aufgebaut wurde, gab es nicht. Wir waren immer in echten Wohnungen, von Menschen, die dort wirklich wohnten und die uns freundlicherweise einen Sommer dort haben drehen lassen. Warum sind Anne und Bastian permanent umgezogen: innerhalb des Hauses, innerhalb Kölns, dann irgendwann nach Marienburg? Weil Motivgeber uns verständlicherweise nicht dauerhaft ihre Wohnungen zur Verfügung stellten.

Als wir bei Amazon mit "Pastewka" weitergemacht haben, durften wir plötzlich nicht mehr in Marienburg drehen, weil sich die Anwohner beschwert haben. Als Anne und Bastian sich trennten, lösten wir auch ein Ortsproblem. Diese Abhängigkeiten können einschränkend sein. Das würde ich heute umgehen wollen.

Also doch lieber ein festes Set für eine Sitcom?

Die Idee für eine Familienserie in einem festen Wohnzimmer kann noch so gut sein. Nach drei Staffeln können dir trotzdem die Ideen ausgehen, weil man nicht mehr weiß, was man in dieser bekloppten Wohnung, die man einmal gebaut hat, noch erzählen soll.

Im zweiten Teil des Interviews spricht Bastian Pastewka über seine einstige Kult-Rolle Brisko Schneider, verrät, wieso eine Neuauflage von "Die Wochenshow" heute nicht mehr funktionieren würde, und beklagt einen Mangel bei der deutschen Serienentwicklung.

Die zehnte Staffel von "Pastewka" startet am 7. Februar bei Amazon Prime in Deutschland.

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