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Russische Flugabwehrraketen: Massenmord über den Wolken – Fall MH17


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Tagesanbruch
Massenmord über den Wolken

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 17.11.2022Lesedauer: 5 Min.
Die Puppe eines beim Abschuss der Passagiermaschine getöteten Kinder.Vergrößern des Bildes
Die Puppe eines beim Abschuss der Passagiermaschine getöteten Kindes. (Quelle: Evgeniy Maloletka/AP/dpa)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

Kanonenrauch steht über den Feldern rund um Donezk. Geschützdonner dröhnt über die Äcker, Geschosse kreischen durch die Winterluft. Putins Kommandeure treiben ihre Truppen voran, die Ukrainer feuern erbittert zurück. In dem Gebiet am Ostrand der Ukraine toben in diesen Stunden die heftigsten Gefechte des Krieges. "Dort ist es die reine Hölle", sagt Präsident Wolodymyr Selenskyj. Ob den russischen Soldaten bewusst ist, an welchem bedeutsamen Ort sie ihre verbrecherischen Angriffe führen?

Schon einmal bestimmten die Felder östlich von Donezk die Schlagzeilen der Weltpresse. Acht Jahre ist das nun her. Fotos zeigten damals das Grauen: zerfetzte Flugzeugteile zwischen Sonnenblumen. Schuhe, Koffer, Spielzeug. Leichen von Männern, Frauen, Kindern, viele noch in ihren Sitzen angeschnallt. Alle 298 Passagiere wurden beim Abschuss der Malaysia-Airlines-Maschine am 17. Juli 2014 getötet, die meisten von ihnen Niederländer, auch vier Deutsche. Die Flugnummer MH17 wurde zur Chiffre des Schreckens. Kriminalbeamte, Investigativjournalisten und Untersuchungsausschüsse ermittelten und recherchierten jahrelang, wie es zu der Katastrophe gekommen war.

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Das Ergebnis ist eindeutig: Das Flugzeug auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur wurde mit einer russischen Flugabwehrrakete vom Himmel geholt, abgeschossen von prorussischen Separatisten in der Ukraine. Seit zweieinhalb Jahren wird der Fall des Massenmords über den Wolken vor einem niederländischen Gericht verhandelt.

Wenn die Richter in Den Haag heute Nachmittag ihr Urteil sprechen, werden nicht nur die Angehörigen der Opfer, sondern auch Millionen Menschen in aller Welt hinschauen. Die vier Angeklagten hatten nicht das Rückgrat, sich dem Prozess zu stellen, gegen sie wurde in Abwesenheit verhandelt: Die drei Russen Igor Girkin, Sergej Dubinski und Oleg Pulatow sowie der Ukrainer Leonid Chartschenko sind nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft für den Abschuss mitverantwortlich. Putins Propaganda versuchte jahrelang, die Fülle an Indizien und Beweisen durch Lügen und Gerüchte zu verschleiern und verstieg sich dabei in immer absurdere Behauptungen. Dabei hatte sogar einer der mutmaßlichen Täter in einem zynischen Rechtfertigungsversuch seine "moralische Verantwortung" eingeräumt. Heute kämpft er offenbar aufseiten der Russen.

Die Schuld der mutmaßlichen Täter ist das eine. Sie muss gerichtsfest nachgewiesen und durch einen Richterspruch festgestellt werden. Die Schuld des Regimes, das die Täter bezahlte und bewaffnete, ist das andere. Sie ist offensichtlich, und sie war es schon vor Jahren. Schon damals belegten Videos, abgefangene Telefonate und Zeugenaussagen die Verwicklung des russischen Militärapparats. Politische Folgen hatte das kaum.

Das ist die bittere Erkenntnis heute, acht Jahre nach dem Verbrechen an fast 300 Menschen: Die brutalen Machenschaften des Putin-Regimes hätten viel früher zu einem Umdenken im Westen führen müssen. Zu lange hatte man auch in Deutschland Nachsicht mit der russischen Regierung und ihren Handlangern. Morde an Dissidenten, angezettelte Kriege, Cyberangriffe auf Bundestagsabgeordnete, Finanzierung rechtsradikaler Parteien in Westeuropa, Manipulation von Wahlen, Schüren von Hass und Lügen in den sozialen Medien: Der hybride Krieg des Kremls war sichtbar. Wenn man ihn sehen wollte und nicht die Augen verschloss wie die meisten Politiker, Geheimdienstler, Firmenbosse und ja, natürlich auch Journalisten.

So einen Fehler können sich die westlichen Demokratien nicht noch einmal erlauben. Aus der kollektiven Blindheit gilt es zu lernen: Wenn autoritäre Regime beginnen, andere Staaten zu attackieren, kann man nicht weiter mit ihnen Geschäfte machen, als sei nichts gewesen. Dann braucht es politischen Widerstand. Die Frage zu beantworten, was das im Hinblick auf Staaten wie China oder die Türkei bedeutet, zählt zu den schwierigsten Aufgaben der krisengeschüttelten Ampelregierung.

Die Feinde der Freiheit sind nur so stark, wie man sie werden lässt: Das ist die Lehre des heutigen Tages. Lindern kann sie den Schmerz der Angehörigen der MH17-Passagiere nicht. Evert von Zijtveld, der bei dem Abschuss seine 19-jährige Tochter Frederique, seinen 18-jährigen Sohn Robert-Jan und seine Schwiegereltern verloren hat, will die vier Angeklagten nicht nur verurteilt sehen, sondern auch hinter Gittern: "Wenn sie schuldig sind, sollte die internationale Gemeinschaft sie so lange jagen, bis sie geschnappt sind", sagt der 67-Jährige. "Ich kann ihnen nicht verzeihen." Hoffentlich hört man seine Worte auch in Brüssel und Berlin.


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Was amüsiert mich?

Da kann ja jeder kommen!

Ich wünsche Ihnen einen pannenfreien Tag.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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