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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Tatort-Kommissar über Leben und Tod "Die Tage hier sind gezählt"

Edin Hasanovic schlüpft in "Sterben für Beginner" in die Rolle eines Bestatters. Mit Tod, Trauer und Verlust kam der Schauspieler allerdings schon viel früher in Berührung.
Er war 1992 noch ein Baby, als seine Mutter mit ihm aus dem Bosnien-Krieg nach Deutschland geflohen ist. Er wuchs mit seiner Mutter und ohne Vater in einem Flüchtlingsheim in Berlin auf. "Der Tod ist für mich omnipräsent", sagt Edin Hasanovic, "schon immer."
In der Rolle des Eric Wrede in "Sterben für Beginner" setzt sich der Schauspieler nun wieder mit dem Sterben auseinander. Der Film basiert auf dem Sachbuch "The End – Das Buch vom Tod" von Eric Wrede. Wrede hat im Film wie im echten Leben seinen Job als Musikmanager gekündigt, um auf der Suche nach Sinn im Leben Bestatter zu werden.
Im Gespräch mit t-online erzählt Edin Hasanovic, warum er viel über den Tod nachdenkt, was ihn glücklich macht – und dass er seinen Freunden gern beim Spielen auf dem eigenen Sarg zusehen würde.
Zur Person
Edin Hasanovic, geboren am 2. April 1992 in Zvornik, Bosnien-Herzegowina, wuchs in einem Flüchtlingsheim in Berlin auf. Seine Mutter floh mit ihm als Säugling aus dem Bosnien-Krieg nach Deutschland. Sein Vater wurde verschleppt und gilt als vermisst. Bereits im Alter von 13 Jahren stand er als Schauspieler auf der Bühne des Berliner Ensembles. Die Hauptrolle im Kinofilm "Schuld sind immer die Anderen" machte ihn bekannt. Für seine Rolle in der Serie "Syklines" wurde Hasanovic 2020 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Seit 2024 hat er seine eigene Show "Edins Neo Night" bei ZDF Neo, 2025 wird er als Kommissar im Frankfurter "Tatort" zu sehen sein.
t-online: Herr Hasanovic, wie fühlt es sich an, in einem Sarg zu liegen?
Edin Hasanovic: Bequemer als gedacht. Es war ein guter Drehtag für mich: Ich passte perfekt rein und es war wirklich sehr weich. Das Bewusstsein schwingt trotzdem mit, dass ich eines Tages tot darin liegen werde und der Deckel verschlossen wird.
Denken Sie oft über den Tod nach?
Der Tod ist omnipräsent. Ich habe immer ein starkes Bewusstsein dafür, dass es den Tod gibt. Dass er zum Leben dazugehört, und dass meine Tage hier gezählt sind. Dass das Leben für alle um mich herum und für mich plötzlich vorbei sein kann und dass ich nie sagen könnte, wir sehen uns ganz sicher morgen, weil so viele Dinge völlig überraschend und unerwartet passieren.
Haben Sie durch Ihre Rolle als Bestatter auch über die eigene Beerdigung nachgedacht?
Ich dachte, Beerdigungen sind schwarz, traurig und schwer. Vor dem Film wusste ich nicht, dass es eine andere Form von Bestattung und Beerdigung geben kann. Aber dann standen am Set Ballons und es war bunt. Genau so wäre die Wunschvorstellung meiner Bestattung: dass die Leute nicht meinen Tod betrauern, sondern das Leben feiern, das ich hatte. Sie sollen lachen, Spaß haben und zu lauter Musik tanzen.
Welche Art Musik schwebt Ihnen dabei vor?
Es soll etwas sein, bei dem die Leute nicht einfach nur da stehen können, sie müssen sich bewegen. Die Hüfte kreisen. Das würde meinem Leben sehr entsprechen.
Dürften die Gäste auch spielen?
Ein Tanz- und Spieleabend um meinen Sarg herum wäre genau richtig. Vielleicht wären Würfel, die über den Sarg rollen, ein wenig pietätlos, aber ich fände das nicht schlimm, wenn ich so von oben dabei zuschauen würde.
Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?
Einerseits ist es eine schöne Vorstellung, andererseits eine grausame. Manchmal steigere ich mich in dieses Gefühl hinein, dass es nach dem Tod unendlich weitergeht, dass es nie ein Ende gibt, nie, nie, nie. Es geht einfach immer weiter. Das macht mir ein bisschen Angst.
Gab es in Ihrem Leben einmal einen Punkt, an dem Sie alles hinschmeißen wollten?
Ich hatte ziemlich lange eine Sinnkrise und habe mich gefragt: Ist die Schauspielerei wirklich der Job, den ich für immer machen möchte?
Und ist er es?
Ich habe mich in dem Job hinterfragt und ich habe den Job hinterfragt. Ich habe meine Prioritäten geändert und damit die Motivation zurückgeholt, weiterzumachen. Der Job ist nicht alles in meinem Leben. Es hängt nicht alles von diesem Job ab. Deswegen konnte ich loslassen. Und wie das so ist, Dinge, die man loslässt, kommen wieder: Ich bin jetzt "Tatort"-Kommissar in Frankfurt und habe eine eigene Late-Night-Talkshow in ZDF Neo.
"Sterben für Beginner" wurde in Berlin gedreht, Ihrer Heimatstadt. Ist das für Sie etwas Besonderes?
Es macht einen riesengroßen Unterschied für mich, zu Hause zu drehen, weil ich dann einfach nach Hause kommen und in meinem Bett schlafen kann. Der Ruheausgleich ist ein anderer als im Hotel, wo es auch toll sein kann, aber zu Hause ist halt zu Hause. Ich wäre deswegen sehr gerne Berliner "Tatort"-Kommissar geworden, und gleichzeitig liebe ich Frankfurt sehr.
Wird Ihnen die Berliner Mentalität nie lästig?
Hart, aber herzlos! Ich weiß gar nicht, ob das nur Berlin ist, oder ob das eher etwas Deutsches ist: Dieses Belehren, Erziehen und Kopfschütteln, sich superschnell und unverhältnismäßig aufregen. Berlin ist prädestiniert und bekannt dafür. Diese Grundhaltung mancher Menschen macht mich fertig. Ich versuche zumindest theoretisch, Liebe zu streuen und empathisch zu sein, die Leute anzulachen. Das gelingt mir sicherlich nicht immer.
Lassen Sie deshalb in Ihrer Late-Night-Show "Edins Neo Night" Ihr inneres Kind gelegentlich heraus, das sich über die Fanta auf dem Tisch freut?
Ja, da steht natürlich Fanta auf dem Tisch. Ich weiß nicht, ob das Kompensation ist oder einfach mein Lebensstil. Fanta, Mucke und Tanzen. Kind sein und bleiben. Das ist mein Ausgleich für all die Ernsthaftigkeit, die ich im Beruf brauche.
Und wo trinken Sie Ihre Fanta am liebsten?
Ich bin kein Kneipentyp, kein Barmensch. Kneipe ist nicht mein Geruchsding, nicht meine Mentalität. Ich bin lieber zu Hause bei Freunden. Das klingt langweilig, nicht wahr?
Für einige bestimmt.
Ja, was soll ich machen. Ich bin am liebsten mit Freunden, egal, wo das ist. Und damit habe ich mein Zuhause immer bei mir.
Ist das Glück für Sie?
Glück ist, wenn die Menschen um mich herum glücklich und gesund sind. Das gilt für alle Menschen, aber für die, die mir näher sind, natürlich noch ein wenig mehr. Mein persönliches Glück ist, wenn mein Verstand ausgeht. Wenn ich nicht so viel rattere im Kopf. Wenn ich einfach nur im Moment bin, genieße und mich des Lebens erfreue. Das ist jetzt gerade für mich absolutes Glück. Wenn Sie mich morgen fragen, sage ich vielleicht etwas ganz anderes. Etwa: Glück ist, wenn mein Hund Kuno sein Geschäft erledigt. Aber heute ist es das.
- Interview mit Edin Hasanovic
- hessenschau.de: HR-Tatort-Kommissar Edin Hasanovic zu Migrationsdebatte