Biathlon "Möchte auf dem Podest die Nationalhymne hören"
Das Interview führte Nils Tittizer
Deutschlands Biathlon-Star Magdalena Neuner ist mit ihren 24 Jahren bereits Rekord-Weltmeisterin. Zehn WM-Titel, zwei Olympische Goldmedaillen, zwei Gesamtweltcupsiege und unzählige Silber- und Bronzemedaillen gewann sie bislang. Bei der Heim-WM im nächsten Jahr und im kommenden Weltcup sollen noch weitere Titel folgen. Jüngst stellte "Gold-Lena" ein weiteres Talent unter Beweis und wagte einen Exkurs in die Schauspielerei.
Im Interview mit t-online.de spricht die Ausnahme-Biathletin über ihre ungewöhnliche Vorbereitung, ihre Ziele bei der Heim-WM im nächsten Jahr und gestrickte Weihnachtsgeschenke.
t-online.de: Frau Neuner, in den letzten Jahren mussten Sie kurz vor dem Weltcup-Auftakt regelmäßig passen. Wie sind Sie diesmal durch die Vorbereitung gekommen?
Magdalena Neuner: Sehr gut. Bis jetzt hat alles so geklappt, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich fühle mich richtig gut und freue mich, dass es jetzt losgeht.
Sie haben sich in Absprache mit den Cheftrainern zu Hause mit ihrem Heimtrainer Bernhard Kröll auf die Saison vorbereitet. Warum diese Entscheidung?
Ganz einfach: In den vergangenen Jahren war ich nach dem Lehrgang in Munio jedes Mal krank. Keine Ahnung, ob das am fehlenden Licht oder der Kälte in Finnland liegt. Jedenfalls konnte ich zuletzt immer erst zum zweiten Weltcup einsteigen. Diesmal bin ich hoffentlich von Beginn an gesund am Start.
Bei dem derzeitigen warmen Wetter war eine Vorbereitung auf Schnee kaum möglich. Welche Nachteile bringt dies mit sich?
Naja, ich wäre natürlich schon gerne etwas häufiger auf Schnee gelaufen. Wir hatten ja ursprünglich geplant, dass ich die letzten drei Wochen vor dem Weltcupstart auf Schnee trainiere. Aber das hat sich dann auf ein paar Tage reduziert. Zumindest hatten wir noch die Möglichkeit, in der Skihalle in Oberhof zu laufen. Von daher dürfen wir uns nicht beklagen.
Sie sagten, Sie hätten ein bisschen mehr Normalität genossen, was auch positiv für Ihr Training war. Was bedeutet das?
Dadurch, dass wir in diesem Jahr die allermeisten Termine kompakt an wenigen Tagen absolviert haben, hatte ich im Sommer auch einmal ein paar Wochen, an denen kein Fotoshooting und kein Interview anstand. Das fand ich sehr angenehm, weil man dann nicht jedes Mal so aus dem Trainingsrhythmus herausgerissen wird.
Als gute Läuferin bestechen Sie auf der Strecke. Doch seit letzter Saison kamen auch sehr gute Schießergebnisse dazu. Was haben Sie an Ihrem Training verändert?
Im Training gar nicht mal soviel. Das Schießen ist bei mir mittlerweile zu einem Großteil reine Kopfsache. Und das habe ich inzwischen gut im Griff.
In Ihrer Trainingsgruppe war unter anderem Ihre 17-jährige Schwester Anna. Steht mit ihr bereits Ihre potenzielle Nachfolgerin bereit?
Das wäre natürlich schön. Aber planen kann man das nicht. Ich drücke ihr auf alle Fälle die Daumen.
Der Rücktritt von Kati Wilhelm, Simone Hauswald und Martina Beck liegt nun eine Weile zurück. Was hat sich seitdem geändert?
Ich glaube, vor dem vergangenen Winter hatten alle ein bisschen Bammel, wie es mit den deutschen Damen weitergeht. Da haben ja nicht irgendwelche Athletinnen aufgehört, sondern drei absolute Weltklasse-Sportlerinnen. Ich denke, das Team hat aber bewiesen, dass die Jungen, die jetzt nachrücken, das Zeug haben, diese Lücke zu schließen. Alles in allem brauchen wir uns ganz sicher nicht zu verstecken.
Kommen die jungen Kolleginnen nun zu Ihnen, um sich Rat zu holen?
So viel älter bin ich nun auch noch nicht. Klar tauscht man sich aus. Aber es ist nicht so, dass ich eine Sprechstunde abhalte.
Sie haben in Ihrer Karriere so ziemlich alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Haben Sie überhaupt noch Ziele?
Wenn ich am Start stehe, will ich gewinnen – so einfach ist das. Egal, ob das bei einem Testrennen ist oder bei Olympia.
Wen haben sie im Weltcup als größte Konkurrentinnen auf der Rechnung?
Das werden die üblichen Verdächtigen sein. Natürlich allen voran Kaisa Mäkäräinen, dann die Französinnen und hoffentlich auch unser Team. Gespannt bin ich vor allem auf die Russinnen. Dort wird Wolfgang Pichler, der ja jahrelang die Schwedinnen trainiert hat, sicher einiges bewegt haben.
Im März 2012 findet die Weltmeisterschaft in Ruhpolding, und somit im eigenen Land statt. Ist das etwas Besonderes für Sie?
Keine Frage - da ergeben sich die Ziele ganz automatisch. Da möchte ich zumindest einmal ganz oben auf dem Podest stehen und die Nationalhymne hören.
Setzt Sie die Heim-WM mehr unter Druck als eine WM im Ausland?
Mich persönlich nicht. Ich habe ja meine eigenen Ziele. Das brauche ich und lass ich mir von außen keinen zusätzlichen Druck machen. Aber natürlich wird bei einer Heim-WM mehr auf uns Deutsche geschaut.
Im vergangenen Jahr haben Sie bei der WM in Khanty Mansiysk fünf Medaillen gewonnen. Können Sie dieses Ergebnis überhaupt noch toppen?
Nach fünf kommt sechs. Spaß beiseite. Aber mein Ziel ist schon, dass ich bei jedem Rennen zumindest um die Medaillen mitkämpfen kann. Ob es dann wirklich immer klappt, muss man abwarten. Wie gesagt: Einmal Gold - alles andere ist dann Zugabe.
In einem Ihrer letzten Interviews sprachen Sie über ein baldiges zeitnahes Ende Ihrer Karriere. Was ist dran an der Aussage?
Ich habe schon immer gesagt, dass ich mir nicht vorstellen kann, mit 30 Jahren noch Biathlon zu machen. Dazu bin ich – im Gegensatz zu anderen, die teilweise erst viel später einsteigen - schon viel zu lange dabei. Und ich habe schon vor einiger Zeit gesagt, dass ich von Jahr zu Jahr plane. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach Ihrer aktiven Karriere?
Sagen wir mal so: Ich habe ein paar Ideen. Aber damit beschäftige ich mich, wenn es soweit ist.
Sie absolvierten jüngst einen Gastauftritt in der deutschen Telenovela "Sturm der Liebe". Wie kam es zu diesem Engagement?
Eine Freundin hat mir das sozusagen eingebrockt. Die hat bei der ARD nachgefragt, ob ich da mal mitspielen könnte. Wir haben das immer zusammen auf dem Zimmer angeschaut. Und plötzlich war ich selbst mittendrin.
Hat Ihnen die Schauspielerei Spaß gemacht?
Viel mehr als ich gedacht habe. Das Team und die Schauspieler waren alle unglaublich nett. Und der Blick hinter die Kulissen war für mich schon auch etwas ganz Besonderes.
Als wie groß würden Sie selbst Ihr schauspielerisches Talent bezeichnen?
Oje. Ich musste ja glücklicherweise nur mich selbst spielen. Das ging ganz gut. Aber eine große Schauspielerin werde ich wohl nicht mehr.
Wäre die Schauspielerei eventuell eine Beschäftigung nach der Biathlon-Karriere?
Vielleicht ergibt sich ja mal wieder die Gelegenheit. Aber ich plane das zumindest nicht.
Im letzten Jahr hat Ihnen Uli Hoeneß ein Jobangebot beim FC Bayern in der Marketingabteilung unterbreitet. Hat er sich wieder bei Ihnen gemeldet?
Nein. Das wurde auch alles viel zu hochgespielt. Aber ich hatte damals ein sehr nettes Gespräch mit ihm.
Während Ihrer Reisen stricken Sie viel. Konnten Sie Ihre Kolleginnen denn bereits mit dem "Strick-Virus" infizieren?
Da musste ich nicht mehr viel infizieren. Die sind schon alle im Strickfieber.
Wer darf sich denn dieses Jahr über selbstgestrickte Geschenke zu Weihnachten freuen?
Das verrate ich natürlich nicht. Aber ich habe mir schon eine Liste gemacht, die ich zur Zeit abarbeite.
trax.de: Die besten Interviews mit den Sport-Stars