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AfD-Erfolg bei Landtagswahl: Junge Wähler wählen anders – Was tun?


AfD-Erfolg bei jungen Wählern
Schluss mit der moralischen Selbstüberhöhung

MeinungEine Kolumne von Bob Blume

Aktualisiert am 03.09.2024Lesedauer: 3 Min.
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Die AfD ist mit ihrem Spitzenkandidaten Björn Höcke in Thüringen stärkste Kraft geworden. (Quelle: IMAGO/Dwi Anoraganingrum/imago)

Die AfD hat in Thüringen und Sachsen einen bemerkenswerten Erfolg erzielt, besonders bei jungen Wählern. Die Gründe sollten den anderen Parteien zu denken geben.

Der Sound klingt seltsam vertraut: Wie konnte es dazu kommen? Wie konnte es dazu kommen, dass in der Bundesrepublik eine rechtsextreme Partei bei einer Landtagswahl erstmals zur stärksten Kraft wurde? Das Wahlbeben in Thüringen und auch in Sachsen aufzuarbeiten und in den unterschiedlichen Facetten zu verstehen, muss so schnell wie möglich geschehen. Denn die Bundestagswahl ist nicht mehr weit weg. Und Teil einer solchen Aufarbeitung muss es auch sein, sich die Gruppe anzuschauen, bei der die AfD in Thüringen am besten abgeschnitten hat: die jungen Wähler.

Bob Blume ist Lehrer und Autor.
Bob Blume ist Lehrer und Autor. (Quelle: privat)

Zur Person

Bob Blume ist Lehrer, Blogger und Podcaster. Er schreibt Bücher zur Bildung im 21. Jahrhundert und macht in den sozialen Medien auf Bildungsthemen aufmerksam. In seiner Kolumne für t-online kommentiert er aktuelle Bildungsthemen mit spitzer Feder. Man findet Blume auch auf der Plattform X und auf Instagram, wo ihm mehr als 100.000 Menschen folgen. Sein neues Buch "Warum noch lernen?" erscheint am 11. September 2024.
Hier geht's zu Blumes Instagram-Auftritt.

37 Prozent der 18- bis 24-Jährigen gaben hier ihre Stimme der AfD. In Sachsen waren es immer noch starke – und erschreckende – 31 Prozent. Zum Vergleich: Die einstige Arbeiterpartei SPD kommt in dieser Altersgruppe in beiden Ländern auf gerade einmal acht Prozent. Ein katastrophales Ergebnis.

Der Schnellschuss, dieser Generation das politische Urteilsvermögen abzusprechen, hilft aber niemandem. Schlimmer noch: Damit treibt man diese Menschen weiter in die Arme derer, die sie mit einem Lächeln empfangen. Vielmehr muss man sich über zwei Aspekte klar werden, die zumindest einen Hinweis auf eine Erklärung für dieses Wahlverhalten geben.

Masse statt Qualität

Sie haben beide mit Social Media und den entsprechenden Kommunikationsstrategien zu tun. Und zunächst verblüffen sie.

Die AfD hat wie keine andere Partei Social Media verstanden. Das ist mittlerweile bekannt. Was genau bedeutet das aber? Die AfD setzt sich mit Themen auseinander, die die jungen Erwachsenen umtreiben. Deswegen verfangen ihre Botschaften auch. Und damit ist eben nicht nur Migration gemeint. Die AfD arbeitet mit einer auf TikTok bewährten Strategie: Masse statt Qualität. Es geht nicht darum, jede Kameraeinstellung zu überprüfen, sondern darum, alle Themen anzusprechen, die ein Publikum finden könnten. Immer wieder. Wenn auch nur eines von 150 Videos viral geht, also Hunderttausende Views erzeugt, hat sich die Strategie gelohnt. Da kann es um Ernährung gehen oder um Sport oder darum, warum man als junger Mann noch keine Freundin hat und natürlich – wie immer –, wer Schuld daran hat.

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Der Trick ist also: Die AfD beschäftigt sich bei ihrer Ansprache nicht mit komplizierten politischen Themen, sondern mit jenen, die sehr nah an den jungen Leuten dran sind.

Die Demokratie ist nur ein Mechanismus

Der zweite Aspekt, der für die Ohren von Demokraten zunächst befremdlich klingen kann: Man kann mit Hinweisen auf die Demokratie keine Wahl gewinnen. Es geht um das Thema. Denn während die AfD über ein kräftiges Müsli spricht, das der gesunde deutsche Mann verspeisen soll, erklären die teils unbeholfenen demokratischen Parteifunktionäre, wie wichtig die Demokratie ist. Das ist sie, keine Frage.

Aber demokratietheoretische Argumente halten offenbar niemanden davon ab, die AfD zu wählen. Erst recht nicht, wenn sie im Habitus der moralischen Selbstüberhöhung vorgetragen werden. Mit anderen Worten: Wer den Inhalten der AfD (die im Übrigen in der Ansprache sehr willkürlich sind, man denke an Quantität statt Qualität) etwas entgegensetzen will, der muss inhaltliche Angebote machen. Aber die Demokratie selbst ist zunächst einmal ein Mechanismus. Dass dies so ist, kann man gerade an den jetzigen Wahlergebnissen sehen. Welcher Demokrat würde im Angesicht der Wahlergebnisse von einem "Sieg der Demokratie" sprechen?


  • Bob Blume im Podcast:
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Unheilvolle Vorboten

Das Wahlverhalten einer bestimmten Altersgruppe kann nie mit nur einer Ursache erklärt werden. Es wird also für die Ampelparteien nicht reichen, nur ihre Strategie in den sozialen Medien zu verändern, um über Nacht wieder zur starken politischen Kraft zu werden. Dennoch müssen gerade die jungen Leute in den Blick genommen werden. Aus offensichtlichen Gründen: Wenn hier eine Stammwählerschaft heranwächst, die zudem im täglichen Konsum mit scheinbar nachvollziehbaren Inhalten gefüttert wird, dann sind die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen – und bald auch in Brandenburg – unheilvolle Vorboten künftiger Bundestagswahlen.

Es müssen endlich inhaltliche Angebote an junge Menschen gemacht werden, die über den Hinweis auf die Staatsform hinausgehen und sich mit den Themen der jungen Leute befassen. Ist dies eine Garantie für den Wahlgewinn? Nein, das sicher nicht. Aber zumindest ist es auch nicht jene Form von inhaltlicher Kapitulation, die zu diesen verheerenden Ergebnissen geführt hat.

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
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