Heftige Angriffe auf Awdijiwka "Die Stadt ist von drei Seiten eingeschlossen"
Bei Bachmut kämpfen Putins Truppen seit Monaten vergeblich. Jetzt versuchen sie, weiter südlich durchzubrechen – Kiew ist alarmiert.
Frontstadt ist Awdijiwka schon seit 2014, als Russland in den Osten der Ukraine einmarschierte und weite Teile des Donbass besetzte. Die Kleinstadt nahe dem besetzten Donezk geriet damals unter russische Kontrolle, wurde aber bald darauf von den Ukrainern befreit und bis heute gehalten. Doch zuletzt haben Putins Truppen ihre Angriffe auf Awdijiwka erheblich verstärkt – und könnten jetzt kurz vor der Einkesselung der Stadt stehen.
"Ich habe gerade das heftigste Bombardement hinter mir, das ich in Awdijiwka bislang erlebt habe", schrieb der australische Kriegsreporter Francis Farrell am Montag auf Twitter. "Panzer, Streubomben, Raketen, das ganze Programm. Die Stadt ist von drei Seiten eingeschlossen und die Russen griffen an allen Fronten an, als ich da war. Die Stadt könnte schneller fallen als Bachmut", so Farrell. Nach eigenen Angaben konnte die ukrainische Armee die Attacken in den vergangenen Tagen abwehren, doch das britische Verteidigungsministerium rechnet ebenfalls mit der einer Verschlechterung der Situation.
"Die Situation wird immer schlimmer"
"In den vergangenen drei Wochen sind die russischen Streitkräfte langsam an Awdijiwka herangerückt", hieß es am Montag im täglichen Londoner Lagebericht zum Krieg gegen die Ukraine. "Die Lage in der Stadt ist vergleichbar mit der in Bachmut weiter nördlich: Die Ukrainer halten eine organisierte Verteidigung aufrecht, aber ihre Versorgungslinien nach Westen geraten zunehmend in Gefahr durch die russischen Vorstöße." Das weitläufige Kokswerk im Nordwesten der Stadt könnte im weiteren Verlauf der Schlacht zur letzten Verteidigungslinie der ukrainischen Soldaten werden, so London – ein Szenario, das an die erbitterte Schlacht um das Stahlwerk in Mariupol voriges Jahr erinnert.
Nach Angaben der ukrainischen Armee beschossen die Russen Awdijiwka zuletzt auch immer häufiger mit Marschflugkörpern: "Die Situation wird immer schlimmer. Jetzt setzen die Russen X-59, X-101, X-555 und C-300 ein", berichtet Witalyji Barabasch von der lokalen Militärverwaltung der Nachrichtenagentur AFP. "Sie beschießen uns mit etwa zehn, zwölf Raketen pro Tag, wenn nicht sogar mit 14. Das war früher nie so." Vor der Invasion im Februar 2022 wohnten etwa 30.000 Menschen in der Stadt. Jetzt seien es noch 2.300, von denen knapp 2.000 von Hilfslieferungen lebten, sagt Witalyji Barabasch.
Aufgegeben haben die Verteidiger jedoch noch nicht. "Der Feind versucht die ganze Zeit schon, Awdijiwka einzukesseln", sagte der Kommandeur Oleksiy Dmytraschkiwskyi kürzlich im ukrainischen Fernsehen. "Aber Sie sollten wissen, dass bei den russischen Angriffen auch nicht alles gut läuft."
- twitter.com: Tweet von @francisjfarrell (englisch; Stand: 22. März 2023)
- euromaidanpress.com: "Russia increasingly threatens Ukrainian army’s supply lines west of Donetsk’s Avdiivka – British Intelligence" (englisch; Stand: 22. März 2023)
- eureporter.co: "Ukraine says eastern town of Avdiivka could become 'second Bakhmut'" (englisch; Stand: 22. März 2023)
- Mit Material der Nachrichtenagentur AFP