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Fredi Bobic: "Wir wollen Bayern auf die Nerven gehen"


Fredi Bobic im Interview
"Wir wollen Bayern auf die Nerven gehen"

Von t-online
09.03.2017Lesedauer: 6 Min.
Fredi Bobic hat in seiner kurzen Amtszeit in Frankfurt schon viel bewegt.Vergrößern des Bildes
Fredi Bobic hat in seiner kurzen Amtszeit in Frankfurt schon viel bewegt. (Quelle: Stefan Bösl/imago-images-bilder)

Vom Fast-Absteiger zum Europacup-Anwärter: Eintracht Frankfurt hat innerhalb weniger Monate einen steilen Aufstieg hingelegt. Eng verknüpft ist diese Entwicklung mit Fredi Bobic. Der 45-Jährige kam im Juni als Sportvorstand zur SGE und schuf nicht zuletzt mit klugen Transferentscheidungen die Basis für eine sorgenfreie Bundesliga-Saison der Hessen.

Derzeit erlebt Bobic die erste Krisenphase mit der Eintracht. In der Liga setzte es zuletzt vier Niederlagen in Serie - und am Samstag steht das Auswärtsspiel bei Spitzenreiter Bayern München an (ab 15.15 Uhr im Live-Ticker bei t-online.de).

Im Interview mit t-online.de verrät Bobic, wie "Häuptling" Kovac und sein Team den Rekordmeister ärgern wollen, und spricht über die Erwartungshaltung in der Mainmetropole, die Zukunft von Leihspielern wie Jesús Vallejo und warum Romantik bei der Kaderplanung fehl am Platz ist.

t-online.de: Am Dienstag fand ein Testspiel gegen Fünftligist SC Hessen Dreieich statt. Die Eintracht verlor 1:2. Im Mittelpunkt standen aber andere Aspekte, wie etwa das Startelf-Comeback des lange verletzten Marc Stendera.
Fredi Bobic: Das war ein hervorragender Test für Marc. Es war sein erstes Spiel unter Wettkampfbedingungen und es ist wichtig, dass er gesund vom Platz ging und sich wohlfühlte. Aber es ist sicher noch ein weiter Weg für ihn. Früher oder später sehen wir ihn wieder in der Bundesliga – ob das noch diese Saison sein wird, kann ich nicht sagen. Aber auch für Marco Russ war es ein guter Test. Er hat sogar 90 Minuten durchgespielt.

Die Niederlage im Testspiel ist zweitrangig, aber sie reiht sich ein in die Serie aus vier Liga-Pleiten nacheinander. Das gab's zuletzt im Dezember 2015. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?
Natürlich gefallen uns die Niederlagen nicht. Aber wir haben 35 Punkte und sind immer noch Tabellensechster. Das ist eine sehr komfortable Situation. Das hätten wir im Juli sofort unterschrieben. Aktuell sind wir ein bisschen aus dem Tritt gekommen, weil wir zu viele Spieler, ob krank, verletzt oder gesperrt, ersetzen müssen. Dadurch müssen wir vor allem in der defensiven Kette immer wieder wechseln. Das verkraften wir nicht so gut wie die Top-Teams. Wir hoffen, dass die meisten Spieler nach der Länderspielpause wieder zur Verfügung stehen. Dann kommt das letzte Drittel der Saison, das mit Abstand wichtigste.

Trotz der aktuellen Serie steht die Eintracht toll da. 35 Punkte nach 19 Spielen, das ist so gut wie noch nie in Zeiten der Drei-Punkte-Regel. Hat sich dadurch die Erwartungshaltung verändert?
Bei uns nicht mal ansatzweise, weil wir wissen, woher wir kommen und wieviel Arbeit wir investiert haben. Wir fangen nicht an zu träumen. Und ähnliches nehme ich auch aus dem Umfeld wahr. Nach dem 1:2 gegen Freiburg applaudierten die Fans der Mannschaft, weil sie gesehen haben, dass die Spieler alles gegeben hatten. Unsere Anhänger haben ein gutes Feingefühl dafür, dass wir sehr stark an den Grenzen spielen. Anderes liest man womöglich in den Medien, aber das ist für uns nicht entscheidend.

Samstag geht's zum FC Bayern. Vor drei Wochen haben Sie gesagt, dass niemand mehr auf die Knie gehe wie zu Guardiola-Zeiten. Seitdem gewannen die Münchner 8:0 gegen den HSV, 3:0 gegen Schalke und 5:1 bei Arsenal. Geht man jetzt doch wieder in die Knie?
Ich finde nicht. In die Knie zu gehen macht keinen Sinn. Ich hatte das bewusst gesagt. Fakt ist: Die Bayern werden Deutscher Meister. Aber Fakt ist auch: In einem Spiel sind sie zu schlagen. Wir werden nach München fahren und nicht die Punkte hinschicken. Die Jungs gehen auf den Platz, um etwas mitzunehmen.

Im Hinspiel spielte die Eintracht trotz Unterzahl 2:2. Was muss passieren, damit die Mannschaft die Bayern erneut ärgern kann?
Da muss viel passen. Wir müssen eine Top-Leistung bringen, die Bayern müssen einen schlechteren Tag haben und wir brauchen das Momentum im Spiel. Wenn du eine Chance hast, musst du die machen, und hinten musst du gut stehen und ihnen auf die Nerven gehen, damit sie keine Lust haben, Fußball zu spielen.

Auf die Nerven gehen heißt sicher auch, physisch dagegenzuhalten. Nun haftet der Eintracht der Ruf einer überharten Spielweise an. Empfinden Sie das als Malus?
Das ist ein schönes Medienthema. Wir spielen nicht weicher oder härter als andere Mannschaften. Okay, wir haben die meisten Roten Karten, das ist eben so. Es waren zwei, drei Rote Karten dabei, die absolut berechtigt waren. Aber genauso gab es auch zwei, drei Rote Karten, über die man hätte diskutieren können.

Anders als in der Fairplay-Wertung steht die Eintracht in der Liga gut da. Von der Relegation in die obere Tabellenregion. Wie stolz sind Sie auf das Erreichte?
Wir sind alle sehr stolz. Das Team, und dazu zähle ich alle Entscheidungsträger, hat bis jetzt einen absolut tollen Job gemacht. Unsere Entwicklung ist am Beginn. Ich hoffe, in zwei Jahren können wir sagen, dass wir hier alles auf stabile Füße gebracht haben.

Sie sind auch angetreten, intern Umstrukturierungen vorzunehmen. Wie weit sind Sie da?
Wir haben sehr viele Sachen rund ums Team verändert. Wir haben uns zunehmend professionalisiert, etwa die Wissenschaft im Sportbereich mit reingenommen. Wir wollen uns für die Zukunft aufstellen: Wie können wir die Trainingssteuerung optimieren? Wie können wir das Scouting noch tiefgründiger und schneller machen? Welche digitalen Tools machen Sinn?

Zum Beispiel?
(schmunzelt) Das sind Betriebsgeheimnisse.

Welche Rolle spielt Trainer Niko Kovac beim Aufwärtstrend?
Er ist der Häuptling, der vorangehen muss. Er hält das Mosaik aus Spielern und Funktionsteam in der täglichen Arbeit in Bewegung. Er erreicht die heutige Spielergeneration und kann ihre Sorgen gut einschätzen. Neue wissenschaftliche Methoden kann er für die jungen Burschen gut nutzen.

Ein wichtiger Baustein in Kovacs Team ist Torwart Lukas Hradecky. Wo würden Sie ihn in der illustren Riege der Bundesliga-Keeper einordnen?

Ich sehe ihn in der Liga als Top-5-Torhüter. Das hat er sich erarbeitet, bei uns ist er Führungsspieler und nicht mehr wegzudenken.

Sein Vertrag läuft bis 2018. Der Trainer sprach sich jüngst bereits für eine vorzeitige Verlängerung aus. Wie sieht's da aus? So ein Publikumsliebling darf ja eigentlich nicht weg.
Wir haben darüber gesprochen und werden weitere Gespräche führen. Wenn es soweit ist, werden wir das bekannt geben. Aber: Im Fußball ist alles möglich, darum kann ich keine Garantien geben. Ich kann auch mit dieser Romantik nichts anfangen. Spieler kommen, Spieler gehen. Vereine bleiben aber immer. Die Fluktuation in einer Mannschaft wird immer höher werden. Bei Lukas' Vorgänger Kevin Trapp konnte man sich auch nicht vorstellen, dass er mal geht.

Bei der Kaderplanung sind die vielen Leihspieler ein entscheidender Punkt. Wie wichtig ist es beispielsweise, um einen Spieler wie Jesús Vallejo von Real Madrid zu halten, das internationale Geschäft zu erreichen?
Unser Ziel ist es nicht, das internationale Geschäft zu erreichen. Davon abgesehen ist Vallejo ein hervorragender Profi, gerade für sein Alter, der mal eine große Rolle bei Real Madrid spielen wird. Ob das im nächsten oder übernächsten Jahr ist, wird man sehen. Die Hektik hierbei kommt allein von den Medien rein. Das zeigt aber ja auch, dass wir den richtigen Spieler geholt haben.

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Werden Leihspieler auch für die kommende Saison eine Lösung sein?
Wir konnten im letzten Sommer nur zweieinhalb Millionen investieren. Da mussten wir Phantasie zeigen, um eine leistungsfähige Mannschaft für die Saison auf den Platz zu stellen. Und es kann auch in diesem Sommer sein, dass wir wieder auf das eine oder andere Leihmodell eingehen. Vielleicht aber auch nicht, wenn wir Spieler zu einem vernünftigen Preis verpflichten können.

Birgt denn ein neuerliches Setzen auf Leihgeschäfte, wodurch der Kader umgebaut wird, nicht auch Gefahr?
Wir spielen hier nun mal nicht das Kicker-Managerspiel und kaufen mit virtuellem Geld. Wir haben Handschellen, und zwar die wirtschaftliche Substanz. Ich sehe aber auch keine Gefahr. Dass es bei den Teams große Wechsel im Personal gibt, ist heutzutage Normalität. Es wird noch mehr Geld in den Markt kommen, dadurch wird es noch mehr Wechsel geben. Das ist Fußball heute. Da gibt es weniger Stories wie bei Alex Meier, der gefühlt das ganze Leben hier gespielt hat.

Derzeit sorgt 1860 München mit seinem Umgang mit den Medien für Aufsehen. Zuletzt mahnte die DFL den TSV zu "professionellem Miteinander". Wie bewerten Sie die Beziehung zwischen den Bundesliga-Klubs und den Medien ganz allgemein?
Wir bei der Eintracht pflegen eine professionelle Zusammenarbeit mit den Medien und umgekehrt gilt das Gleiche. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber das Miteinander funktioniert ohne Probleme. Medienvertreter haben das Recht, und ich finde das gut, Dinge zu hinterfragen und ihre – hoffentlich objektiven – Meinungen zu veröffentlichen. Für eine Bewertung der speziellen Vorfälle in München fehlen mir die tieferen Einblicke.

Das Interview führte Maximilian Miguletz

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