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Was Wladimir Putins Teilmobilmachung für Russen bedeutet


Angriffskrieg gegen die Ukraine
Was Putins Teilmobilmachung für Russen bedeutet

Von dpa, reuters, jro

Aktualisiert am 21.09.2022Lesedauer: 3 Min.
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Proteste in Russland: Die Polizei ging gegen die Demonstranten vor. (Quelle: Reuters) (Quelle: reuters)
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Russland braucht für seinen Angriffskrieg mehr Soldaten, Präsident Putin verkündete am Mittwoch eine Teilmobilmachung. Das ist damit gemeint.

Nach vielfachen Berichten über Personalprobleme der russischen Armee hat der russische Präsident Wladimir Putin am Mittwochmorgen eine Teilmobilmachung angeordnet. Eine Entscheidung, die laut Kreml bis zu 300.000 neue Soldaten an die Front im Angriffskrieg gegen die Ukraine bringen soll. Die Mobilisierung werde noch heute beginnen, erklärte Putin. Was ändert sich jetzt bei den russischen Streitkräften?

Wer ist von der Mobilmachung betroffen?

Im Unterschied zu einer allgemeinen Mobilmachung richtet sich die Teilmobilmachung nur an Reservisten. Der Erlass zwingt die Betroffenen zur Kriegsteilnahme. Allgemein gelten sowohl ehemalige Wehrdienstleistende als auch ehemalige Berufssoldaten als Reservisten. Die Altersgrenze liegt zwischen 50 Jahren für einfache Soldaten und 70 Jahren für höhere Ränge.

Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums vom Mittwoch sind zum jetzigen Zeitpunkt ehemalige Wehrpflichtige sowie Zeitsoldaten mit Mannschaftsdienstgrad im Alter bis 35 Jahre und Reserveoffiziere der unteren Dienstgrade bis 45 Jahre betroffen. Zudem sollen insbesondere Männer eingesetzt werden, die schon Kampferfahrung haben, erläuterte der Verteidigungsminister Sergej Schoigu in Moskau. Präsident Putin erklärte, die Reservisten sollten vor ihrem Einsatz in der Ukraine ein zusätzliches Training durchlaufen.

Zudem wird zwischen aktiver und inaktiver Reserve unterschieden – also Personen, die regelmäßig an militärischen Trainings teilnehmen und Ex-Soldaten, die nur auf dem Papier für Einsätze mobilisierbar sind. Die genaue Größe dieser Gruppen steht unter Geheimhaltung.

Insgesamt gebe es 25 Millionen Reservisten in Russland, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Mittwoch in Moskau. Eine Zahl, die angesichts unabhängiger Schätzungen extrem hoch erscheint. Das US-amerikanische Institute for the Study of the War (ISW) hatte die Menge der Reservisten in Russland im März 2022 auf zwei bis drei Millionen beziffert – von denen aber nur ein kleiner Bruchteil regelmäßige Trainings absolvieren würde.

Wer ist ausgenommen?

Schoigu kündigte an, dass weder Studenten noch Soldaten, die gerade ihren Wehrdienst ableisten, von der Maßnahme betroffen seien. Letztere würden ihren Dienst weiter auf russischem Territorium leisten. Ausnahmen gelten dem Dekret zufolge auch für Mitarbeiter in Firmen der Rüstungsindustrie. Über weitere Befreiungen entscheidet die russische Regierung.

Putin wies am Dienstag auch die Rüstungsindustrie an, die Waffenproduktion hochzufahren. Selbst Rentner werden für den Mehrschichtbetrieb mobilisiert.

Wer ist bislang an der Front?

Schoigu äußerte sich zudem seit dem Frühjahr erstmals zu den getöteten Soldaten auf russischer Seite. Er bezifferte die Verluste auf 6.000 – unabhängige Beobachter gehen von einer deutlich höheren Zahl, das US-Pentagon gar von 70.000 bis 80.000 Toten aus. Auch im Vergleich zu den nun angekündigten 300.000 neuen Soldaten erscheint Zahl des Kreml fragwürdig.

Gekämpft wurde bisher, das betonte Putin erst am Freitag, nur mit Freiwilligen, Soldaten auf Vertragsbasis. Die laufenden Verträge der derzeit beschäftigten Berufssoldaten wurden mit dem aktuellen Beschluss auf unbestimmte Zeit verlängert. Hinzu kommen Kräfte aus Söldnertruppen, die zum Teil schon in Gefängnissen nach Personal suchen. Mehr dazu lesen Sie hier. Zudem häufen sich Berichte über Zwangsrekrutierungen im Donbass, bei denen ukrainische Männer unter Zwang in den russischen Militärdienst aufgenommen werden.

Viele der freiwilligen Soldaten wurden bislang aus wirtschaftlich ärmeren, teils entlegenen Regionen Russlands rekrutiert. Eine Mobilisierung unter kriegserfahrenen Kräften könnte dagegen auch viele Angehörige der russischen Mittelschicht betreffen.

Harte Strafen für Verweigerer

Russen im wehrpflichtigen Alter müssen im Zuge der Mobilmachung mit bis zu zehn Jahren Haft rechnen, wenn sie die Teilnahme an Kampfhandlungen verweigern. Eine entsprechende Gesetzesänderung verabschiedete der Föderationsrat in Moskau, wie Staatsagenturen meldeten. Am Vortag hatte bereits die erste Kammer des Parlaments, die Duma, im Eilverfahren der Novelle zugestimmt. Nun muss sie noch von Präsident Putin unterschrieben werden.

Die Änderungen des Strafrechts sehen vor, dass Befehlsverweigerung künftig ebenfalls mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden kann. Zudem wurden die Haftstrafen für das freiwillige Eintreten in Kriegsgefangenschaft und für Plünderungen erhöht.

Außerdem dürfen wehrpflichtige Russen nach Putins Befehl zur Teilmobilmachung ihren Wohnort laut Gesetz nicht mehr verlassen. Aus der Staatsduma hingegen hieß es, innerhalb Russlands könnten die Menschen trotzdem weiterhin ungestört reisen, Auslandsreisen seien nun aber nicht mehr zu empfehlen.

Dass das Ausrufen des Kriegsrechts und eine allgemeine Mobilmachung bevorstehe, streitet Moskau bislang ab. "Eine allgemeine Mobilmachung wird es nicht geben", sagte der Leiter des Verteidigungsausschusses der Duma, Andrej Kartapalow, am Dienstag im Interview mit der "Parlamentskaja Gaseta".

Verwendete Quellen
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