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Paul McCartney: Ex-Beatles-Mitglied gibt exklusive Einblicke in Band-Zeit


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MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 13.06.2023Lesedauer: 6 Min.
George Harrison lässt es sich am Hotelpool in Miami gut gehen.Vergrößern des Bildes
George Harrison lässt es sich am Hotelpool in Miami gut gehen. (Quelle: 1964/Paul McCartney)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

kennen Sie das? Nach dem Aufstehen geht der Griff zum Handy: Erst mal gucken, was es Neues gibt. Schlaftrunken das Radio andrehen: Morgennachrichten. Und fast jeden Tag ist es dann dasselbe: Krise hier und Krise da, Zoff in der Regierung und Gejammer in der Opposition, Unglücke und Warnungen vor irgendwelchem Unheil; noch nicht mal mehr über das schöne Wetter soll man sich freuen, Klimawandel und so weiter. Endlich hat die leichte Jahreszeit begonnen, die Sonne scheint und das Leben ist schön, aber irgendwie scheint das Land im kollektiven Trauerkloßmodus gefangen zu sein. Kann bitte mal jemand das Fenster aufreißen und von Flensburg bis Füssen so richtig durchlüften? Ging doch früher auch.

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Vor 60 Jahren zum Beispiel. Von Mitte 1963 bis Anfang 1964 drehte sich das Rad der Zeitläufte ebenfalls besonders schnell. Licht und Schatten wechselten rasant, individuelle Höchstleistungen und kollektive Ängste prallten aufeinander. Da war US-Präsident John F. Kennedy, der im Juni 1963 umjubelt von Hunderttausenden Deutschen in der Mauerstadt rief: "Ich bin ein Berliner!" Fünf Monate später war er tot, erschossen von einem Attentäter, womöglich Opfer eines Komplotts. Da waren aber auch die brummende Wirtschaft und der Jobboom in Amerika – und zugleich heftige Auseinandersetzungen um die Rassendiskriminierung: Im August 1963 marschiert der Bürgerrechtler Martin Luther King mit 200.000 Anhängern nach Washington. In den Kinos liefen Liebeskomödien wie Billy Wilders "Irma la Douce" und zeitgleich Psychoschocker wie Hitchcocks "Die Vögel". Im Herbst des Jahres und seines Lebens trat der erste deutsche Bundeskanzler ab: Konrad Adenauer hatte die junge Republik stabilisiert und ins westliche Militärbündnis integriert. Bald darauf zeigt sich, dass seine Fußstapfen zu groß für seine Nachfolger Erhard und Kiesinger waren. In Vietnam spitzte sich der Konflikt zwischen der Regierung und dem Vietcong zu, der schon bald mit dem Kriegseintritt der USA in einen Flächenbrand mit Millionen Toten ausarten sollte. Es waren Monate des Aufbruchs, der Umbrüche und der Abgründe, damals vor 60 Jahren.

Und mitten in diese aufgeheizte Zeit platzte eine Bombe aus Liverpool: Vier Bubis mit Topffrisuren sangen, klampften und trommelten sich in die weltweiten Schlagzeilen und in die Herzen von Abermillionen Menschen rund um den Globus. Wer heute das Wort "Beatlemania" hört, meint ungefähr zu wissen, was es bedeutete: Die vier Musiker veröffentlichten einen Hit nach dem nächsten und lösten eine bis dato ungekannte Begeisterung unter Jugendlichen aus – brillante Konzerte, kreischende Mädels, Verfolgungsjagden mit den Fans und so weiter. Mitte der Sechzigerjahre waren die vier Briten die am häufigsten fotografierten Menschen der Welt; ihre Lieder liefen im Radio hoch und runter. Das kann man alles wissen und den damaligen Hype dennoch nicht in seiner ganzen Tragweite begreifen. Denn was die "Beatlemania" wirklich bedeutete, lässt sich aus der Perspektive unserer heutigen Welt, in der die Popkultur bis in die kleinste Sub-Szene ausdifferenziert ist, in der Idole im Wochentakt auftauchen und wieder verschwinden, nur schwer nachvollziehen.

Umso wertvoller ist das Buch, das Paul McCartney heute veröffentlicht. Der Brite war nicht nur ein begnadeter Songwriter, Bassist und Sänger der "Fab Four", sondern nach eigener Aussage auch ein "begeisterter Gelegenheitsfotograf". Mehr als 1.000 Fotos schoss er während der dreimonatigen Tournee Ende 1963, Anfang 1964, die die Beatles von Liverpool und London über Paris nach New York, Washington und Miami führte. Nur zwei Monate nach Kennedys Ermordung gelang es den vier Jungs mit den schnellen Beats, eine beispiellose Begeisterungswelle in Europa und Amerika auszulösen. In New York säumten Zigtausende die Straßen, als sie vom Flughafen in die Stadt rollten.

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"Wir waren die Vorreiter von etwas Größerem, einer Kulturrevolution", erinnert sich McCartney. Er meint den Durchbruch des Rock'n'Roll: Rebellion gegen die Konventionen, freie Liebe, mitreißende Rhythmen. Für den Bildband "Augen des Sturms" hat McCartney 275 Fotos ausgewählt, die eine interessante Gegenperspektive zeigen: nicht den Blick von Millionen Fans auf die vier Beatles, sondern den Blick eines der Beatles auf das Heer der Fans. Durch Pauls Linse schauen wir in die Objektive von Pressefotografen, sehen Jugendliche der Rockstar-Limousine hinterherrennen und beobachten John Lennon, George Harrison und Ringo Starr, wie sie zwischen ihren Auftritten in Hotelzimmern und am Pool abhängen. Paul McCartney kommentiert die Aufnahmen seiner Bandkollegen fast liebevoll: "Du liebe Güte, sieht John toll aus. Und wie schön George ist und wie cool Ringo mit dem lustigen französischen Hut."

Neben seinen Kumpels lichtete er auch gewöhnliche Menschen ab: Bauarbeiter und Busfahrer, Briefträger und Milchmänner. "Das sind meine Leute. Daher komme ich", beteuert er. "Ich bin in einer Arbeiterfamilie in Liverpool aufgewachsen und fühlte mich solchen Menschen immer verbunden." Auf ihrer Tournee weigerten sich die Beatles damals, vor einem nach Hautfarben getrennten Publikum aufzutreten.

Am Sonntag feiert Sir Paul – ich musste zweimal nachschauen, ob das wirklich sein kann, aber es stimmt tatsächlich – seinen 81. Geburtstag. Und wenn man liest, wie er im Begleittext zu seinem Buch über das Leben räsoniert, wie er dankbar über all seine Erlebnisse spricht, bar jeder Wehmut und jeden Hochmuts seine Zeit in der größten Rockband aller Zeiten würdigt, erkennt man: So klingt wahre Größe. Und man wünscht sich, dass durch unsere krisengeplagte Welt ein ähnlicher Begeisterungssturm fegen möge, wie ihn die Beatles vor 60 Jahren auslösten. Damit man morgens endlich mal wieder gute Laune bekommt, wenn man das Radio andreht. So wie bei diesem Song, dem heutigen Ohrenschmaus.

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Was steht an?

Heute macht in Amerika ein anderer Zeitgenosse Schlagzeilen: Der ehemalige Präsident Donald Trump muss am Abend unserer Zeit erstmals als Angeklagter vor einem Bundesgericht erscheinen. Oder sollte ich lieber schreiben: Dem mächtigsten Hetzer der westlichen Welt geht es endlich an den Kragen? Beides stimmt. Die Staatsanwaltschaft in Miami wirft Trump vor, nach seinem Abschied aus dem Weißen Haus geheime Regierungsunterlagen entwendet und eine Verschwörung zur Behinderung der Ermittlungen angezettelt zu haben. Unter den Papieren sollen auch Kriegspläne sein. Unser Korrespondent Bastian Brauns ist nach Florida geeilt und berichtet auf t-online für Sie.

Wir bleiben in Amerika: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg weilt zu einem zweitägigen Besuch in Washington. Nach seinem Gespräch mit Präsident Joe Biden und Außenminister Antony Blinken will er auf einer Pressekonferenz mit Blinken berichten, welche Beschlüsse die Führer des mächtigsten Militärbündnisses gefällt haben.

Apropos Nato: In Deutschland läuft heute das Luftwaffen-Manöver "Air Defender 2023" weiter, an dem 25 Staaten mit 250 Flugzeugen und fast 10.000 Soldaten beteiligt sind. Schon gestern wurde der zivile Luftverkehr ortsweise gestört. Falls Sie heute also in ein Flugzeug zu steigen gedenken und nicht zufällig Kampfpilot sind, sollten Sie viel Zeit einplanen.

Das Statistische Bundesamt gibt die Inflationsrate für Mai bekannt. Hoffen wir, dass sie weiter fällt.

In Berlin verhandelt die Deutsche Bahn mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Die Fronten im Tarifstreit sind verhärtet; falls bis Ende der Woche kein Kompromiss steht, kommt es wohl zum nächsten Streik. Den braucht jetzt echt niemand.


Lesetipps

Die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" verschärfen ihre Aktionen. Wie will die Bundesregierung reagieren? Verkehrsminister Volker Wissing hat es meinen Kollegen Markus Abrahamczyk und Christopher Clausen erklärt.


Er begann als Nachtclub-Sänger – und stieg zum mächtigsten Mann Italiens auf: In seinem Nachruf auf den verstorbenen Silvio Berlusconi entwirft unser Korrespondent Hans-Jürgen Schlamp das Psychogramm eines Unersättlichen, der selbst auf dem Höhepunkt der Macht nicht genug hatte.


Schnell, aber still verabschiedete sich die deutsche Gesellschaft in den Sechzigerjahren vom bäuerlichen Leben. Ewald Frie, der mit zehn Geschwistern auf einem Bauernhof im Münsterland aufwuchs, hat am Beispiel seiner Familie ein Buch über diesen Wandel geschrieben. Was damals verloren ging und was dafür gewonnen wurde, hat er meinem Kollegen Marc von Lüpke erklärt.


Zum Schluss

Am Nato-Manöver kommt keiner vorbei.

Ich wünsche Ihnen einen ungestörten Tag. Morgen schreibt David Schafbuch den Tagesanbruch, von mir lesen Sie am Donnerstag wieder.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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