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Kommunalwahlen in Thüringen: Björn Höcke lacht sich ins rechte Fäustchen


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Tagesanbruch
Höcke lacht sich ins rechte Fäustchen


Aktualisiert am 27.05.2024Lesedauer: 6 Min.
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Björn Höcke: Die Kommunalwahlen in Thüringen sind für die AfD ein strategisch wichtiger Erfolg. (Quelle: Ronny Hartmann/AFP Pool/dpa/dpa-bilder)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

hält die AfD bei den Wahlen im Osten, was die Umfragen ihr versprechen? Sagen sich ihre Wählerinnen und Wähler nach den Skandalen: jetzt erst recht? Oder lassen sie sich abschrecken? Auf all diese Fragen haben sich politische Beobachter an diesem Sonntag bei den Kommunalwahlen in Thüringen erste Antworten erhofft.

Es sind Wahlen auf der kleinsten politischen Ebene, allerdings von der ganz großen Sorte: Die Thüringer haben 13 von 17 Landräten neu gewählt, 94 Oberbürgermeister und Bürgermeister, 1.025 Ortsteil- und Ortschaftsbürgermeister, 17 Kreistage und mehr als 600 Stadt- und Gemeinderäte. Auch deshalb gelten die Kommunalwahlen in Thüringen vielen als aufschlussreicher Test für die Landtagswahl im Herbst.

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Noch stehen nicht alle Ergebnisse fest. In aller Vorsicht lässt sich aber sagen: Das "blaue Wunder", wie es AfD-Landeschef Björn Höcke gerne hätte, gab es nicht. Entwarnung aber ebenso wenig. Die AfD blieb zwar eher hinter den Erwartungen zurück, allerdings waren die auch sehr hoch. Das zeigte sich schon an den ersten Reaktionen am Abend. Thüringen sei "nicht mit einem Schlag blau geworden", sagte Linken-Landeschefin Ulrike Grosse-Röthig. So als sei allein das ein riesiger Erfolg. Man wird offensichtlich bescheiden in Thüringen.

Es stimmt schon, die AfD hat nirgendwo im ersten Anlauf ein Landrats- oder Oberbürgermeisteramt gewonnen. Und nur im Altenburger Land liegt ein AfD-Kandidat knapp vorne. Doch dort und in mehreren anderen Fällen hat die AfD jetzt eine Chance in der Stichwahl am 9. Juni. Wie weit es selbst ein harter Neonazi in Thüringen schaffen kann, zeigte sich im Landkreis Hildburghausen. Dort steht Tommy Frenck für das "Bündnis Zukunft Hildburghausen" in der Stichwahl. Fast ein Viertel der Wähler gaben Frenck ihre Stimme.

Grund für Jubel der Demokraten sind die Ergebnisse also wahrlich nicht. (Weitere Details lesen Sie hier.) Das gilt umso mehr für die Kommunalparlamente. Dort werden zwar erst am Montag die vollständigen Resultate vorliegen, dann wird auch ein Landesergebnis errechnet. Schon in der Nacht zeichnete sich jedoch ab, dass die AfD deutlich zulegen konnte und wohl mancherorts stärkste Kraft in den Parlamenten wird.

Björn Höcke dürfte sich also ins rechte Fäustchen lachen. Es mag nicht das Wunder sein, das er sich erhofft und das andere gefürchtet hatten. Ein Erfolg ist es für die Partei allemal, vor allem für ihre mittelfristige Entwicklung. Aus zwei Gründen.

Die AfD hat sich, erstens, wieder einmal mehr Macht in den Institutionen gesichert. Eine AfD-Mehrheit in einem Kommunalparlament kann einem Landrat oder Bürgermeister das Leben schwer machen – und andersherum. Die AfD kann in den Kommunen tatsächlich gestalten und die Gesellschaft prägen, nach ihren ganz rechten Vorstellungen. Etwa, wenn es um die Unterbringung von Flüchtlingen oder Geld für Sozialarbeit und Kultur geht.

Der AfD hilft das Gestaltenkönnen aber, zweitens, noch auf andere Weise, im größeren Maßstab. Wohlgemerkt: einer Partei, die in Thüringen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem beobachtet wird. Denn in den Kommunen hat sie die Chance, den Mief des Rechtsextremismus mit Sachpolitik zu übertünchen. Vor allem dann, wenn es um scheinbar unpolitische Entscheidungen wie den Bau einer Straße oder eines Spielplatzes geht.

Kann denn jemand böse sein, der Spielplätze bauen lässt? (Natürlich kann er das, nur wird es eben nicht mehr jeder erkennen.) Der Rechtsextreme banalisiert sich selbst zum Sachpolitiker, aber eben zum Sachpolitiker in Teilzeit, um an anderer Stelle seine Ideologie Wirklichkeit werden zu lassen. "Normalisierung von unten" nennt der Rechtsextremismusforscher Matthias Quent diese Strategie. In Thüringen kann sie nun an vielen Orten weitergehen, die Normalisierung.

Es ist eine rechtsextreme Wachstumsstrategie. Das Ziel der AfD ist die Normalisierung auch auf Landes- und Bundesebene. Und damit: noch bessere Ergebnisse. In den vergangenen Wochen und Monaten der Skandale und Gerichtsverfahren hat die AfD an Zustimmung eingebüßt. Ein paar Prozentpunkte nur, aber der Trend war eindeutig.

Deutschlandweit erreicht sie in Umfragen in diesen Tagen nur noch 14 bis 17 Prozent. In Thüringen aber kam sie Anfang des Monats auf 30 Prozent und lag mit 10 Punkten Abstand eindeutig auf dem ersten Platz vor der CDU. Selbst wenn die AfD seitdem so wie im Bund noch ein, zwei Prozentpunkte verloren hätte, sind das für sie beste Voraussetzungen für die Landtagswahl am 1. September.

Geben die Kommunalwahlen der AfD weiteren Schub? Noch vor einigen Monaten war das eine Frage, die über Wohl und Wehe der Landespolitik in Erfurt hätte entscheiden können. Die AfD hatte es in Thüringen schon nach der vergangenen Wahl mit ihren 23,4 Prozent unmöglich gemacht, eine demokratische Mehrheit für eine Regierung zu finden.

Linke, SPD und Grüne regieren seitdem in einer Minderheitsregierung. Wobei daran streng genommen nicht nur die AfD, sondern auch die CDU Schuld trägt. Die nämlich schließt eine Koalition mit AfD und Linken gleichermaßen aus. Was besonders in Thüringen eine bemerkenswerte Gleichsetzung ist. Die gesichert rechtsextreme AfD auf der einen Seite – und auf der anderen Bodo Ramelow. Der Linken-Ministerpräsident wäre mit seinem Dreiteiler sogar in der SPD overdressed und würde sich dort bei vielen Themen politisch pudelwohl fühlen. Das ist wirklich kein radikaler linker Revolutionär.

Wird also im Herbst mit einer AfD bei 30 Prozent alles noch komplizierter? Das musste man bis vor einigen Monaten befürchten. Nun aber könnte ausgerechnet Sahra Wagenknecht helfen. Oder besser gesagt: Die weitere Zersplitterung der politischen Linken in Deutschland, die sie mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht, dem BSW, ausgelöst hat. Schöpferische Zerstörung, zumindest für diese spezielle Landtagswahl.

In Thüringen nämlich kommt Wagenknecht mit ihrem BSW derzeit auf rund 15 Prozent. Und damit auf ungefähr so viel Zustimmung wie die Linke von Ramelow. Mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass CDU-Landeschef Mario Voigt eine Zusammenarbeit mit dem BSW nicht ausschließt. Inhaltlich ist das zwar nur schwer zu begründen und personell schon gar nicht. Aber vielleicht sollte man die CDU für diese Absurdität nicht zu laut kritisieren. Sonst geht womöglich nach der Wahl im Herbst wirklich gar nichts mehr in Thüringen. Und Björn Höcke könnte sich noch einmal ins rechte Fäustchen lachen.

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Ihr Johannes Bebermeier
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Mit Material von dpa.

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