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Deutschlands größte Asservatenkammer wird 100


Kriminalität
Honeckers Jagdflinte und Dagoberts Mini-U-Boot

dpa, Von Cornelia Herold

Aktualisiert am 06.01.2012Lesedauer: 3 Min.
Vollgestopft bis unter die Decke: Die Asservatenkammer in Berlin-MoabitVergrößern des Bildes
Vollgestopft bis unter die Decke: Die Asservatenkammer in Berlin-Moabit (Quelle: dpa-bilder)
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Das älteste Stück der Asservatenkammer ist ein Mantel aus einem Mordfall im Jahr 1951. Der Täter ist nie gefasst worden, wahrscheinlich ist er längst tot. Doch solange der Fall nicht aufgeklärt ist, wird das Kleidungsstück des Opfers verwahrt. Denn Mord verjährt nie.

Etliche Beweisstücke liegen schon Jahrzehnte im Keller von Deutschlands größtem Gericht, dem Berliner Kriminalgericht Moabit. Erst wenige Wochen ist aber ein Koffer unter Verschluss, dessen Inhalt schockiert hat. In dem Gepäckstück hatten Polizisten im Sommer Leichenteile eines Tätowierers aus der Spree geborgen. Der mutmaßliche Mörder sitzt in Untersuchungshaft.

"Uns ist nichts fremd"

Das Wort Asservat steht für eine "amtlich aufbewahrte Sache". "Uns ist nichts fremd", sagt Bernd Zessin, der Chef der Einrichtung. Ein Sarg aus einer Sex-Show gehörte zu den bizarrsten Stücken im Fundus. Denn vor 30 Jahren waren solche Veranstaltungen noch strafbar, erinnert sich der Justizamtsinspektor.

"Leichensachen" steht auf einer der Türen. In der Kammer des Grauens türmen sich Kisten und Kartons in Regalen bis unter die Decke. Kleine Zettel verweisen auf den Inhalt. Blutige Laken, Kleidung von Leichen und Werkzeuge der Täter. Hier standen auch zwei Sessel eines Juwelierehepaars. Der Sohn hatte seine Eltern kaltblütig von hinten in den Kopf geschossen.

20.000 Gegenstände jährlich

Jährlich bringt die Polizei bis zu 20.000 Gegenstände in die Moabiter Turmstraße. Zehn Mitarbeiter sortieren und registrieren die Beweismittel. Jedes Stück wird gekennzeichnet und im Labyrinth des Kellers verstaut. Es wirkt wie in einer riesigen Rumpelkammer. Wird aber ein Asservat gebraucht, ist es sofort zur Hand. "Wir finden alles in Sekunden", beschreibt Zessin die Akribie seiner Männer.

30 Räume und drei Höfe sind bis zum Platzen voll gestopft mit Spuren des Verbrechens. Hunderte Werkzeuge aller Art, Gullydeckel, Rauschgiftpressen, Handys, Nummernschilder, ein Sortiment an Kinderwagen und ein Billardtisch. Tausende Messer und Stichwaffen liegen dicht an dicht in braunen Briefumschlägen. Kisten und Tüten mit Textilien, die zu sehr stinken, werden eingeschweißt. Dutzende Fahrräder sind in einem Innenhof deponiert - zerbeult nach einem Unfall oder gestohlen.

Dagoberts Mini-U-Boot

Die Asservatenkammer ist auch ein Spiegel der Geschichte. Hier lag die Tür, durch die der frühere Boxeuropameister Bubi Scholz 1984 seine Frau Helga in der gemeinsamen Villa erschoss. "Besonders viele Asservate hatten wir vom Kaufhauserpresser Dagobert", erinnert sich Zessin: Eine Sandkiste, eine Lore und ein selbst gebasteltes Mini-U-Boot. Bis zu seiner Festnahme 1994 hatte Dagobert die Polizei immer wieder an der Nase herumgeführt. Die Beweismittel können aber nicht besichtigt werden, die Öffentlichkeit hat keinen Zugang.

Geheimnisvoll wirken die abgeschirmten Räume für teuren Schmuck und wertvolle Gemälde. Sichergestelltes im Millionenwert aus dem Besitz des früheren DDR-Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski wurde in einem alarmgesicherten Raum verwahrt. "Gemälde, Porzellan, alles was schön und wertvoll ist", sagt Zessin. Schalck-Golodkowski habe inzwischen den Großteil zurückbekommen. Ihm sei der unrechtmäßige Erwerb nicht nachzuweisen gewesen.

Honeckers Waffensammlung

Vom früheren DDR-Staats- und SED-Parteichef Erich Honecker sowie von Ex-Stasi-Minister Erich Mielke wurden Jagdgewehre und andere Waffen gelagert. Beide Spitzenfunktionäre standen nach dem Mauerfall in Berlin vor Gericht, ihre Waffen wurden inzwischen zum Teil verschrottet.

Was nicht mehr gebraucht wird, wenn Verfahren rechtskräftig abgeschlossen oder die Taten verjährt sind, wird vernichtet oder geht an die Eigentümer zurück. Asservate aus spektakulären Kriminalfällen sind in der Polizeihistorischen Sammlung zu besichtigen. Einige Stücke werden sogar versteigert.

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