Katastrophale Böen Hurrikan "Ida": Stromnetz in New Orleans zusammengebrochen
Mit bis zu 240 Stundenkilometern ist der Wirbelsturm im US-Bundesstaat Louisiana eingetroffen. Erste Schäden sind bereits erkennbar. In New Orleans ist der Strom komplett ausgefallen.
Lebensgefährlich, katastrophal, ein Sturm und Überschwemmungen von historischem Ausmaß: Mit diesen Warnungen haben die Verantwortlichen eindringlich an die Anwohner der US-Golfküste appelliert, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Hurrikan "Ida" traf am Sonntagmittag (Ortszeit) als "extrem gefährlicher" Wirbelsturm auf die Küste im Bundesstaat Louisiana, wie das Nationale Hurrikanzentrum (NHC) erklärte. Der Staat und die Stadt New Orleans müssten mit heftigem Regen, einer "lebensgefährlichen Sturmflut", katastrophalen Windböen und lang anhaltenden Stromausfällen rechnen.
US-Präsident Joe Biden nannte "Ida" einen "lebensgefährlichen Sturm". Die Bewohner der betroffenen Bundesstaaten Louisiana, Mississippi und Alabama sollten die Anweisungen der örtlichen Behörden befolgen und sich in Sicherheit bringen, sagte Biden bei seinem Besuch der Zentrale der US-Katastrophenschutzbehörde Fema in Washington. Die Zerstörung durch den Hurrikan der Stärke vier von fünf werde wahrscheinlich immens sein, warnte Biden.
Biden: Auf das Schlimmste vorbereitet
"Das wird ein zerstörerischer Hurrikan, ein lebensbedrohlicher Sturm", sagte Biden. Der Präsident wandte sich auch direkt an die Bewohner der US-Golfküste: "Ich will, dass Sie wissen: Wir beten für den besten Ausgang, und bereiten uns auf das Schlimmste vor." Die Regierung werde der Region jede nötige Hilfe zukommen lassen, versprach Biden. Fema habe bereits 2,5 Millionen Mahlzeiten, 3 Millionen Liter Trinkwasser, 76.000 Planen und 64 Generatoren in der Region in Stellung gebracht. Außerdem seien Hunderte Helfer, 90 Krankenwagen sowie acht Sanitätsflugzeuge und sieben Hubschrauber bereitgestellt worden, erklärte die Behörde.
Das Zentrum des Sturms sei mit der Stärke vier von fünf aus dem Golf von Mexiko kommend südwestlich der Stadt New Orleans bei Port Fourchon auf die Küste getroffen, erklärte das NHC. Der Wirbelsturm habe beim Erreichen der Küste Windgeschwindigkeiten von rund 240 Kilometern pro Stunde mit sich gebracht, erklärte das NHC.
Eine halbe Million Haushalte ohne Strom
Infolge des gefährlich starken Hurrikans "Ida" sind im südlichen US-Bundesstaat Louisiana bereits mehr als eine halbe Million Haushalte ohne Strom. Die Einsatzzentrale der Stadt New Orleans, in der knapp 400.000 Menschen leben, erklärte am Sonntag (Ortszeit), es gebe noch vereinzelt Strom, die Zahl der Haushalte ohne Elektrizität steige jedoch "minütlich". Die interaktive Karte des örtlichen Energieversorgers Entergy zeigte knapp 530.000 Haushalte ohne Strom. In New Orleans brach das Stromnetz komplett zusammen.
Fotos und Videos örtlicher Medien hatten bereits am Sonntagvormittag nach dem Ankommen erster Ausläufer des Sturms erste Überschwemmungen und heftige Windböen gezeigt. Der NHC maß in einem küstennahem Feuchtgebiet südlich von New Orleans bereits ein um zwei Meter erhöhtes Wasserniveau. Am Flughafen der Stadt gebe es Windböen mit einer Geschwindigkeit von mehr als 100 Stundenkilometern.
Gouverneur: Sturm mit historischem Ausmaß
Gouverneur John Bel Edwards aktivierte für den Hurrikan die Nationalgarde mit rund 5.000 Soldaten. Die Katastrophenschutzbehörde flog Helfer und Vorräte in die Region, die Küstenwache stationierte zahlreiche Hubschrauber und Boote für den bevorstehenden Rettungseinsatz. Alle Flüge nach New Orleans wurden gestrichen. Wegen Tausender fliehender Anwohner der Küstengebiete waren die Autobahnen ins Landesinnere und in die Nachbarstaaten seit Samstag völlig überfüllt. Edwards warnte, "Ida" werde beim Auftreffen auf Louisiana einer der stärksten Stürme seit 1850 sein.
"Ida" traf in Louisiana auf den Tag genau 16 Jahre nach der Ankunft des verheerenden Hurrikans "Katrina" auf Land. "Katrina" hatte in und um New Orleans katastrophale Schäden und Überschwemmungen verursacht. Damals kamen rund 1.800 Menschen ums Leben. Seither wurden in der Region allerdings Milliarden in den Hochwasserschutz investiert. New Orleans ist daher inzwischen besser vor Überschwemmungen geschützt, den jüngsten Prognosen zufolge muss die Stadt aber auch mit extrem zerstörerischen Windböen rechnen.
Zeit für Evakuierungen zu knapp
Die prognostizierten starken Winde, der massive Regenfall und die Sturmflut in Louisiana seien alle schon für sich allein betrachtet lebensgefährlich, sagte der NHC-Direktor Ken Graham dem TV-Sender CNN. Der Blick auf die Radarbilder des Sturms zeige wie "katastrophal das wird", sagte Graham. "Das wird eine lebensgefährliche Situation", warnte er. Graham appellierte an alle Menschen in der Region, sich in Sicherheit zu bringen.
"Hurrikan Ida stellt eine direkte Bedrohung für die Menschen in New Orleans dar", warnte Bürgermeisterin LaToya Cantrell. Wegen des schnell herannahenden Sturms habe es keine Zeit mehr gegeben, eine Pflicht-Evakuierung der ganzen Stadt anzuordnen. Sie ordnete daher nur die Evakuierung besonders gefährdeter Gebiete an, die außerhalb der Dämme liegen. New Orleans ist fast gänzlich von Wasser umgeben – im Norden liegt Lake Pontchartrain, im Osten Lake Borgne, im Süden gibt es die Feuchtgebiete entlang der Mississipi-Mündung.
"Ida" wird nach Ansicht des Gouverneurs die bislang schwerste Prüfung für den Hochwasserschutz von New Orleans. Seit "Katrina" habe es massive Investitionen in den Hochwasserschutz gegeben, sagte Edwards CNN. Größere Sorgen machten ihm die Gebiete südwestlich der Stadt, die keinen derart ausgebauten Hochwasserschutz hätten.
Meterhohe Flutwellen
An Teilen der Küste Louisianas, südwestlich von New Orleans, wo der Sturm auf Land traf, war mit einer Sturmflut von fast fünf Metern Höhe zu rechnen, warnte das NHC. Am Lake Borgne sei mit fast vier Metern zu rechnen, am Lake Pontchartrain mit gut zwei Metern. Auch für Teile der östlichen Nachbarstaaten Mississippi und Alabama galten wegen des Hurrikans Flut- und Tornadowarnungen.
Gouverneur Edwards erklärte, küstennahe Krankenhäuser könnten trotz des Hurrikans nicht evakuiert werden, weil es zu viele Corona-Patienten gebe. Derzeit würden in dem Staat mit 4,6 Millionen Einwohnern 2.450 Patienten wegen Covid-19 stationär behandelt, sagte er. Es gebe in Louisiana und den angrenzenden Bundesstaaten keine Kapazitäten mehr, um zusätzliche Patienten aufzunehmen.
"Ida" soll am Montag weiterziehen
Für die Einrichtungen seien trotz Generatoren lang anhaltende Stromausfälle infolge des Hurrikans eine große Gefahr. Der Staat habe rund 10.000 Arbeiter mobilisiert, um die Stromversorgung schnell wieder herzustellen, so Edwards. Louisiana und die benachbarten Bundesstaaten befinden sich inmitten einer dramatischen Corona-Welle.
"Ida" sollte am Montag nordöstlich nach Mississippi und Tennessee weiterziehen. Der Wirbelsturm war am Freitag als Hurrikan der Stufe eins über den Westen Kubas hinweggezogen. Dort verursachte "Ida" nach Berichten staatlicher Medien Stromausfälle und Schäden.
- Nachrichtenagentur dpa