General Syrskyj Ukraine: Darum mussten wir in Russland einmarschieren
Über den Erfolg der ukrainischen Sommeroffensive gestritten. Nun hat Kiews höchstrangiger Soldat den Angriff auf russisches Gebiet als notwendig gerechtfertigt.
Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Olexander Syrskyj, hat die überraschende Offensive im Sommer auf russisches Gebiet als erzwungenen Präventivschlag bezeichnet. "Ich musste gleichzeitig den Angriff auf Charkiw stören, den Druck an der gesamten Front mindern und die Eröffnung einer weiteren Front in Sumy verhindern", sagte Syrskyj der französischen Tageszeitung "Le Monde" laut ukrainischen Medien.
Er führte demnach den Angriff an der Stelle, wo der Feind die geringsten Kräfte gebündelt habe. Dadurch sei es gelungen, das Angriffspotenzial der russischen Streitkräfte nicht nur entlang der Nordgrenze der Ukraine zu schwächen. Insgesamt sei die Intensität der russischen Angriffe gesunken, "mit Ausnahme von Pokrowsk und Kurachowe."
Russland hat Angriffstempo erhöht
Die Ukraine hatte im Sommer nach mehr als zwei Jahren Verteidigung gegen den von Machthaber Wladimir Putin befohlenen Angriffskrieg die Kämpfe mit der Offensive im Gebiet Kursk erstmals auf russisches Gebiet zurückgetragen.
Bis heute hält die Ukraine trotz schwerer russischer Angriffe, unterstützt nun auch von nordkoreanischen Soldaten, einen Brückenkopf von mehreren Hundert Quadratkilometern im Nachbarland unter Kontrolle. Gleichzeitig hat aber auch Russland sein Tempo bei den Eroberungen im ostukrainischen Gebiet Donezk erhöht.
Experten gehen davon aus, dass Kiew den Einmarsch in der Oblast Kursk auch deswegen befohlen haben könnte, um bei möglichen Friedensverhandlungen mit Russlands Diktator Putin bessere Karten zu haben. Spätestens mit dem Amtseintritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump könnte sich eine neue Dynamik in dem Konflikt entwickeln, die die Ukraine und Russland an den Verhandlungstisch zwingt.
Keine Antwort auf Frage zu ukrainischen Zugeständnissen
Bereits seit einigen Wochen wird im Zuge dessen auch darüber spekuliert, wie die Ukraine nach einem möglichen Friedensschluss gesichert werden kann. Ein Vorschlag dabei: internationale Friedenstruppen mit westlicher Beteiligung.
Nach Ansicht von Bundeskanzler Olaf Scholz ist es jedoch noch zu früh, um über westliche Truppen in der Ukraine zu sprechen. Auf eine entsprechende Frage zum Einsatz westlicher Soldaten an einem möglichen friedenssichernden Einsatz in der Ukraine, sagte der SPD-Politiker, man müsse immer in der richtigen Reihenfolge vorgehen. Die Ukraine müsse für sich erst mal definieren, was ihre Ziele in Bezug auf einen Frieden seien, der kein Diktatfrieden sei, so Scholz am Rande eines Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs mit ihren Kollegen aus den Ländern des westlichen Balkans.
Auf die Frage, ob der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Zugeständnisse machen müsse, um Friedensverhandlungen zu ermöglichen, antwortete der Kanzler nicht. Er betonte, dass es keinen Frieden über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweggeben dürfe. Ihm sei aber auch wichtig, eine Eskalation des Krieges zwischen Russland und der Nato zu verhindern.
- Nachrichtenagentur dpa