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Flüchtlinge: Olaf Scholz wirkt seltsam entrückt in der Geldfrage


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Tagesanbruch
Absurd kleinkariert


Aktualisiert am 06.11.2023Lesedauer: 5 Min.
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Olaf Scholz: Gibt es mehr Geld für die Versorgung der Flüchtlinge in den Kommunen? (Quelle: Michael Kappeler/dpa/dpa)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

Ministerpräsidentenkonferenzen sind ja irgendwie auch nicht mehr das, was sie mal waren. Erinnern Sie sich noch, früher, als sich Bund und Länder die Nächte um die Ohren schlugen, um die Coronakrise in den Griff zu bekommen? Wir Medien hyperventilierten jeden Halbsatz aus diesen Runden in unsere mehr oder weniger ertragreichen Liveticker.

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Und auch den Politikerinnen und Politikern gingen mitunter Maß und Mitte flöten. Legendär noch immer der Moment, als Bayerns Ministerpräsident Markus Söder dem damaligen Finanzminister Olaf Scholz anempfahl, er möge doch bitte nicht so "schlumpfig grinsen".

Seit Olaf Scholz gewissermaßen zum Papa Schlumpf der Schlumpfokratie gewählt wurde und Corona vorbei ist, ward Vergleichbares nicht mehr überliefert – was weniger damit zu tun hat, dass sich Söder und Scholz nun besser verstehen. Sondern daran liegt, dass seither kein Thema die Gemüter so erhitzt hat wie damals Corona.

Das könnte sich am heutigen Montag ändern. Bundeskanzler Olaf Scholz hat für 15 Uhr zur Ministerpräsidentenkonferenz geladen. Der Form nach ein Routinetreffen. Doch mit Routine dürfte es im ersten Stock des Kanzleramts schnell vorbei sein. Denn es geht um mehr Geld für Flüchtlinge. Es ist ein Streit, der angesichts der aufgeheizten Lage absurd kleinkariert erscheint. Und der jetzt schnell enden muss.

Die Länder wollen mehr Geld, als der Bund zu geben bereit ist. Das ist erst mal nicht weiter ungewöhnlich, darauf verweist die Bundesregierung selbst gerne. Das Argument: Die fordern ja eh immer viel mehr, als sie wirklich brauchen. Doch selbst wenn das stimmt, heißt es im Umkehrschluss nicht, dass die Länder wirklich nur so wenig brauchen, wie die Bundesregierung ihnen jetzt zugestehen will.

In einem wichtigen Punkt sind sich Bund und Länder immerhin einig: Es soll eine langfristige Finanzierung her, damit alle besser planen können: ein "atmender Deckel". Für jeden Asylbewerber sollen die Länder ab 2024 Geld vom Bund bekommen. Nur wie viel? Der Bund bietet 5.000 Euro im Jahr an. Bei 250.000 Asylbewerbern wären das 1,25 Milliarden.

Den Ländern ist das viel zu wenig. Sie argumentieren, in diesem Jahr zahle der Bund den Ländern schon 3,75 Milliarden Euro. Und die Lage habe sich weiter verschärft. Sie wollen künftig die 1,25 Milliarden als Pauschale – und zusätzlich mindestens 10.500 Euro im Jahr pro Asylbewerber. Was bei derselben Zahl an Asylbewerbern knapp 3,9 Milliarden wären.

Die Summen liegen auch wegen der vielen Flüchtlinge aus der Ukraine so weit auseinander. Die Bundesregierung argumentiert, man müsse sie aus der Rechnung nehmen, weil sie anders als andere Flüchtlinge Bürgergeld bekommen. Und das zahlt der Bund. Die Länder sagen: Stimmt, ist aber nur die halbe Wahrheit, weil die Integration, die Plätze in Kitas und Schulen für die Ukrainer eben auch etwas kosten.

Aus den Ländern ist zu hören, dass die üblichen Vorgespräche zur Ministerpräsidentenkonferenz zäh verlaufen sind. Mancher erwartet heute eine lange Sitzung. Olaf Scholz scheint hart bleiben zu wollen. Und natürlich kann man darüber streiten, ob es dauerhaft 10.500 Euro pro Flüchtling sein müssen. Oder ob die Ausnahmesituation mit den Ukrainern nicht besser wie in diesem Jahr auch mit einem Ausnahmebetrag abgefedert werden sollte.

Die Vorstellung aber, dass es im nächsten Jahr in den Kommunen mit deutlich weniger Geld deutlich besser laufen könnte, wirkt seltsam entrückt. Dabei sind sich doch alle einig, dass es deutlich besser laufen muss.

Noch seltsamer wird es, wenn man sich die Summen klarmacht, um die es geht. Fast drei Milliarden mehr oder weniger im Jahr sind natürlich viel Geld. Aber ist es wirklich zu viel Geld, um ein politisches Problem befrieden zu helfen, das unsere Demokratie auf die Probe stellt wie gerade kein anderes? Bei einem Bundeshaushalt von 445 Milliarden?

Mehr Geld allein wird nicht alle Probleme lösen, das behauptet auch niemand. Doch wenn ein Landrat sagt, schon jetzt komme die Integration zu kurz, sollte das eine Warnung sein. Es wäre fahrlässig, ausgerechnet dort zu wenig zu tun, wo wir die Lage direkt beeinflussen können: in den Kommunen, wo die Menschen leben und Überlastung konkret wird.

Das ist umso wichtiger, weil vieles andere erst später helfen wird – wenn überhaupt. Die nun viel zitierten Migrationsabkommen? Der Beauftragte der Bundesregierung, Joachim Stamp von der FDP, sagte dem "Spiegel" selbst, eine Wirkung sei "eher mittel- und langfristig" zu erwarten. Das von der Bundesregierung gerade beschlossene Gesetz für mehr Abschiebungen? Soll ungefähr 600 Abschiebungen mehr im Jahr bringen. Die EU-Asylreform? Ist noch nicht mal beschlossen. Und dass sie irgendwann hält, was sie verspricht, bezweifeln Beteiligte schon jetzt.

Es wäre eine gefährliche Wette, sich nur auf das Versprechen der Begrenzung zu verlassen. Nein, die Kommunen brauchen mehr Geld. Markus Söder würde wohl sagen: Papa Schlumpf muss die Taschen aufmachen.


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Zum Schluss

Am Dienstag schreibt Ihnen meine Kollegin Annika Leister. Ich wünsche Ihnen einen schlumpftastischen Start in die Woche.

Ihr Johannes Bebermeier
Politischer Reporter
Twitter: @jbebermeier

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Mit Material von dpa.

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