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Musk und Durow: Bosse von X und Telegram haben Ärger mit der Justiz


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Tagesanbruch
Sie stehen nicht über dem Gesetz

  • David Schafbuch
MeinungVon David Schafbuch

Aktualisiert am 04.09.2024Lesedauer: 7 Min.
Elon Musk (l.) und Pawel Durow: Die Chefs von X und Telegram haben aktuell Ärger mit der Justiz.Vergrößern des Bildes
Elon Musk (l.) und Pawel Durow: Die Chefs von X und Telegram haben aktuell Ärger mit der Justiz. (Quelle: dpa/Reuters Montage: Heike Aßmann)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser

Elon Musk hat seit einigen Tagen einen neuen Lieblingsfeind. Sein Name: Alexandre de Moraes, Bundesrichter in Brasilien. Musk, der Besitzer der Plattform X, die vorher als Twitter bekannt war, nennt Moraes einen "Tyrannen", "Diktator" oder "Voldemort", in Anlehnung an den Bösewicht aus der "Harry Potter"-Buchreihe.

Moraes hatte sich die Beschimpfungen dadurch "verdient", dass er am Wochenende X in Brasilien sperren ließ. Die Begründung: Musk tue zu wenig gegen die Verbreitung von Falschnachrichten und Hassbotschaften. Der oberste brasilianische Gerichtshof bestätigte Anfang der Woche die Sperrung.

Eine andere Techgröße hat aktuell ähnliche Probleme. In Frankreich wurde zuletzt Pawel Durow, der Gründer des Messengerdienstes Telegram, festgenommen. Auch ihm wird mangelnde Kooperation mit Behörden vorgeworfen. Durow ist mittlerweile gegen eine Kaution von fünf Millionen Euro wieder frei. Er muss sich aber regelmäßig bei der Polizei melden und darf Frankreich vorerst nicht verlassen.

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Beide Ereignisse offenbaren etwas, das so mächtige Männer wie Musk und Durow vermutlich nicht mehr wussten. Nämlich, dass sie trotz ihres Einflusses und Reichtums nicht über dem Gesetz stehen.

Dass Musk in Brasilien irgendwann Ärger drohte, war zu erwarten. Denn die brasilianische Justiz hatte ihm schon länger Untätigkeit vorgeworfen. Immer wieder wurden Musk Konten genannt, die aufgrund strafrechtlich relevanter Inhalte gelöscht werden sollten. Dem kam die Plattform nur teilweise nach. Zuletzt hatte der Techmilliardär auch seine Verbindungsleute in Brasilien abgezogen. Jedoch ist auch ein Ansprechpartner in dem Land gesetzlich vorgeschrieben.

Unwichtig ist diese Verbannung für Musk nicht. Das Land in Südamerika liegt weltweit hinsichtlich der Zahl an Nutzern von X auf Rang sechs. Dass in Brasilien so scharf gegen X vorgegangen wird, hat allerdings auch eine längere Vorgeschichte: Unter dem rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro wurde das Netz mit Falschinformationen zu seinen Gunsten überschwemmt. Trauriger Höhepunkt waren Anfang 2023 schwere Ausschreitungen in der Hauptstadt Brasilia, nachdem Bolsonaro abgewählt worden war und sich die Mär von einer gestohlenen Wahl verbreitet hatte. Eine Untersuchungskommission kam später zu dem Ergebnis, dass es sich um einen Putschversuch gehandelt hatte.

In Frankreich wird gegen Telegram-Gründer Durow ermittelt, weil mithilfe seiner Plattform Kriminelle mit Drogen handeln und Geld waschen sollen, er aber nichts dagegen tut. Auch in Südkorea sind die Behörden mittlerweile aufgewacht, weil auf der Plattform pornografische "Deepfakes" kursieren sollen. Dabei werden mithilfe von Künstlicher Intelligenz falsche Fotos oder Videos von echten Frauen erstellt.

Wer Beispiele für fehlende Kontrollen auf der Plattform hierzulande finden will, muss auch nicht lange suchen. Offene Telegram-Gruppen, in denen sich etwa Drogen bestellen lassen wie beim Pizzaservice, findet man in Berlin mit wenigen Handgriffen.

In der EU gilt seit Februar ein neues Maßnahmenpaket, der sogenannte Digital Services Act, kurz DSA. Er schreibt vor, dass die großen Plattformen für die Regulierung ihrer Inhalte selbst verantwortlich sind, in denen etwa illegale Handlungen dargestellt werden, die die Meinungsfreiheit einschränken oder die öffentliche Sicherheit oder Wahlprozesse bedrohen könnten. Auch Straftaten müssen gemeldet werden. Je mehr Nutzer eine Seite hat, desto strenger sind die Vorgaben. Die EU-Kommission prüft wiederum für sich, ob sich die Plattformen an die Vorgaben halten.

Natürlich sind die Forderungen nach mehr Regulierung ein zweischneidiges Schwert. Die Gefahr der Zensur ist dabei nie weit entfernt. Eine Sperrung von Plattformen wie X in Brasilien darf nur die absolute Ausnahme bleiben. Möglicherweise ist eine so drastische Maßnahme auch nur verständlich, wenn man die Vorgeschichte in dem Land kennt.

Musk und Durow stilisieren sich gerne als Beschützer der absoluten Freiheit im digitalen Raum. An der generellen Funktionsweise von X oder Telegram ist auch wenig auszusetzen. Wer etwa schnelle Informationen zu Ereignissen überall auf der Welt sucht, für den bleibt X weiter ein unverzichtbares Medium. Telegram ist eine wichtige Kommunikationsplattform für Menschen, die überall auf der Welt in Autokratien leben. Wer etwa wissen will, was die letzten verbliebenen kremlkritischen Stimmen aus Russland aktuell sagen, sollte ihre Telegram-Kanäle abonnieren.

Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, dass diese Plattformen einen Freibrief dafür haben, Straftaten allen Platz der Welt einzuräumen. Der Weg zwischen Kontrolle einerseits und Freiheit andererseits ist im Netz wahrlich kein einfacher. Ein wichtiger erster Schritt wäre allerdings, dass die Bosse der Plattformen überhaupt einsehen, dass es ein Problem gibt.

Wohin dieses Problem führen kann, wird immer deutlicher. Für die Radikalisierung von Islamisten etwa gewinnen soziale Medien, in denen sie zur Gewalt aufrufen können, immer mehr an Bedeutung. "Es braucht keine radikalen Moscheen mehr", sagte mir nach dem Anschlag von Solingen etwa der Terrorismusexperte Peter Neumann. Vor zehn Jahren sei das noch anders gewesen. Ginge es nach ihm, sollte man die Plattformbetreiber vor eine einfache Wahl stellen: entweder mehr gegen die Probleme tun oder Geldstrafen zahlen.

Der öffentliche Druck wäre aktuell jedenfalls da. Und ohne eine bessere Regulierung könnten wir bald vor noch größeren Problemen stehen. Die bereits erwähnten, mit KI-Manipulation erstellten Pornobilder in Südkorea dürften nur ein Anfang sein, wenn erst einmal politische Akteure versuchen werden, unsere Netzwerke mit maschinell produzierten Fake-Inhalten zu überziehen, die sich von echten Aufnahmen nicht mehr unterscheiden lassen.

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Die Regulierung dürfte dann noch deutlich komplizierter werden. Andere Staaten sollten sich deshalb schon jetzt an Frankreich und Brasilien ein Beispiel nehmen und die Plattformbetreiber ebenfalls stärker in die Pflicht nehmen.


Ein Despot auf Freigang

Eigentlich kann Wladimir Putin nicht mehr so verreisen, wie er will. Tatsächlich steht der russische Präsident seit einiger Zeit in 124 Ländern auf der schwarzen Liste. Denn gegen ihn liegt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag vor. Putin wird vorgeworfen, im Rahmen des Ukraine-Kriegs für die Verschleppung Hunderter Kinder nach Russland verantwortlich zu sein. Die Konsequenz lautet: Sobald der Präsident eines der 124 Länder betritt, muss er mit seiner Festnahme und der Auslieferung an die Niederlande rechnen.

Einen Praxistest der Regularien hat der russische Präsident bisher vermieden. Doch seit gestern ist das anders. Denn Putin war zu Gast in der Mongolei, wo er eigentlich hätte verhaftet werden müssen. Bei seiner Ankunft wurden ihm aber keine Handschellen angelegt, sondern der rote Teppich wurde ausgerollt.

Warum die Mongolei den Besuch geschehen ließ, ist einfach. Putin betonte, dass es bei seinem Besuch vor allem um wirtschaftliche Themen gehen werde. Oder um es konkreter zu sagen: um eine neue Gaspipeline, die von Russland durch die Mongolei nach China führen soll, mit dem Namen "Power of Siberia 2".

Nachdem die westlichen Staaten die meisten wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland gekappt haben, sucht Putin also nach neuen Wegen, um seine Rohstoffe loszuwerden. Und die Mongolei, die komplett von Russland und China umschlossen ist, hat zwischen den beiden Großmächten eher ihre eigenen Interessen im Kopf. Möglichkeiten zu Sanktionen gegen das Land hat der Gerichtshof in Den Haag ohnehin nicht. Putins Besuch könnte also im schlimmsten Fall dazu führen, dass der russische Präsident neues Selbstvertrauen schöpft, einen weiteren Schritt aus der Isolation wagt und der Strafgerichtshof am Ende beschädigt werden könnte.

Unberührt von Putins Ausflug geht sein Angriffskrieg in der Ukraine derweil weiter. In der Stadt Poltawa starben am Dienstag durch russische Raketen nach ukrainischen Angaben mindestens 51 Menschen, mehr als 270 weitere wurden verletzt. Die Ziele: eine Hochschule und ein Krankenhaus – erneut zwei Kriegsverbrechen.


Was steht an?

Mehr Flugabwehr für die Bundeswehr: Das deutsche System Iris-T SLM hilft der Ukraine bereits seit Längerem, russische Drohnen und andere Marschflugkörper vom Himmel zu holen. Heute wird das System auch für die Bundeswehr in Dienst gestellt. Austauschen kann sich darüber Verteidigungsminister Boris Pistorius am Abend dann mit seinem ukrainischen Amtskollegen Rustem Umjerow, der erstmals in Berlin empfangen wird.


Dicke Luft bei VW: Der deutsche Autobauer verursachte mit seinem am Montag verkündeten Sparkurs hohe Wellen, weit über die eigene Belegschaft hinaus. Heute kommt die Belegschaft zu einer Betriebsversammlung zusammen. Auch Schließungen von Werken in Deutschland werden nicht ausgeschlossen.


Der Schrecken der Bahn tritt ab: Kein Gewerkschafter hatte wohl in den vergangenen Jahren bundesweit so viel Aufmerksamkeit hervorgerufen wie der GDL-Chef Claus Weselsky. Heute endet seine Zeit an der Spitze der Gewerkschaft. Wie er auf seine 16-jährige Amtszeit zurückblickt, wird Weselsky heute Nachmittag auf einer Pressekonferenz erklären.


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Das historische Bild

Der Satz "Hier spricht Edgar Wallace" zog Millionen Deutsche in die Kinos, selbst die Macher der Filmreihe waren vom Erfolg überrascht. Mehr lesen Sie hier.


Lesetipps

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Der harte Sparkurs bei VW könnte auch Einfluss auf die Produktpalette haben. Was das bedeuten könnte, haben meine Kollegen Christopher Clausen und Philipp Heinemann aufgeschrieben.


Zum Schluss

Ein Kanzler zum Anfassen.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Mittwoch. Morgen schreibt für Sie Florian Harms.

Herzliche Grüße

Ihr

David Schafbuch
Stellvertretender Ressortleiter Politik & Wirtschaft
X: @Schubfach
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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