Stundenlanger Nervenkrieg Flugzeugentführung nach Zypern endet mit Festnahme
Die Flugzeugentführung auf Zypern ist unblutig zu Ende gegangen. Der Entführer hat sich ergeben. Zuvor verließen die letzten sieben Geiseln die Maschine der Egyptair auf dem Flughafen der zyprischen Hafenstadt Larnaka. Dem Zugriff war ein stundenlanger Nervenkrieg vorausgegangen.
Sicherheitskräfte nahmen den Entführer nach Angaben des zyprischen Außenministeriums auf dem Flughafen von Larnaka fest. Identifiziert wurde der Mann als Seifedin Mustafa, nachdem zuvor ein falscher Name kursiert war.
Der Entführer verließ mit erhobenen Händen das Flugzeug. Er ging über die Piste in Richtung zweier Anti-Terror-Polizisten. Die Beamten hätten den dann am Boden liegenden Mann durchsucht und abgeführt.
Landung auf Zypern erzwungen
An Bord des Airbus 320 mit der Flugnummer 181 waren nach Angaben des ägyptischen Luftfahrtministeriums 55 Passagiere, unter ihnen auch zahlreiche Ausländer.
Das Flugzeug war am Morgen innerhalb Ägyptens auf dem Weg von Alexandria nach Kairo. Der Entführer zwang die Piloten dann zur Landung auf Zypern. Nach Angaben des ägyptischen Luftfahrtministeriums drohte der Ägypter mit der Detonation eines Sprengstoffgürtels.
Dabei handelte es sich nach Angaben des zyprischen Außenministers Ioannis Kassoulides um eine Bombenattrappe. Der Entführer habe mehrere Handy-Hüllen miteinander verbunden, sie mitsamt Kabeln in eine Art Gürtel gesteckt und dies dann als Sprengstoffgürtel ausgegeben, sagte Kassoulides: "Wir hatten diesen Verdacht, aber wollten auf Nummer sicher gehen."
Rätselraten über Motive
Unklarheit herrschte bis zuletzt auch über die genauen Motive des Entführers. "Die Entführung hatte keinen terroristischen Hintergrund", sagte Zyperns Präsident Nikos Anastasiades im Fernsehen. Das zyprische Außenministerium erklärte, der Entführer sei vermutlich "labil".
Auch das Staatsfernsehen RIK berichtete unter Berufung auf Polizeikreise, der Mann habe die Maschine wohl aus persönlichen Gründen in seine Gewalt gebracht. Er soll von der Polizei gefordert haben, einen Brief an seine Ex-Frau - eine Zyprerin - zu übergeben. Die Frau lebe in Larnaka. Sie wurde zum Flughafen gebracht.
"Es geht immer um eine Frau"
Den in Arabisch verfassten Brief hatte er aus einem Fenster des Flugzeuges geworfen. RIK berichtete, der Mann wollte außerdem Asyl in Europa erhalten. Zyprischen Medienberichten zufolge soll der Entführer auch die Freilassung oppositioneller Frauen aus ägyptischen Gefängnissen verlangt haben.
Auf die Frage nach der Ex-Frau des Mannes antwortete Anastasiades: "Es geht immer um eine Frau." Der Staatschef telefonierte wegen des Vorfalls nach Angaben seines Sprechers mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi.
Passagiere frühzeitig freigelassen
Der Entführer soll nach zyprischen Medienberichten lange selbst auf der Mittelmeerinsel gelebt haben und 59 Jahre alt sein. Er habe bis 1994 auf Zypern gelebt und fünf Kinder mit seiner Ex-Frau, berichtete die zyprische Zeitung "Phileleftheros" auf ihrer Homepage.
Der Mann hatte bereits kurz nach der Landung in Larnaka fast alle Passagiere und Besatzungsmitglieder freigelassen. Nach ägyptischen Angaben befanden sich zuletzt noch der Flugkapitän, der Co-Pilot, eine Flugbegleiterin, ein Sicherheitsangestellter und drei Passagiere in seiner Gewalt.
Alle Flüge umgeleitet
Die Piloten des Egyptair-Flugzeuges sollen RIK zufolge bei den Fluglotsen in Larnaka eine außerplanmäßige Landung wegen einer Entführung beantragt haben. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Maschine im zyprischen Flugkontrollraum. Die Maschine sei dann um 8.46 Uhr Ortszeit (7.46 Uhr MESZ) in Larnaka gelandet. Der Flughafen wurde geschlossen. Alle Flüge nach Zypern wurden zum Flughafen von Paphos (PFO) im Westen der Insel umgeleitet.
Der auch in Deutschland aus TV-Dokumentationen bekannte Luftfahrt-Experte David Learmont sagte derweil der BBC, der Pilot hätte den Anweisungen des Entführers nicht folgen sollen. Stattdessen wäre es besser gewesen, darauf zu vertrauen, dass es die Sicherheitsmaßnahmen unmöglich machen, mit einem Sprengstoffgürtel an Bord zu gelangen.
Zustände an ägyptischen Flughäfen in der Kritik
Flugzeugentführungen sind in den vergangenen Jahren gegenüber früheren Jahrzehnten seltener geworden, insbesondere seit der Verschärfung von Sicherheitsbestimmungen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA. Am 17. Februar 2014 entführte ein Copilot eine Maschine vom Typ Boeing 767 von Ethiopian Airlines auf dem Flug von Addis Abeba nach Rom. Die Maschine landete in Genf, wo der Luftpirat festgenommen wurde.
Die Sicherheit an ägyptischen Flughäfen war allerdings im vergangenen Jahr in die Kritik geraten. Ende Oktober detonierte in einem vom Badeort Scharm el Scheich gestarteten russischen Urlaubsflieger eine Bombe. Die Maschine stürzte über der Sinai-Halbinsel ab. Alle 224 Insassen starben. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte sich zu der Tat bekannt.