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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Blockaden in Nürnberg Klimaprotest trotz Verfügung – was droht den Aktivisten?
Die "Letzte Generation" legt den Verkehr lahm. Dabei hatte sich die Stadt Nürnberg erst gewappnet, um Blockaden zu verhindern. Welche Strafen drohten den Aktivisten?
Menschen, die auf der Straße sitzen, um den Verkehr zu blockieren. Schaulustige am Straßenrand, zwischendurch wütende Autofahrer und ein Großaufgebot von Polizeikräften. Zu solchen Szenen ist es am Donnerstag in Nürnberg und Fürth gleich mehrfach gekommen. Die Klimaaktivisten setzten sich in Nürnberg vor dem Hauptbahnhof mit Bannern auf die Straße. Auch in Fürth wurde der Verkehr zeitweise lahmgelegt.
Um genau das zu verhindern, hatte die Stadt Nürnberg erst im Juli eine Allgemeinverfügung erlassen, die Versammlungen im Stadtgebiet untersagt – wenn sie nicht vorher angemeldet wurden. All das beeindruckte die Aktivisten offenbar wenig. Was also bringt die Allgemeinverfügung?
Verkehr in Nürnberg lahmgelegt – so reagiert die Stadt
"Der Stadt Nürnberg und der Polizei war und ist bewusst, dass gerade bei diesem Adressatenkreis nicht damit zu rechnen ist, dass die Allgemeinverfügung befolgt wird", sagt Olaf Kuch vom Direktorium Bürgerservice, Digitales und Recht, das für das Ordnungsamt als Versammlungsbehörde zuständig ist. Sie biete den Behörden aber einen konkreten Handlungsrahmen und verbessere die Möglichkeiten, Verstöße zu verfolgen. "Dies hat sich in der Praxis als sehr hilfreich erwiesen", sagt Kuch.
Eine Allgemeinverfügung mache dann Sinn, wenn ausreichend Hinweise vorhanden seien, dass es zum wiederholten Male zu rechtswidrigen Versammlungen komme, erklärt der Behördenvertreter weiter. Auch ohne eine Allgemeinverfügung ist es nicht erlaubt, sich auf einer Straße festzukleben. Die Verordnung sieht bei einem Verstoß aber eine Geldbuße von bis zu 3.000 Euro und im schlimmsten Fall sogar eine Freiheitsstraße von bis zu einem Jahr vor.
Verordnung wurde bis Ende August verlängert
Die zunächst bis Ende Juli geltende Regelung wurde wegen der angekündigten Protestwelle mit Fokus auf Bayern bis Ende August von der Stadt verlängert. Es gelte das Gebot der Verhältnismäßigkeit, betont Olaf Kuch von der Stadt Nürnberg. Letztes Mittel sei eine zwangsweise Auflösung – denn die gehe mit einer Räumung oder gar einem "Polizeikessel" einher. Und das gelte es laut Kuch zu vermeiden, da gerade bei solchen Protesten oft auch Kinder anwesend seien.
- Geduld gefragt: Aktivisten legen Verkehr vor dem Hauptbahnhof lahm
Dass die Proteste nicht vorher angemeldet werden, gehört bei diesen Klimaprotesten jedoch als Überraschungseffekt zum Grundrezept. Und auch, dass sich ausdrücklich niemand als Ansprechpartner zur Verfügung stelle, erklärt der Stadtvertreter.
Was müssen Klimaaktivisten in Nürnberg befürchten?
Was also kommt auf die Klimaaktivisten hinzu, die sich am 14. Juli an verschiedenen Stellen Nürnbergs festklebten – und damit also gegen die Allgemeinverfügung verstießen? Die Aktionen seien zuerst Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen, so der Leiter des Direktoriums. Schließlich handelte es sich um mögliche Straftaten, wie etwa Nötigung.
- Klimablockade: Autofahrer rast in Stauende
Eine zusätzliche Ahndung wegen der Allgemeinverfügung greife hier nicht: Da die Verordnung erst einen Tag zuvor veröffentlicht wurde. Deshalb sei die Möglichkeit der Kenntnisnahme zu kurz gewesen. Kuch ergänzt: "Nachdem Straftaten im Raum stehen, sind diese ohnehin gewichtiger auch in der Wirkung."
In Nürnberg waren es am Donnerstag mehr als 30 Klimaaktivisten, die sich mit Bannern vor dem Hauptbahnhof auf die Straße setzten und den Verkehr blockierten, bilanzierte ein Sprecher der Polizei. Die Teilnehmer seien vorerst in Gewahrsam gekommen, nach rund einer Stunde waren die Straßen wieder frei. Die Polizei stufte die Blockaden als Versammlungen ein und löste sie auf. Gegen die Teilnehmer wird wegen Nötigung und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ermittelt.
- Reporterin vor Ort
- Nachfrage bei Stadt Nürnberg
- Pressemitteilung der Letzten Generation
- Gespräch mit Polizeisprecher