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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bastian Pastewka erklärt Warum "Die Wochenshow" heute nicht mehr funktionieren würde
Bastian Pastewka ist ein wandelndes TV-Lexikon. Anlässlich der letzten Staffel "Pastewka" blättert er im Interview mit t-online.de durch die Seiten der Fernsehunterhaltung. Dabei beklagt er Mängel und schwelgt in Erinnerungen.
Als Bastian Pastewka kürzlich der NDR-Talksendung "DAS!" einen Besuch abstattete, hatte die Redaktion ein Wohnzimmer samt Sessel, Couchtisch und Fernseher eingerichtet – "Kir Royal", "Die Schwarzwaldklinik" oder "Monaco Franze" liefen in Ausschnitten über eine als alte Bildröhre verkleidete Leinwand. Der 47-Jährige Comedian hatte die Aufgabe, die stumm geschalteten Szenen der Serien spontan zu synchronisieren.
In einer beeindruckenden Geschwindigkeit demonstrierte Pastewka sein Hintergrundwissen, brillierte mit umfassenden Namenskenntnissen und verwandelte die doch arg konstruierte Situation in einen lebhaften Unterhaltungsmoment. Der Komiker, Drehbuchautor, Schauspieler und Synchronsprecher ist einer der letzten großen Tausendsassa des deutschen Fernsehens.
Er selbst bezeichnet sich als Nerd, der "letztlich nur zufrieden ist, wenn er über "Raumschiff Enterprise" sprechen" kann. Pastewka liebt Fernsehen, von dem Brit-Krimi "Line of Duty", über alte Edgar-Wallace-Verfilmungen bis hin zu "jerks.", die er im Interview mit t-online.de als "wunderbares Leuchtfeuer" bezeichnet. Wir blicken mit ihm zurück in eine Zeit, als er noch Brisko Schneider spielte und in eine ungewisse Zukunft, für die er sich vor allem eines wünscht: eine gute Sitcom.
t-online.de: Herr Pastewka, Menschen haben bei Ihnen die Erwartungshaltung, dass Sie immer lustig sind. Bedeutet das für Ihre Auftritte im Fernsehen einen besonderen Druck?
Bastian Pastewka: Ja, klar. Die Frage ist nur: Wie schmerzlich ist dieser Druck? Ich kann mit dieser Erwartung gut umgehen. Schlimmer ist es, wenn ich plötzlich dazu genötigt werde, Witze zu erzählen. Denn ich bin ein wahnsinnig schlechter Witzeerzähler. Mir ist das mal bei einer Kinopremiere von "Der Wixxer" in Bayern passiert. Dort kam ein Bürgermeister vorbei und sagte: 'Wenn wir jetzt schonmal Herrn Pastewka hier haben, muss er auch einen Witz erzählen!' Dann stand ich vor einem Publikum von 1.500 Leuten und alle erwarteten, dass ich einen lustigen Witz erzähle. Das war problematisch. Ich habe dann gesagt: 'Treffen sich eine Null und eine Acht in der Wüste. Sagt die Null: Mensch bei dem Wetter trägst du einen Gürtel?' Totenstille im Saal.
Mit anderen Auftritten hatten Sie deutlich mehr Erfolg, was die Resonanz des Publikums betrifft. Auf welche Ihrer Figuren werden Sie denn am häufigsten angesprochen?
Meine erste große Rolle war Brisko Schneider. Sie war Teil der "Wochenshow", einer Sketch-Comedy, die ich in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre machen durfte. Es gab noch keine Streamingdienste – damals hatten wir Zuschauerzahlen, die wir später mit "Pastewka" nie wieder erreicht haben. In dieser Zeit haben die Leute mir 'Hallo liebe Liebenden' auf der Straße hinterhergerufen. Später kam dann 'Wolle Rose kaufen'. Aus der Serie "Pastewka" ist es komischerweise immer noch ein Satz aus der ersten Folge, mit dem ich angesprochen werde: 'Sie sind doch der Lück!'
"Die Wochenshow" war tatsächlich ein Meilenstein im deutschen Fernsehen. Könnten Sie sich vorstellen, solch eine Sendung noch einmal neu aufzulegen?
Nein, die Zeit ist vorbei. Aber ich vermisse eine Ensemble-Comedyshow im deutschen Fernsehen. Ich würde mich freuen, wenn sich viele gut gelaunte Comedians zusammentun, sich verkleiden und Sketche spielen. Aber eine "Wochenshow" wieder aufleben zu lassen mit Fernsehparodien? Nein. Das finde ich total kitschig. Das gab es danach auch in besseren Varianten.
Wenn Sie von "besseren Varianten" sprechen, meinen Sie vermutlich "Switch".
Ja, klar, die machten das richtig gut. Ich bin übrigens kein guter Parodist. Brisko Schneider gab es nicht in echt. Ich habe mir immer Figuren gebastelt und dafür auf mehrere Persönlichkeiten zurückgegriffen. Brisko war eine Mischung aus Verona Feldbusch und Lilo Wanders. Eine zusammengebastelte Kunstfigur aus den damals existierenden Erotikmagazin-Moderatorinnen. Aber für eine Parodie, die sich an einer realen Persönlichkeit abarbeitet, muss man Max Giermann, Michael Kessler oder Martina Hill anrufen.
Sie sind als akribischer Beobachter der TV- und Serienlandschaft bekannt. Was sind die aktuellen Trends im Fernsehen und was davon ist wirklich gut?
Ich kann auf jeden Fall sagen, was derzeit nicht gut ist: Die Sitcom in Deutschland liegt brach. Das hat aber um Gotteswillen nichts damit zu tun, dass "Pastewka" jetzt endet. Das trenne ich komplett voneinander.
Gibt es denn gar keine positiven Beispiele?
Doch, natürlich. "jerks." ist für mich ein wunderbares Leuchtfeuer, einfach wundervoll. Bitte niemals damit aufhören! "Merz gegen Merz" geht weiter; und "Check Check" fällt mir noch ein – jetzt gerate ich schon ins Stocken.
"Check Check" ist die Comedyserie mit Klaas Heufer-Umlauf in der Hauptrolle …
Genau. Der Trend geht aber eher in Richtung Drama- und Historienserie. "Babylon Berlin", "Bad Banks", "4 Blocks" – alles super. Aber die kleine bekloppte Geschichte von nebenan, die ist derzeit im Hintertreffen.
Eigentlich wird behauptet, dass durch die fortschrittlichen, neuen Streaminganbieter viel mehr Nischen bedient werden können. Das Quotendenken steht nicht mehr im Weg, Bahn frei für special interest. Stimmt das gar nicht?
Doch, klar. Die Nische wird bedient. Mit Fantasyserien wie "The Witcher" oder "Altered Carbon". Dazu Historisches wie "Carnival Row" oder "The Marvelous Mrs. Maisel". Das ist schon sehr spezifisch.
Sie haben "jerks." erwähnt. Wir können uns dem Eindruck nicht verwehren, dass "jerks." ohne "Pastewka" nie möglich gewesen wäre.
Das stimmt nicht. "jerks." wäre ohne Christian Ulmen nie möglich gewesen. Er hatte zu allen Zeiten Erfolg: er war ein fantastischer MTV-Moderator. Dann kam die Serie "Mein neuer Freund", bei der er sich in tausend Figuren aufgefächert hat. Christian Ulmen war schon immer für eine Überraschung gut und nebenbei ist er noch "Tatort"-Kommissar. Es gibt wenige Entertainer, die so vielseitig sind wie er.
Vielseitigkeit ist etwas, das im Kino zur Mangelware wird. Ist es richtig, dass Sie kein Freund der aktuellen Kinoentwicklungen sind: Krawall, CGI und die 17. Comicverfilmung?
Das sollen alle mögen, die das super finden. Aber ich kann damit nichts anfangen. Ich kenne mich weder in den Marvel-Welten aus, noch warte ich sehnsüchtig darauf, dass der neue James-Bond-Film kommt. Das hat mit meinem Alter zu tun. Ich habe schon unheimlich viel gesehen und wenn ich die CGI-Effekte und die spektakulären Bilder abziehe, bleibt oft wenig übrig. Ich gehe immer noch wegen einer Geschichte ins Kino und ich bleibe dabei: Die kleine Geschichte von nebenan wird im Kino nicht mehr gemacht. Das ist bedauerlich.
Was könnte eine Lösung sein?
Schauen sie sich die Serie "Lilyhammer" an. Eine schöne Serie um einen amerikanischen Gangster, der in Norwegen untertaucht – und dennoch: Zehn Jahre vorher wäre der Stoff ein zweistündiger Kinofilm geworden und der wäre mindestens genauso gut gewesen. Aber ich scheitere wahrscheinlich mit meinen tollen Theorien und Erfolgsformeln, wenn ich sie auf eine potentiell nächste Serie oder einen möglichen Kinofilm anwenden sollte.
Eine Serie, die ebenfalls gescheitert ist – jedenfalls wurde sie nach einer Staffel bereits abgesetzt – war "Morgen hör ich auf". Darin spielen Sie eine bemerkenswert ernste Rolle. Warum funktioniert das nicht öfter?
Ich hatte das große Glück, dass das ZDF damals mit dieser Idee auf mich zukam. Ich las das Drehbuch zur ersten Folge, war wie elektrisiert und wollte diese Rolle unbedingt spielen. Dass die Wahl letztlich auf mich fiel, hing vor allem mit der Rolle des Jochen Lehmann aus "Morgen hör ich auf" zusammen. Das ist ein Typ, der von einem Familienbild träumt, das nicht mehr zeitgemäß ist, der einen extremen Weg geht und ständig in chaotische Situationen gerät – so etwas passt zu mir. Wäre die Serie ein beinharter Kriminalfall gewesen, eine Serie, die vorrangig an ein Krimipublikum adressiert worden wäre, hätte ich das nicht gemacht. Das Tolle an "Morgen hör ich auf" war, wie es am Genre-Rand jonglierte – irgendwo zwischen Ernst und Kuriosität. Im Übrigen war nie eine zweite Staffel geplant.
Sie sind mit "Pastewka" nun am Ende und es bleibt die Frage, was wir als nächstes von Ihnen sehen. Ermutigt Sie eine Rolle wie in "Morgen hör ich auf", über eine neue Abzweigung auf dem Karriereweg nachzudenken? Steve Carell, um nur ein Beispiel zu nennen, hat nach "The Office" eine erstaunliche Karriere hingelegt. Reizt Sie so ein Wandel auch?
Ich kann nur sagen: Mich muss die Rolle anspringen. Ich würde nicht vermuten, dass mein nächstes Projekt eine Sitcom ist. Außer der Ansatz ist wieder so schräg, dass es passt. Aber ich werde momentan auch nicht mit Angeboten überhäuft. Viele wissen, dass ich mich in meine Rollen und Projekte sehr lange hineinarbeite, ewig rumdiskutiere und damit allen auf den Nerv gehe.
Aber Sie haben doch gezeigt, dass es geht.
Ich bin kein Schauspieler. Ich habe ein sehr begrenztes Talent und ein relativ eindimensionales, rätselhaftes Aussehen. Man wird mich nicht für einen "Tatort"-Kommissar besetzen und das ist auch absolut richtig gedacht. Die Rolle muss mit mir eine Verbindung eingehen und ich hoffe einfach, dass sich in Zukunft so etwas ergibt. Aber eines ist auch klar: Jetzt brauche ich erstmal eine Pause. Die letzten drei "Pastewka"-Jahre waren Hochleistungssport. Jetzt lege ich mich hin – und warte, bis Regine und Esther was Neues für mich an Land ziehen.
Im ersten Teil des Interviews mit Bastian Pastewka erzählte uns der Entertainer, warum die nach ihm benannte Serie nach 15 Jahren ein Ende gefunden hat und was die Figuren bei "Pastewka" von denen in "Game of Thrones" unterscheidet.
Die zehnte Staffel von "Pastewka" ist am 7. Februar bei Amazon Prime in Deutschland gestartet.