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Ukraine: Donald Trump fällt auf die Nase – droht der US-Plan zu scheitern?


Scheitert sein Ukraine-Plan?
Trump droht ein böses Erwachen


19.02.2025Lesedauer: 6 Min.
Donald Trump: Der US-Präsident könnte mit seinem Ukraine-Plan scheitern.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Der US-Präsident könnte mit seinem Ukraine-Plan scheitern. (Quelle: reuters)
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Donald Trump erhöht den Druck auf die Ukraine und sorgt vor seinem Treffen mit Wladimir Putin in Saudi-Arabien für Panik in der Europäischen Union. Dabei könnte der Friedensplan des US-Präsidenten am Ende ins Leere laufen.

Es ist in Europa erneut ein Morgen mit einem Schock. US-Präsident Donald Trump hatte am Dienstagabend in den USA die ukrainische Führung faktisch für die russische Invasion verantwortlich gemacht. "Ihr hättet nie damit anfangen sollen", sagte Trump. Sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor kritisiert, nicht an Gesprächen über die Ukraine beteiligt worden zu sein. Trump sagte offensichtlich an Selenskyj gerichtet: "Heute habe ich gehört: 'Oh, wir wurden nicht eingeladen.' Nun, ihr seid seit drei Jahren dort (...) Ihr hättet nie damit anfangen sollen. Ihr hättet einen Deal machen können."

Erneut ein böses Erwachen für Europa, Lob für Trump kam lediglich aus Moskau.

Der Republikaner hält an seinem Plan fest: Er möchte Kremlchef Wladimir Putin noch im Februar treffen, den Ukraine-Krieg möglichst schnell beenden. Dafür drängt Trump aktuell deshalb Kiew, Zugeständnisse zu machen. Für Sicherheitsgarantien – also für Soldaten in der Ukraine – sollen die europäischen Nato-Staaten sorgen. Während die US-Regierung die Ukraine aufrüstet und dafür im Gegenzug kritische Rohstoffe wie Seltene Erden erhalten will, hat Trump auch für die Europäer eine Rolle vorgesehen: Sie sollen für den Wiederaufbau der Ukraine bezahlen.

Trumps Plan löst in der Ukraine und bei ihren europäischen Verbündeten Angst und Empörung aus. Außerdem wächst die Sorge in Europa, dass die Europäer am Katzentisch sitzen werden – während Trump und Putin über die Köpfe Kiews hinweg in Saudi-Arabien einen Frieden verhandeln. Aber ist das überhaupt realistisch? Hat die US-Initiative Aussicht auf Erfolg?

Klar ist jedenfalls: Trump hat Europa aufgerüttelt. Führende Mitglieder der Europäischen Union entwerfen nun eigene Pläne, debattieren über Sicherheitsgarantien der Ukraine. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der US-Präsident noch keinen genaueren Plan hat. Ferner ist das Momentum für einen langfristigen Frieden schlecht. Trump rennt aktuell in ein Debakel.

US-Plan löst Empörung aus

Es ist keine Überraschung, dass der US-Präsident vor allem die Interessen der Amerikaner im Blick hat. Denn der Ukraine-Krieg war für ihn schon immer ein europäisches Problem, und er wetterte gegen seinen Vorgänger Joe Biden, der in Trumps Augen zu viel Geld in der Unterstützung der Ukraine versenkte.

Das soll sich schnellstmöglich ändern, zumindest hat das der US-Präsident im Wahlkampf seinen Anhängern versprochen. Trump übt auch deswegen Druck auf die Ukraine aus. Er fordert von Kiew für die Unterstützung aus den USA 500 Milliarden US-Dollar, die die bisherigen und künftige Waffenlieferungen der Amerikaner kompensieren sollen.

Diese Forderung könnte die Ukraine in den Ruin treiben – und ist nebenbei auch völlig utopisch. Immerhin ist die ukrainische Wirtschaft durch den russischen Angriffskrieg in einem desolaten Zustand.

Nun lässt sich durchaus die berechtigte Frage stellen, warum Trump das westliche Bündnis und die Ukraine mit derartigen Vorschlägen schockiert, obwohl er es besser wissen müsste?

Einerseits ist unklar, ob sich der US-Präsident für politischen Realismus interessiert. Andererseits möchte er die USA in Verhandlungen zwischen Putin und Selenskyj als Vermittler positionieren. Deswegen rückt er mit seinen Äußerungen ein Stück weit von der amerikanischen Unterstützung für die Ukraine ab.

Schließlich soll ihn Putin als neutralen Vermittler akzeptieren – was mit Biden oder der ehemaligen Vizepräsidentin Kamala Harris im Weißen Haus wahrscheinlich nicht funktioniert hätte.

Russland spielt Zeit in die Karten

Die Akzeptanz der USA durch den Kreml für Gespräche ist sicherlich aus Perspektive der US-Regierung ein Erfolg des Präsidenten. Kremlchef Putin bezeichnete das Treffen von Regierungsvertretern Moskaus und Washingtons in Saudi-Arabien als "ersten Schritt" einer möglichen Wiederannäherung an die USA.

Russland müsse aber noch mehr Vertrauen zu den USA aufbauen, um ein Ende des Ukraine-Konflikts zu erreichen, betonte der Kremlchef. "Es ist unmöglich, viele Probleme zu lösen, einschließlich der Ukraine-Krise, ohne das Vertrauen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten zu stärken", so Putin. Es sind Äußerungen des russischen Präsidenten, bei denen eigentlich im kollektiven Westen die Alarmglocken schrillen sollten.

Denn Putin spielt auf Zeit. Er sieht sich aktuell weiterhin im Ukraine-Krieg in der Offensive und scheint noch immer daran zu glauben, seine Kriegsziele militärisch erreichen zu können. Zwar geht es für die russische Wirtschaft aktuell massiv bergab. Nicht zuletzt durch die westlichen Sanktionen steigt die Inflation in Russland an.

Aber die wirtschaftliche Schwäche ist aktuell eben nicht so eklatant, dass sie kurzfristig zu einem Kollaps der russischen Fähigkeit führen könnte, diesen Krieg weiterzuführen. Warum sollte Putin also verhandeln?

Gegenwärtig ist viel wahrscheinlicher, dass der Kremlchef Trumps Planlosigkeit für seine eigenen Zwecke ausnutzen wird. Er trifft Trump in Saudi-Arabien, lässt sich von ihm etwas aus der internationalen Isolation helfen, in der Russland seit Beginn des Krieges zumindest teilweise steckt. In dem Szenario würde der US-Präsident am Ende mit leeren Händen dastehen, Putin würde Verhandlungen verschleppen und parallel seine Offensive in der Ukraine fortsetzen.

Uneinigkeit zwischen Trump und Selenskyj

Die Ukraine hat dieses Risiko erkannt – und schon jetzt liegen die Nerven blank. Selenskyj warf der US-Regierung vor, durch ihr Vorgehen über die Köpfe der Europäer und Ukrainer hinweg Putin aus der Isolation befreit zu haben. "All das hat keine positiven Auswirkungen auf die Ukraine."

Die Ukraine wird weiterhin von der russischen Armee angegriffen, und gleichzeitig muss sich Kiew mit Trump herumschlagen, der der ukrainischen Führung vorwirft, durch das Ausbleiben von Wahlen undemokratisch zu sein. In der Ukraine setzt das geltende Kriegsrecht Wahlen während eines Krieges aus. Selenskyjs Befugnisse werden deshalb nicht angezweifelt. Es gibt auch eine breite Einigkeit im Land, nicht zu wählen, solange geschossen wird und die Teilnahme von Soldaten und Flüchtlingen im In- und Ausland schwierig wäre.

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Deshalb ist der Frust über die jüngsten Entwicklungen in Kiew zu spüren. Selenskyj verschob einen Besuch in Saudi-Arabien mit der Begründung, er wolle dort keine Zufallsbegegnungen. Er warf Trump vor, Opfer russischer Desinformation zu sein. Trump schrieb daraufhin im sozialen Netzwerk Truth Social: "Ein Diktator ohne Wahlen, Selenskyj sollte sich besser beeilen, oder er wird kein Land mehr haben." Der US-Präsident nennt also Selenskyj einen "Diktator", Putin dagegen nicht.

In der Tat fällt Trump damit bereits auf ein Narrativ Putins herein. Der Kreml soll wiederholt versucht haben, Selenskyj zu töten – er ist das Gesicht des ukrainischen Widerstands. Wenn Trump ihm nun seine demokratische Legitimation abspricht, schwächt das die ukrainische Position. Putin kann auch in dieser Frage die Korken knallen lassen.

Ukraine muss Trump-Befehlen nicht folgen

Doch ist es fraglich, ob dieser Plan aufgeht. Trump fällt mit seiner Strategie schon jetzt auf die Nase. Im gleichen Tempo, mit dem er sich Vertrauen zu Russland aufbaut, zertrümmert er die Verbundenheit zu den US-Verbündeten in der Ukraine und in der EU. Das mag dem US-Präsidenten auf den ersten Blick egal sein, aber für eine Friedenslösung braucht es einen Interessenausgleich. Sowie eine Grundlage für eine langfristige Sicherheit der Ukraine.

In dem Zusammenhang wird deutlich: Die Ukraine muss einem Diktatfrieden von Trump nicht folgen. Sie kann auch weiterkämpfen. Ohne die Unterstützung der USA wäre das wohl ein Himmelfahrtskommando.

Aber die Zustimmung zu einem schlechten Frieden wäre ungleich schlimmer. Dabei stehen insbesondere die Sicherheitsgarantien im Zentrum der Probleme: Trump möchte keine US-Soldaten schicken, die Europäer schaffen dies aktuell nicht ohne Unterstützung.

Wenn nicht langfristig die Sicherheit des Landes gewährleistet ist, könnte Putin in den kommenden zwei Jahren nach einem Waffenstillstand erneut angreifen. Bis dahin müsste Selenskyj die Grenzen öffnen, Wahlen abhalten. Die Folge: Solange die Ukraine nicht längerfristig sicher ist, würden weitere Ukrainer das Land verlassen. Das Land wäre bei einem weiteren russischen Angriff noch geschwächter. In dieser Lage würden zudem internationale Investitionen ausbleiben.

Massive Aufrüstung der Ukraine als mögliche Lösung

Das wäre für die Ukraine eine katastrophale Lage, während Putin einfach warten müsste, bis er noch mehr von der Ukraine einnehmen kann. Mit diesem Szenario vor Augen könnte Kiew auch weiterkämpfen und darauf hoffen, dass die Europäer doch noch ihre Entschlossenheit bei der Unterstützung der Ukraine finden. Immerhin hat der Wirtschaftsraum der EU ein Bruttoinlandsprodukt von 17,2 Billionen Euro, Russland hat dagegen nur 1,9 Billionen Euro.

Der US-Präsident wird in den USA oft als "Deal-Maker" gesehen, aber aktuell nutzt er außenpolitisch eher das Instrument der Erpressung – und eben das wird trotz der hegemonialen Macht der USA nicht funktionieren. Trump wird die Europäer und die Ukraine am Tisch brauchen, sonst gibt es keinen Deal.

Im Prinzip gibt es nur eine Möglichkeit für den Republikaner, in der Ukraine kurzfristig einen Frieden zu erreichen: Er müsste die ukrainische Armee massiv aufrüsten: Kampfflugzeuge, Raketen und Marschflugkörper mit hoher Reichweite sowie mehr Drohnen.

Das würde die Ukraine wieder in die Offensive bringen. Die USA hätten dann die militärischen Kapazitäten, um Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen. Doch ob Trump zu diesem Maß an Unterstützung bereit ist, ist fraglich. Aber genau deswegen droht er mit seiner aktuellen Initiative vor eine Wand zu laufen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
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