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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Erstrunden-Blamage für Kerber Das deutsche Damen-Tennis liegt am Boden
Herbe Enttäuschung für die deutschen Damen in Melbourne. Den DTB-Frauen droht bei den Australian Open ein historisches Debakel.
Schlechter hätte der Start für die deutschen Damen bei den Australian Open nicht laufen können. Laura Siegemund, Angelique Kerber und Andrea Petkovic mussten sich schon in der ersten Runde des Grand Slams Down Under geschlagen geben.
Während das Aus von Siegemund (1:6, 1:6 gegen Serena Williams) sowie von Andrea Petkovic (3:6, 6:3, 4:6 gegen die an Nummer 27 gesetzte Tunesierin Ons Jabeur) abzusehen war, enttäuschte das frühe Aus Kerbers – und dabei insbesondere die Art und Weise.
Kerber: "Nicht mein Tag"
Mit 0:6 und 4:6 wurde die einstige Nummer eins der Welt von der US-Amerikanerin Bernarda Pera abserviert. Es war Kerbers zweites Erstrundenaus bei einem Grand Slam in Folge.
"Es war nicht mein Tag", sagte Kerber nach dem Match. Auch die Umstände ihrer Vorbereitung mit strikter 14-tägiger Quarantäne ohne Trainingsmöglichkeiten hätten zu dem enttäuschenden Abschneiden beigetragen: "Ich suche nie Ausreden. Aber hier glaube ich, dass es der Grund war, weshalb ich im ersten Satz immer zu spät am Ball war."
Das deutsche Damen-Tennis steckt in der Krise
Sicherlich mussten die Athletinnen mit erschwerten Bedingungen vor Turnierstart kämpfen. Kerber verbrachte, wie viele andere Spielerinnen auch, zwei Wochen in ihrem Hotelzimmer, konnte kaum trainieren.
Doch noch beim Vorbereitungsturnier vergangene Woche kämpfte sie sich ins Viertelfinale, konnte sich also an die Bedingungen vor Ort gewöhnen und Matchpraxis sammeln. Der Start gegen Pera kam allerdings einem Desaster gleich, das gleichzeitig ein Warnschuss für das deutsche Damen-Tennis sein sollte. Denn das Debakel von Melbourne könnte schon bald mehr zur Routine als zur Ausnahme werden.
Drei der lediglich vier qualifizierten deutschen Damen sind bereits ausgeschieden. Sollte Mona Barthel am Dienstag gegen die Italienerin Elisabetta Cocciaretto ebenfalls ausscheiden, stünde keine Deutsche in der zweiten Runde. Ein derart schlechtes Ergebnis bei einem Grand Slam gab es zuletzt in Wimbledon 2004, bei den Australian Open schaffte es letztmals 1977 (!) keine Deutsche in die 2. Runde.
Doch die schlechten Resultate könnten schon bald bittere Gewohnheit werden. Kerber ist bereits 33, sprach kürzlich über ein mögliches Karriereende. Auch Andrea Petkovic (ebenfalls 33) dachte schon an einen Rückzug, versucht sich bereits auf anderen Betätigungsfeldern. Die 32-jährige Laura Siegemund ist talentiert, schaffte es aber bislang nicht, in die vorderste Tennis-Riege vorzudringen.
Wenig Hoffnung auf Besserung
Umso schwerer wiegt das Karriereende von Julia Görges. Mit ihr beendete bereits die erste jener der Ü-30-Spielerinnen ihre Karriere. Görges hatte in den vergangenen Jahren immer wieder für Lichtblicke gesorgt. Unter anderem mit dem Erreichen des Halbfinales in Wimbledon 2018.
Doch aktuell liegt das deutsche Damen-Tennis am Boden – und es gibt wenig Hoffnung, dass sich das bald ändert.
Mit Anna-Lena Friedsam (27, Platz 111), Tamara Korpatsch (26, Platz 128) und Antonia Lottner (24, Platz 180) befinden sich drei Spielerinnen zwischen den besten 100 bis 200 der Welt. Der große Sprung nach oben ist aber keiner dieser drei Spielerinnen zuzutrauen.
Auf die einst goldene Generation um Kerber und Co. droht eine verlorene zu folgen. Die Hoffnungen ruhen auf der 19-jährigen Alexandra Vecic, die im Frühjahr bei den Australian Open 2020 das Halbfinale im Juniorinnen-Einzel erreicht hatte.
Selbst DTB-Chefin Barbara Rittner sprach bereits im Jahr 2019 von einem "beängstigenden Gesamtbild", das nun, knapp zwei Jahre später, brachial zum Vorschein tritt.
Einzig Mona Barthel hat nun die Chance, das schlechteste Gesamtergebnis der Damen bei den Australian Open seit 44 Jahren zu verhindern. Sollte es ihr misslingen, es wäre keine Überraschung.