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Krieg in der Ukraine: Donald Trump ist gefährlich nah


Krieg in der Ukraine
Trump rudert zurück


08.01.2025 - 13:27 UhrLesedauer: 5 Min.
Donald Trump: Der künftige US-Präsident beeinflusst schon vor seiner Amtseinführung den Krieg in der Ukraine.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Der künftige US-Präsident beeinflusst schon vor seiner Amtseinführung den Krieg in der Ukraine. (Quelle: Cheney Orr/reuters)
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Im Ukrainekrieg nimmt die Intensität der Kämpfe im Jahr 2025 deutlich zu. Vor der beginnenden US-Präsidentschaft von Donald Trump versuchen Russland und die Ukraine, möglichst große Geländegewinne zu erzielen – mit Blick auf mögliche Verhandlungen.

Es ist ein wahrer Wintereinbruch. Seitdem am Montag ein Sturm über die Ostküste der USA zog, ist auch Washington, D.C., in Weiß gehüllt. Allein in der US-Hauptstadt fielen an dem Tag fast 20 Zentimeter Neuschnee. Auf den Straßen sind einige Menschen mit Langlaufskiern unterwegs, Räumtrupps schaufeln den Schnee von den Stufen des US-Kapitols. Auf den winterlichen Bildern aus Washington deutet nur wenig darauf hin, dass in weniger als zwei Wochen Donald Trump vor dem Kapitol erneut in das Amt des US-Präsidenten eingeführt wird.

Dabei ist der Beginn von Trumps Präsidentschaft vergleichbar mit einem politischen Sturm, der erwartbar ab dem 20. Januar über die Welt fegen wird – mit schon jetzt spürbaren Konsequenzen für die internationale Politik.

Trump ist bereits allgegenwärtig. Die Weltwirtschaft fürchtet neue amerikanische Einfuhrzölle, in Europa diskutieren Staaten über höhere Verteidigungsausgaben und mehr sicherheitspolitische Unabhängigkeit von den USA. Und nicht zuletzt müssen Panama, Kanada oder Grönland auf Ankündigungen des künftigen US-Präsidenten reagieren, den USA neue Gebiete einverleiben zu wollen.

Noch konkretere Auswirkungen des Machtwechsels in den USA sind allerdings im Ukrainekrieg spürbar. Weder Moskau noch Kiew wissen, was sie vom künftigen US-Präsidenten zu erwarten haben, Trump ist für beide Seiten unberechenbar: Von einer Ausweitung der amerikanischen Ukraine-Unterstützung bis hin zur Einstellung der US-Waffenhilfen ist alles denkbar. Die direkte Folge dieser Unsicherheit ist, dass Russland und die Ukraine ihre Kampfintensität auf den Schlachtfeldern zum Jahresbeginn noch einmal erhöhten, um ihre Position für mögliche Verhandlungen zu verbessern.

Trump will Putin treffen

Schon vor seiner Amtseinführung versucht der Republikaner regelmäßig, mit Äußerungen Einfluss auf die gegenwärtigen Krisen zu nehmen. Mit Blick auf den Ukrainekrieg ruderte er am Dienstag bei einer Pressekonferenz in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida allerdings zurück. Trump äußerte die Hoffnung, dass der Krieg innerhalb eines halben Jahres beendet sein werde. "Ich hoffe, lange bevor sechs Monate rum sind", sagte er.

Im US-Wahlkampf hatte der 78-Jährige noch getönt, dass er den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden könne. Doch wie er den Kremlchef Wladimir Putin an den Verhandlungstisch bekommen möchte, ließ er bislang offen. Auch am Dienstag stellte er lediglich ein Treffen mit dem russischen Präsidenten in Aussicht, ohne einen Zeitrahmen für Gespräche zu nennen. "Ich weiß, dass Putin sich gerne treffen würde", meinte der künftige US-Präsident.

Eines liegt allerdings auf der Hand: Die USA haben natürlich Einfluss auf das weitere Kriegsgeschehen in der Ukraine. Die ukrainische Armee ist von der Waffenhilfe der Amerikaner abhängig – und diesen Hebel kann Trump nutzen, um den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an den Verhandlungstisch zu zwingen.

Aber auch Putin hat in der Vergangenheit schon oft gezeigt, dass er durchaus Respekt vor dem militärischen Potenzial der USA hat. Und so muss auch der Kreml mit dem Szenario planen, dass die künftige US-Regierung ihr Engagement in der Ukraine ausweitet, sollte Putin Trump vor den Kopf stoßen und den US-Vermittlungsversuche eine Absage erteilen.

Trump und insbesondere seine Unberechenbarkeit sind für Russland und die Ukraine also Gefahr und Chance zugleich.

Ukrainische Armee greift erneut in Kursk an

In der Folge arbeiten Russland und die Ukraine im Krieg aktuell an dem, was sie militärisch selbst in der Hand haben. Es geht beiden Kriegsparteien darum, ihre Position möglichst gut zu gestalten, sollte es Verhandlungen geben und sollten die aktuellen Frontlinien eingefroren werden.

Nur so ist erklärbar, dass die ukrainische Armee am Wochenende eine erneute Offensive in der russischen Region Kursk startete. Vor allem russische Militärblogger fürchten in ihren Telegramgruppen schon seit Wochen einen möglichen ukrainischen Gegenangriff in Südrussland. Doch es ist noch völlig unklar, ob damit schon die aktuellen Vorstöße der ukrainischen Armee in Kursk gemeint sind.

Zwar waren auf von der ukrainischen Armee geteilten Videos vorrückende Panzer und gepanzerte Fahrzeuge zu sehen. Doch der Umfang der Vorstöße scheint momentan noch relativ begrenzt zu sein, und den ukrainischen Verbänden ist es bisher auch nicht gelungen, Durchbrüche zu erzielen. Das wiederum alarmiert in den sozialen Netzwerken die russischen Militärblogger, die davon ausgehen, dass es sich dabei nicht um die erwartete Offensive der Ukraine gehandelt habe.

Video | Video zeigt ukrainische Offensive in Kursk
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Ein Austesten der Frontabschnitte wäre aus ukrainischer Perspektive sicherlich sinnvoll. Das Ziel liegt auf der Hand: Kiew möchte Schwachstellen in der russischen Verteidigung ausfindig machen, um mit Angriffen und möglichst niedrigen Verlusten große Geländegewinne erzielen zu können. Denn sollte die Ukraine noch weitere Teile Russlands erobern, könnte sie diese gegen von Russland erobertes Territorium im Osten der Ukraine tauschen, sollte es zu Verhandlungen kommen.

Gleichzeitig soll der Druck auf Putin hochgehalten werden, der sein eigenes Staatsterritorium seit über fünf Monaten nicht zurückerobern konnte. Zusammengefasst ist das die aktuelle Logik hinter den ukrainischen Vorstößen in Kursk – eine Strategie, die aber durchaus ein Spiel mit dem Feuer ist.

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Russland droht mit Einkesslung von Pokrowsk

Denn die ukrainische Armee könnte die in Südrussland eingesetzten Truppen im eigenen Land eigentlich sehr gut gebrauchen. Für Kiew ist die militärische Lage im Südosten des Landes angespannt wie selten. Die russische Armee rückt dort langsam, aber stetig vor. Auf Bildern und Videos fällt auf, dass Schützengräben und weitere mühsam errichtete Verteidigungsanlagen teilweise gar nicht mehr verteidigt werden.

So gibt es kaum mehr Zweifel daran, dass die Kleinstadt Kurachowe im Südosten von der russischen Armee erobert wurde. Für den Kreml ist das vor allem ein symbolischer Erfolg, weil man in den vergangenen Monaten zwar stets die Initiative in dem Krieg innehatte, aber vor allem zahlreiche Dörfer und kleinere Gemeinden einnahm. Für die Ukraine war die strategische Bedeutung von Kurachowe allerdings überschaubar, weil sie schon länger von der russischen Armee eingekesselt zu werden drohte.

Aber auch Russland verfolgt das Ziel, möglichst viel ukrainisches Gelände zu besetzen, bevor der Krieg möglicherweise eingefroren werden könnte.

So greift Putin nun nach dem größten Stück des Kuchens, welches für ihn in naher Zukunft erreichbar sein dürfte – Pokrowsk. Die Stadt mit ehemals 60.000 Einwohnern ist das letzte ukrainische Widerstandsnest im Oblast Donezk und vor allem ein wichtiger Koordinations- und Logistikstandort für den ukrainischen Widerstand im Osten. Deshalb erwartet die Ukraine schon seit Wochen einen Angriff auf die Stadt, und Präsident Selenskyj kündigte in dieser Woche noch einmal an, die Verteidigung von Pokrowsk auszubauen – auch das ist eine Botschaft an Moskau, dass die Ukraine die Stadt nicht widerstandslos aufgeben möchte.

Denn Russland versucht aktuell, in einer Zangenbewegung Pokrowsk zu umschließen und wichtige Versorgungsstraßen zu erobern. Die Hoffnung der russischen Militärführung ist sicherlich, dass die Ukraine die Stadt aufgibt, sobald sie von der Einkesselung bedroht ist. Aber ob es wirklich so weit kommen wird, ist unklar.

Denn Pokrowsk konnte sich monatelang auf einen Angriff vorbereiten, die Verteidigung der Stadt ist gut ausgebaut. Hier kann die Ukraine die russischen Invasoren in einen verlustreichen Häuserkampf zwingen, der sich über Monate hinziehen könnte. Das stellt Putin vor ein Dilemma.

Einerseits hat er in den vergangenen Monaten zahlreiche Infanteriewellen ohne Rücksicht auf Verluste gegen die Verteidigungslinien der Ukraine schicken lassen und auch Russland muss mittlerweile mit seinen Kräften haushalten. Andererseits könnte die Einnahme von Pokrowsk Zeit kosten, die der Kreml-Chef vielleicht nicht haben wird – besonders mit Blick auf mögliche Verhandlungen und die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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