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DFB-Team: Florian Wirtz und Jamal Musiala als Hoffnungsträger? Aufpassen!


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Risiko für DFB-Talente
Aufpassen, sonst wird es gefährlich


Aktualisiert am 07.10.2021Lesedauer: 6 Min.
Jamal Musiala (l.) und Florian Wirtz: Die zwei 18-Jährigen rücken immer mehr in den Fokus beim DFB.Vergrößern des Bildes
Jamal Musiala (l.) und Florian Wirtz: Die zwei 18-Jährigen rücken immer mehr in den Fokus beim DFB. (Quelle: Chai v.d. Laage/imago-images-bilder)

Der Umbruch beim DFB ist eingeleitet, neue Gesichter rücken in den Vordergrund. Zwei Teenager begeistern und werden zu Hoffnungsträgern auserkoren. Die Alarmsignale werden lauter.

Seit Mittwoch läuft in der Slowakei das Vier-Nationen-Turnier. Die U19-Nationalmannschaften des Gastgebers, der Niederlande, von Portugal und Deutschland duellieren sich eine Woche lang. Bundestrainer Hannes Wolf hätte dafür liebend gerne auf Jamal Musiala und Florian Wirtz zurückgegriffen. Beide sind Jahrgang 2003 und damit prädestiniert für sein Team.

Doch sowohl Wirtz als auch Musiala sind nicht in der Slowakei, sie sind am Freitag in Hamburg. Denn sie gehören inzwischen fest zum Bestandteil der "neuen" A-Nationalmannschaft und treffen in der WM-Qualifikation im Volksparkstadion auf Rumänien (ab 20.45 Uhr im t-online-Liveticker).

Die träge, satte Gruppe, die zuletzt bei den großen Turnieren enttäuschte, ist mehr oder weniger abgelöst. Die jungen, dynamischen Spieler sollen die deutsche Auswahl in der Zukunft prägen. Dazu zählen auch Wirtz und Musiala.

Die beiden 18-Jährigen wurden erneut von Hansi Flick nominiert. Schon im September berief der Bundestrainer das Duo in seinen Kader. Fans und Experten sind bereits seit geraumer Zeit von den Talenten begeistert. Musiala, der mit seinen Dribblings jeden Gegner schwindlig spielt, war schon bei der EM einer der wenigen Lichtblicke im DFB-Team. Wirtz, der Tempo, Ballgefühl und Torabschluss nahezu perfekt kombiniert, war ein Schlüsselspieler bei der U21-Europameisterschaft im Sommer.

Dazu zählen beide zum Kern ihrer Klubmannschaften. Musiala ist beim FC Bayern bereits jetzt so hoch angesehen, dass er beim Topspiel in Barcelona (3:0) in der Startelf stand und beim Bundesliga-Spitzenspiel in Leipzig (4:1) zum Matchwinner wurde. Wirtz ist in Leverkusen gesetzt, hat in der laufenden Saison in sieben Pflichtspielen sechs Treffer erzielt und vier weitere vorbereitet.

Auch ihre sympathische Ausstrahlung trägt dazu bei. Musiala wird von Teamkollegen aufgrund seiner dünnen, langen Beine auch "Bambi" genannt und läuft bei jedem zweiten TV-Interview nach einem Spiel vor Nervosität rot an. Wirtz' Haarschnitt wurde im Internet zur "Lego-Frisur" getauft.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Jungstars als Gesichter der neuen Nationalmannschaft gelten. Genau an diesem Punkt schrillen jedoch die Alarmglocken.

Noch haben Musiala und Wirtz Welpenschutz

Denn auch wenn Musiala und Wirtz herausragende Spieler sind, sind sie erst 18 Jahre alt. Sie sind keine gestandenen Profis, die das mitunter belastende Fußballgeschäft in- und auswendig kennen, mit jeder Form von Druck umgehen können und die Schattenseiten ihres Berufs bereits zu spüren bekommen haben. Gleiches gilt für den erst 19 Jahre alten Karim Adeyemi, der ebenfalls zum DFB-Kader zählt und schon jetzt mit Topklubs wie Liverpool in Verbindung gebracht wird. Sein "Vorteil" gegenüber Wirtz und Musiala ist, dass er nicht in der deutschen Bundesliga spielt, sondern in der österreichischen. Das Scheinwerferlicht auf ihn ist (noch) kleiner, aber trotzdem herausfordernd.

Wirtz und Musiala hingegen stehen in der ersten Reihe, werden von der Öffentlichkeit gefeiert, gelobt, als Superstars der Zukunft auserkoren. Wenn sie mal nicht so auffällig spielen, dann haben sie Welpenschutz. Doch das kann sich ändern, wenn sie über mehrere Wochen nicht glänzen.

Dabei gehören Schwächephasen zu jeder Karriere – wochenlange Formkrisen, vergebene Großchancen oder Plätze auf der Bank. Gerade bei jungen Spielern kann Konstanz über Monate nicht erwartet werden. Daher sollten Medien, Fans und Experten sorgsam mit den Menschen umgehen. Das heißt nicht, dass es kein Lob und keine Kritik mehr geben sollte. Ganz im Gegenteil, gute Leistungen gehören auch als solche beschrieben. Bei Einzelkritiken sollten Wirtz und Musiala weiterhin die Bestnote bekommen können. Genauso, wie sie auch mal eine schlechtere Bewertung hinnehmen müssen, wenn die Leistung nicht so gut war.

Die entscheidenden Faktoren sind andere: Maßstab und Geduld. Denn es gibt auch einige Faktoren, die sie nicht beeinflussen können. Der ehemalige Fußballmanager Reiner Calmund kennt den Umgang mit jungen Spielern aus seiner Zeit in Leverkusen gut. Er sagt t-online: "Elternhaus und Umfeld sind neben Talent und Einstellung die wichtigsten Faktoren. Dazu kommt natürlich Glück. Bleibt man verletzungsfrei? Ist der Weg, den man sich überlegt hat, wirklich der richtige?"

Calmund weiter: "Natürlich habe ich einige Talente erlebt, bei denen es letztlich nicht geklappt hat mit der großen Karriere. Oftmals hat das mit dem Elternhaus zu tun. Wenn sich die Rädchen nicht richtig drehen, bekommst du das nicht nachjustiert. Hier entscheidet sich, wie ein Spieler mit dem Hype umgeht und ob er sich auf das Wesentliche fokussiert."

Auch Ronaldo spielt Fehlpässe

Ein solcher Hype, wie Calmund ihn anspricht, kann heutzutage schnell entstehen. Die Sozialen Medien leisten dabei einen großen Anteil. Mit dem näher rückenden Ende der Ära Messi/Ronaldo werden die Rufe nach neuen Messis und Ronaldos lauter. Es werden Spieler gefordert, die alles überstrahlen und die Konkurrenz in den Schatten stellen. Die Folge: Bei Topleistungen junger Spieler werden schnell die Rufe laut, dass hier der kommende Weltfußballer zu sehen sei.

Eine Bürde, die kein Teenager tragen sollte und auch nicht tragen kann. Wer jeden Tag über sich lesen muss, dass er der "neue Messi" sei, kann das nicht auf Dauer ignorieren. Bei einem Fehlschuss, einem schlechten Pass oder einer schlechten Leistung hagelt es Kritik. Jüngste Beispiele: Kylian Mbappé, Marcus Rashford und Bukayo Saka, die nach verschossenen Elfmetern bei der EM im Internet Hassnachrichten erhielten, beleidigt und teilweise sogar von TV-Experten scharf angegangen wurden.

Das auszublenden, ist schwer. Die Selbstzweifel werden lauter, obwohl sie das gar nicht müssten. Denn all das ist natürlich. Auch ein Lionel Messi verschießt Elfmeter, auch ein Cristiano Ronaldo spielt Fehlpässe und auch ein Kevin de Bruyne verstolpert Bälle.

Entwicklung braucht Zeit. Nicht nur der Spieler muss sich über mögliche Formschwächen im Klaren sein, auch die Öffentlichkeit darf das nicht ignorieren. Es geht nicht um das Erwähnen enttäuschender Leistungen, es geht um vorschnelle Urteile vom "Scheitern" und "Versagen". Zwei torlose Monate bedeuten keine "abgestürzte Karriere". Wer das anders sieht, darf gerne den frisch gebackenen Europameister Ciro Immobile fragen, der vor sieben Jahren in Dortmund nur drei Bundesliga-Tore schoss und sich daraufhin einiges anhören musste.

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Ein altbekanntes Beispiel

Wie überhöhte Erwartungen und Druck auf die Laufbahn eines Spielers einwirken können, zeigt das Beispiel Mario Götze. Der auch heute noch begnadete Fußballer wechselte 2013 für viel Geld von Borussia Dortmund zum FC Bayern, galt als werdender Superstar, schoss in Brasilien das Siegtor im WM-Finale gegen Argentinien und bekam Sonderlob von Startrainer Pep Guardiola ("Mario ist einer der besten Spieler, den ich in meiner Karriere getroffen habe").

Doch Götze tat sich schwer, kam an das erwartete Leistungsniveau nicht mehr heran. Dabei hatte man wenige Jahre zuvor beim jungen Götze unter Jürgen Klopp das Gefühl, keine Bühne sei zu groß für ihn, keine Drucksituation nicht zu bewältigen. Ein Trugschluss. Der Satz von Jogi Löw im WM-Finale ("Zeig der Welt, dass du besser bist als Messi") fiel beiden auf die Füße, sodass Löw einige Jahre später bei Sky sagte: "Ich habe den Fehler gemacht, dass ich den Satz danach öffentlich gemacht habe. Das hat Mario die nächsten Monate nicht unbedingt geholfen, daran ist er im Nachhinein immer gemessen worden. Wenn ein Spieler in solch jungen Jahren das entscheidende Tor im Finale schießt, kann das später eine Belastung werden."

So bekam die Laufbahn einige Dellen, auch wenn Reiner Calmund betont: "Die Karriere von Mario Götze ist doch absolut in Ordnung. Er hat das Siegtor im WM-Finale geschossen – mehr geht nicht. Er hatte sicherlich Probleme, gesundheitliche Rück- und insgesamt einige Nackenschläge. Aber er spielt nun in Eindhoven und ist glücklich und zufrieden." Der 72-Jährige hat einen Punkt. Götze hat viele Erfolge gefeiert, schon über zehn Titel gewonnen. Seine Karriere ist nicht "gescheitert", sie ist aber nicht so verlaufen, wie viele es vorausgesehen haben. Die Verantwortung dafür liegt nicht nur bei ihm selbst, sondern auch bei anderen. Letztere sind nun gefordert.

Denn Götzes Unbeschwertheit im Jugendalter war die gleiche wie die von Musiala, Wirtz oder auch Adeyemi. Auch sein bübisches Grinsen sammelte viele Sympathien. Auch seine Dribblings und Tore begeisterten. Und deswegen sollten Vereine, DFB und auch die Öffentlichkeit gewarnt sein. Der Umgang mit den neuen Jungstars in der Nationalmannschaft kann über deren Zukunft entscheiden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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