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Ukraine-Talk bei "Maybrit Illner": Jürgen Trittin fordert mehr Munition


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Ukraine-Talk bei "Illner"
"Das muss jetzt schnell gehen"


Aktualisiert am 10.03.2023Lesedauer: 4 Min.
Jürgen Trittin bei einem TV-Auftritt (Archivbild): Der Grünen-Politiker fordert mehr Munition für die Ukraine.Vergrößern des Bildes
Jürgen Trittin bei einem TV-Auftritt (Archivbild): Der Grünen-Politiker fordert mehr Munition für die Ukraine. (Quelle: IMAGO/teutopress GmbH)
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Ein Terrorismusexperte warnt bei "Illner": Verliert Wladimir Putin den Krieg, wird Russland zerfallen. Das folgende Chaos wäre für den Westen so schlimm wie der Krieg.

Warum sagt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht klipp und klar: Die Ukraine muss den Krieg gewinnen? Für Terrorismusexperte Peter Neumann vom King's College London steckt dahinter Kalkül. Wladimir Putin würde einen solchen Triumph Kiews nach Ansicht von Experten nicht politisch überleben und das Riesenreich dadurch im Chaos versinken, sagte er am Donnerstagabend im ZDF. "Die strategischen Konsequenzen für Europa und den Westen wären mindestens genauso groß wie die eines weitergehenden Konfliktes in der Ukraine. Und das ist das strategische Dilemma", so Neumann.

Die Gäste

  • Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen), Außenexperte
  • Norbert Röttgen (CDU), Außenexperte
  • Peter Neumann, Professor für Sicherheitsstudien, King's College London
  • Sabine Adler, Osteuropaexpertin, Deutschlandfunk
  • Felix Lee, Autor und Journalist

Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron wollen einen solchen Zerfall Russlands unbedingt vermeiden, wie der Professor für Sicherheitsstudien bei "Maybrit Illner" unterstrich – deshalb die rhetorische Zurückhaltung. "Es ist einfach zu sagen: Wir wollen, dass die Ukraine gewinnt", sagte Neumann. "Aber wie verhindert man gleichzeitig, dass in Russland ein solches Chaos entsteht, das uns in allerlei Hinsicht betrifft?"

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Illner: Röttgen warnt vor Rücksicht auf Russland

Für den CDU-Außenexperten Norbert Röttgen setzen solche Überlegungen völlig falsche Prioritäten – wieder einmal. "Das ist die Kontinuität der alten Russlandpolitik", warnte er in der ZDF-Talkshow. "Das war immer der Gedanke: Wir müssen Rücksicht auf Russland nehmen." Deswegen habe die Ukraine auf Atomwaffen verzichtet, damit sich der Kreml nicht bedroht fühlte.

Für Röttgen muss heute aber eine ganze andere Frage das außenpolitische Handeln diktieren. "Nach meiner Überzeugung gibt es ein Ziel und das ist Frieden in Europa", bekräftigte der Christdemokrat. "Wenn Putin mit Methode Krieg Erfolg hat, dann werden wir in Europa den Krieg nicht mehr los." Russland müsse verstehen, dass die Zeit für Kolonialismus und Imperialismus endgültig vorbei ist.

Der brutale Kampf um Bachmut ist für Röttgen ein Zeichen der Schwäche des Aggressors. "Russland versucht seit neun Monaten, eine Kleinstadt ohne strategische Bedeutung zu erobern und es gelingt nicht. Das sagt etwas aus. Sie verlieren dabei jeden Tag Hunderte Soldaten." Neumann rechnet damit, dass es in der Ukraine auf einen Abnutzungskrieg ohne große Gebietsgewinne für die eine oder andere Seite hinauslaufen wird. Irgendwann werde dann ein schmerzhaftes Patt erreicht sein und beide Seiten würden einsehen, dass sie am Verhandlungstisch mehr erreichen können.

"Ob das so kommt, hängt vom Westen ab", unterstrich Röttgen und forderte eine stärkere militärische Unterstützung, damit die Ukraine nicht nur nicht verliert. Der CDU-Politiker kritisierte es als "unerklärbar", dass von Europa nicht mehr Munition geliefert wird. "Wir hätten früher anfangen müssen zu produzieren. Es ist keine Überraschung, dass im Krieg Munition verbraucht wird", sagte er. Hier handele es sich nicht um Forderungen der Ukraine. "Es ist unser Interesse, dass sie im russischen Angriffskrieg Widerstand leisten", unterstrich Röttgen.

Munition für die Ukraine

Auch sein Kollege im Auswärtigen Ausschuss, Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) sprach sich für mehr Munition aus. Europa müsse hier mindestens die doppelte Menge der letzten Zusagen der Amerikaner liefern, möglicherweise gar das Vierfache. "Aber das muss jetzt schnell gehen", mahnte er. "Wir laufen auf langen Zermürbungskrieg hinaus." Wer hier länger durchhalte, sei am Ende auch eine Frage der Moral.

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Die muss seiner Ansicht nach stärker durch militärische, politische und ökonomische Sicherheitsgarantien Europas für die Ukraine aufrechterhalten werden. Denn dass die Unterstützung der USA mit Blick auf den Präsidentschaftswahlkampf im Herbst vermutlich mit einem Verfallsdatum versehen ist, war in der Runde bei Illner weitgehend Konsens.

China-Experte Felix Lee kritisierte in diesem Zusammenhang, US-Präsident Joe Biden würde wie sein Vorgänger Donald Trump in den USA eine antichinesische Stimmung schüren. Das ginge "bis hin zu offener Feindschaft", stellte der ehemalige China-Korrespondent der taz fest. Bei allen nötigen Vorbehalten gegenüber der Volksrepublik sei solch eine Schwarz-Weiß-Malerei gefährlich. "Aus Sicht der USA ist China der Herausforderer, nicht Putin. Das waren eigentlich die Prioritäten von Joe Biden", stellte auch Röttgen fest.

Lee hielt es für wenig plausibel, dass China Russland tatsächlich wie von den USA behauptet Waffen liefern will. China fühle sich aber von den USA in die Ecke gedrängt und der Ukraine-Krieg bereite der Parteiführung Kopfzerbrechen. "China will Putin um jeden Preis halten", sagte der Journalist des Nachrichtenportals "China.Table". Denn die Furcht in Peking sei, dass Putin entweder durch eine prowestliche oder aber durch eine mafiöse Regierung abgelöst werden könnte. Lee sprach hier von einem Dilemma, ähnlich wie zuvor Neumann mit Blick auf Macron und Scholz.

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Adler: "Es gibt keine Opposition in Russland"

Dessen These von einem drohenden Zerfall und Chaos in Russland wies Sabine Adler vom Deutschlandfunk entschieden zurück. "Dazu muss es Kräfte geben, die auf ihre Chance warten und sie dann ergreifen. Diese Kräfte sind nicht zu sehen. Es gibt keine Opposition", stellte die ehemalige Russlandkorrespondentin des Senders fest. Berichte über angebliche Spannungen zwischen Putin und dem Söldnerchef Jewgeni Prigoschin einerseits und mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu andererseits ordnete sie als eine Art von Schaukampf ein, um dem Frust in der russischen Bevölkerung ein Ventil zu bieten. Schließlich sei Putin mit beiden Männern eng befreundet.

Außer Frage steht es für Adler zudem, dass die Ukraine etwas mit den Anschlägen auf die Nordstream-Pipelines in der Ostsee zu tun hatte. Das Land hätte damit nur die bereits gewährte Unterstützung des Westens aufs Spiel gesetzt. "Wir haben es mit einem schwerwiegenden terroristischen Akt zu tun. Der ist mit Material durchgeführt worden, wo zumindest der Verdacht, dass es staatliche Beteiligung – mittelbar oder unmittelbar – gegeben haben muss, sehr naheliegend ist", sagte hingegen Trittin. Spekulationen hätten aktuell aber keinen Sinn, es müssten die Ermittlungen abgewartet werden.

"Wenn Sie alle diesen Satz sagen, können wir uns diese Runde sparen", beschwerte sich Illner. "Es klingt für mich überhaupt nicht plausibel – dass da fünf, sechs Leutchen sich ein Boot chartern und dann irgendwie zwei Tonne Sprengstoff runterbringen", argumentierte Röttgen. "Und es ist ein bisschen komisch, dass so viele Details geschildert werden. Es gibt keine Beweise. Was man sagen kann, ist, dass jetzt die Phase begonnen hat, in der mit Fehlinformationen Politik gemacht wird."

Verwendete Quellen
  • "Maybrit Illner" vom 9. März 2023
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