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Grüne: Robert Habeck – Selbstgewissheit nach Rücktritt von Lang & Nouripour


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Tagesanbruch
Robert Habecks wunderschöner Haufen Mist


Aktualisiert am 30.09.2024Lesedauer: 6 Min.
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Robert Habeck: Erstaunliche Selbstgewissheit in der tiefen Krise. (Quelle: IMAGO/Chris Emil Janssen/imago)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

es ist schon erstaunlich, was in diesen Tagen mit den Grünen passiert. Da steckt eine Partei bis zum Hals im Misthaufen, so tief, dass sich die Parteichefs dem Mist aus Ratlosigkeit ergeben haben. Und wenige Minuten später liest die halbe Parteielite routiniert von ihren Sprechzetteln ab, was für eine einmalige, gar historische "Chance" dieser wunderschöne Misthaufen sei.

Da haben wir einen Mann, der es einmal zum Programm dieser Partei erhoben hat, nicht mehr so viel Mist erzählen zu wollen. Und dann legt dieser Mann, Robert Habeck, selbst noch mal eine Lage Mist drauf. Nach einer reinen Lobeshymne auf die Parteichefs wird er im ZDF gefragt, warum Ricarda Lang und Omid Nouripour gehen mussten, wenn sie so perfekt seien. Und Habeck antwortet ernsthaft: "Weil sie heute zurückgetreten sind, zeigt das noch einmal, was für gute Parteivorsitzende sie waren."

Überhaupt: Robert Habeck. Der Mann, der sich immer mit einem Image als Grübler, als Suchender von anderen Politikern absetzen wollte. In der größten Krise seiner Partei, die er wie kein anderer mitzuverantworten hat, da grübelt und sucht dieser Robert Habeck: irgendwie gar nicht mehr. Statt innezuhalten, baut er sich die Grünen weiter nach seinen Vorstellungen um, mit Vertrauten in Schlüsselpositionen. "Bündnis 90/Der Robert" schreibt die "taz" auf ihrer Titelseite. Daneben: eine welkende Sonnenblume.

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Wer bei den Grünen jetzt nicht ratlos ist, der hat etwas nicht verstanden. Sie werden nicht mehr nur für die Politik kritisiert, die sie wirklich machen, was schwierig genug wäre. Sie werden auch für Politik kritisiert, von der andere nur behaupten, dass sie sie machen würden. Die Grünen haben den Einfluss darauf verloren, wie sie wahrgenommen werden. In weiten Teilen der Gesellschaft existieren sie nur noch als Karikatur ihrer selbst.

Es ist bemerkenswert. Da will die SPD eine neue Abwrackprämie haben, und ein deutscher Chefredakteur beklagt öffentlich "grüne Planwirtschaft" und bekommt dafür Applaus. Da schmeißen Grüne für die Kameras bei jeder Gelegenheit Steaks und Würstchen auf den Grill, und trotzdem kann die CDU mit "Grillen muss erlaubt bleiben"-Plakaten Wahlkampf gegen ein angebliches grünes Grillverbot oder Fleischverbot machen.

Der Vorwurf grüner Politik funktioniert inzwischen ohne grüne Politik. Er hat sich verselbstständigt, lebt und vermehrt sich unabhängig von der Partei. Sie sind nah dran am Kontrollverlust. Das zu sagen, macht die Grünen nicht zu unschuldigen Opfern, obwohl es sie gibt: die Kampagnen der politischen Gegner, des Boulevards, der russischen Trollfabriken. Nur diese Kampagnen würden eben kaum verfangen, wenn die Grünen nicht die Vorlagen geliefert hätten.

Womit wir wieder bei Robert Habeck wären. Sein Heizungsgesetz und das miserable Krisenmanagement danach waren nicht seine ersten und einzigen großen Fehler. Aber es waren die Fehler, die den Grünen noch immer am meisten nachhängen. Nicht nur in der Sache, sondern vor allem, weil sie ihr Image der lebensfremden Verbotspartei für Reiche wiederbelebt und verstärkt haben.

Robert Habecks Anhänger bestreiten das gar nicht, was es umso erstaunlicher macht, wie wenig ratlos sie sich zeigen. Das Heizungsgesetz war für sie eine Art Betriebsunfall ihres hochbegabten Politikerklärers. Zweifel am waghalsigen Experiment, dass ausgerechnet der Urheber die Partei wieder aus der Krise holen soll, gibt es nicht. Es ist ein erstaunliches Selbstbewusstsein.

Dieses Selbstbewusstsein wird zu Chuzpe, wenn man Habeckianern dabei zuhört, wo sie die Gründe für die Krise sehen. In Habecks Realo-Lager wird dann vor allem auf die Parteilinken gezeigt. Der Robert, der verhandle in der Regierung genau die richtigen Kompromisse, mache pragmatische Politik. Nur die Linken, die machten anschließend alles kaputt. Indem sie über die Kompromisse nörgelten und die Gesetze im Parlament verwässerten.

Die Hoffnung darauf, dass der nächste Kompromiss für die Grünen endlich Ruhe bringen könnte, ist allein schon kühn, wenn nicht gar Wunderglaube. Denn warum sollten ihre politischen Gegner aufhören, sie zum übernächsten Kompromiss zu treiben, wenn das doch so gut funktioniert? Und warum sollte das den Teil der Öffentlichkeit, der nur noch die grüne Karikatur wahrnimmt, überhaupt interessieren?

Völlig auszublenden scheinen die Realos ihre Rolle in dem Spiel: Niemand kommt auf die Idee, dass die eigene Kritik an der tatsächlichen oder gefühlten Parteilinken auch etwas mit dem Ansehen der Grünen macht. Dass sie zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden könnte.

Da sagt ihr einziger Ministerpräsident, Winfried Kretschmann, bei den Linken herrsche immer dieser "gesinnungsethische Überschuss", der "in Bekenntnissen" lande, man wolle immer "recht haben". Da wiederholt jeder zweite Realo ständig, es dürfe "keine Denkverbote" in der Migrationspolitik geben. Ohne zu sagen, was das eigentlich heißen soll, nämlich meist schlicht, dass sie eine Politik wollen, die andere nicht sinnvoll finden. Was ja okay ist, aber nichts mit Denkverboten zu tun hat.

Bei so viel Unsinn braucht es fast keinen Markus Söder mehr. Als machten die Grünen nicht gerade die härteste Asylpolitik der deutschen Geschichte mit. Als versicherten sie mittlerweile nicht bei jedem himmelschreienden Unfugsvorschlag, ihn selbstverständlich ergebnisoffen zu prüfen, bloß um dem Vorwurf zu entgehen, "pragmatische Lösungen" zu blockieren. Oder Werte zu haben.

Die Misere aber wäre nicht denkbar ohne die Schwäche des linken Parteiflügels. Er scheitert seit Jahren daran, eine personelle Alternative zu den Realos Robert Habeck und Annalena Baerbock aufzubauen. In den großen inhaltlichen Debatten plustern sich die Linken regelmäßig auf, nur um sich auf Parteitagen mit freundlichen Halbsätzen in Beschlusspapieren abspeisen zu lassen, die später Christian Lindner und Olaf Scholz eher nicht davon überzeugen, ihre Politik zu ändern.

Es spricht wenig dafür, dass mehr vom Gleichen die große Wende bringt, nur weil Robert Habeck jetzt für Mut und Zuversicht werben will. Eine Alternative zu ihm gibt es aber auch nicht. Es ist tatsächlich ein großer Haufen Mist für die Grünen. Oder wie es auf ihren Sprechzetteln steht: eine einmalige Chance.

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Ihr Johannes Bebermeier
Leitender Reporter Politik
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Mit Material von dpa.

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