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Gudio Westerwelle legt anrührenden Auftritt bei Günther Jauch hin


Krebskranker Westerwelle bei Jauch
"Ein unglaublich glückliches Gefühl"

t-online, David Heisig

Aktualisiert am 09.11.2015Lesedauer: 3 Min.
Guido Westerwelle bei Güther Jauch.Vergrößern des Bildes
Guido Westerwelle bei Güther Jauch. (Quelle: stock & people/imago-images-bilder)

Lange Zeit war er das Gesicht der FDP: Guido Westerwelle. Fast immer in der ersten Reihe, mal geschickt, mal die 18 % fokussierend abgehoben. Aber unbestritten ein politisches Schwergewicht, das es bis zum Außenminister geschafft hat. 2014 dann die Diagnose: Leukämie. Im Talk von Günther Jauch präsentiert sich jetzt ein ganz anderer Westerwelle, der von seiner Krankheit berichtet.

Die Diagnose ist ein Schock: Krebs. Eine halbe Million Deutsche erhalten dieses Urteil pro Jahr. Muss ich sterben? Habe ich Schuld an der Krankheit? Wie geht es weiter? Fragen, denen sich auch der ehemalige FDP-Parteivorsitzende, Guido Westerwelle stellt.

Er hat Leukämie. In seinem Buch "Zwischen zwei Welten" verarbeitet er die Kehrtwende in seinem Leben und spricht öffentlich über die Krankheit. Auch bei Günther Jauch.

Sein Anblick rührt an: Nicht mehr der forsche Politiker, gut im Saft, der auf Pressekonferenzen in Deutschland als Außenminister Journalisten ermahnt, Fragen auf Deutsch zu stellen. Der mit einer 18 auf der Schuhsohle Wahlergebnisse prognostiziert. "Wie aus einer anderen Welt" käme ihm das heute vor, kommentiert er diese Bilder.

Das Sprechen fällt ihm schwer. Das Gesicht ist aufgedunsen, der Körper abgemagert. "Mal besser, mal schlechter" gehe es ihm, betont er. Wieder bei Jauch zu sitzen, sei für ihn "ein unglaublich glückliches Gefühl".

"Der Krebs ist feige"

Krebs kann jeden treffen. Doch in einer Talkshow über die eigene Krankheit zu sprechen, bleibt meist Prominenten vorbehalten. Obwohl viele Erkrankte ebenso wichtige, hörenswerte Lebens- und Krankheitsgeschichten zu berichten hätten. Daher stellt sich die Frage: Warum lässt man gerade Westerwelle das tun? Oder: Warum tut er sich das selbst an?

Auch Eva Fidler war Gast bei Jauch. Eine junge, an Krebs erkrankte Frau ohne Promi-Status. Ein wenig scheint es, als wolle man dem Vorwurf, gerade einem Alt-Politik-Star eine Plattform für Empathieerzeugung zu geben, vorbeugen.

Aber Fidler ist kein Quoten-Gast. Was sie berichtet ist wichtig. Sie erzählt, dass man sich als Krebspatient wie ein "gejagtes Tier" fühlt. Sie weiß nicht, ob sie schon über den Berg ist. Sie finde, dass der Krebs "feige" ist, weil er sich im Körper versteckt.

Wenn dann in einem retrospektiven Einspieler gezeigt wird, wie sie sich nach der Chemotherapie eine Glatze rasiert und das als Hoffnungsschimmer für den Behandlungserfolg wertet, hat man als Zuschauer unweigerlich einen Kloß im Hals. Noch mehr, weil man ihr als junger Mutter eine Genesung so wünscht. Das Kind wurde im Herbst 2014 frühzeitig auf die Welt geholt, um es vor der Strahlentherapie zu schützen.

Spätestens jetzt merkt man: hier geht es nicht um Wertungen von gesellschaftlichen Stellungen von Personen. Auch nicht darum, dass einer Werbung für sein Buch machen will. Hier soll den Menschen gezeigt werden, wie grausam Krebs ist.

"Mir fallen die Haare genauso aus wie jedem anderen auch, nach der Chemo", sagt Westerwelle. Die Krankheit mache bescheiden. Er gibt in der Sendung ein sympathisches Bild ab, das ihm manch Beobachter zu politischen Zeiten vielleicht nicht zugetraut hätte.

Die einfache Botschaft: Stammzellenspender retten Leben

Westerwelle und Fidler wollen aufklären. "Es ist zu schaffen", den Krebs zu besiegen betont Westerwelle. Der Grat zwischen Gesundheit und Krankheit sei schmal.

"So fühlt es sich also an, das Sterben", erzählt er von einer Erfahrung während der Stammenzellentransplantation. Diese musste er genauso wie Filder erhalten, weil Chemo- und Strahlentherapie nicht erfolgreich waren.

Daher auch die Boptschaft: jeder solle sich testen und in eine Datenbank für Stammzellenspender eintragen lassen. So könne man Leben retten.

Bekannter Onkologe als Experte

Experte im Studio ist der Kölner Professor und Onkologe Michael Hallek. Er behandelt auch Westerwelle. Es ist gut, dass er da ist. Bildet er doch zur emotionalen Seite in der Sendung das objektive Gegengewicht. Wenn er von Heilungschancen bei Krebserkrankungen spricht. Wenn erklärt, welch tiefen Einschnitt eine Stammenzellentherapie bedeutet.

Oder wenn er Jauch den Zahn zieht, als der fragt, ob Kassenpatienten schlechtere Überlebenschancen hätten, weil ihnen teurere Behandlungen verwehrt blieben. Eine Frage, die sich aufdrängt. Für seinen Bereich, den lebensbedrohenden Krebserkrankungen, könne sich Hallek das zumindest nicht vorstellen.

Fazit: ein bisschen wie in alten Zeiten

Und der Moderator? Dem merkt man an: endlich mal keine Flüchtlinge, VW-Abgaswerte oder Griechenlandkrisen. Nicht weil das Thema einfach, mit schnödem Small-Talk zu klären wäre. Nein. Weil er sich ein wenig an Stern-TV-Zeiten erinnert fühlen mag. Jauch kann sich um Emotionen kümmern, muss an diesem Abend nicht den Löwenbändiger geben.

Keiner unterbricht, niemand redet kreuz und quer oder geht dem anderen an die Gurgel. Für den Zuschauer vielleicht schade, dem Ernst des Themas aber nur angemessen. Auch wenn Jauch mit Blick auf den eigenen Sendeplatz Politisches betont und Westerwelle zu einem abschließenden politischen Statement bringen will.

Der sagt nur: "Sollen mal die anderen."

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