Justizopfer fordert Entschädigung Mollath: "Ich wache jede Nacht schweißgebadet auf"
1,8 Millionen Euro verlangt Gustl Mollath vom Freistaat Bayern – er gilt als bekanntestes Justizopfer Deutschlands. Der 62-Jährige leide immer noch unter Schlafstörungen, wie er heute sagt.
Der Fall Gustl Mollath geht heute vor dem Landgericht München I in eine neue Runde. Das wohl bekannteste Justizopfer Deutschlands fordert 1,8 Millionen Euro Schadenersatz vom Freistaat Bayern für mehr als sieben Jahre zu Unrecht in der Psychiatrie. Das Justizministerium hatte ihm nach seiner Entlassung aus der Klinik 70.000 Euro gezahlt, sieht aber keine weitergehenden Ansprüche.
Nach eigenen Angaben leidet Mollath bis heute sehr unter der Zeit in der Psychiatrie: "Ich habe siebeneinhalb Jahre nicht richtig geschlafen", sagte der 62-Jährige in München. Jahrelang sei er jede Nacht im Stundentakt geweckt worden – und das habe Folgen bis heute. "Ich träume jede Nacht und wache jede Nacht schweißgebadet auf." Außerdem sei es ihm noch immer nicht gelungen, eine feste Berufsanstellung zu finden. Er habe auch keine eigene Wohnung, sondern lebe nach wie vor bei Freunden.
Mollath äußerte die Hoffnung, in dem neuen Verfahren ein Stück weit Wiedergutmachung zu erfahren. "Es ist heute der internationale Tag des Glücks. Ich hoffe, dass das Glück mir hold ist", sagte Mollath vor Prozessbeginn. "Ich hoffe immer auf das Gute, rechne aus Erfahrung aber mit dem Schlimmsten."
Einweisung wegen angeblicher Wahnvorstellungen
Mollath wirft verschiedenen Beamten und Richtern eine Vielzahl von Amtspflichtverletzungen vor. Der 62-Jährige war 2006 nach einem Prozess wegen angeblicher Gewalt gegen seine Ehefrau und Wahnvorstellungen in die Psychiatrie eingewiesen worden.
Ein Grund dafür: Er selbst hatte Strafanzeige wegen Steuerhinterziehung, Schwarzgeld- und Insidergeschäften gegen seine Frau und weitere Mitarbeiter sowie Kunden der HypoVereinsbank gestellt. Seine Frau behauptete daraufhin, Mollath habe sie geschlagen, getreten, gebissen und gewürgt. Gutachter attestierten ihm eine psychische Störung.
2.747 Tage zu Unrecht in der Psychiatrie
Sechs Jahre nach dem Verfahren, im Jahr 2012, wurde dann ein interner Revisionsbericht der HypoVereinsbank öffentlich, der einen Teil von Mollaths Vorwürfen bestätigte. Das Oberlandesgericht Nürnberg ordnete daraufhin die Wiederaufnahme des Strafverfahrens sowie die sofortige Freilassung Mollaths an. Im August 2014 wurde er vom Landgericht Regensburg freigesprochen. 2.747 Tage hatte er zu Unrecht in der Psychiatrie verbracht. Ein Untersuchungsausschuss im Landtag wurde eingerichtet, die Opposition aus SPD, Grünen und Freien Wählern sah gravierende Fehler unter anderem bei den Ermittlern.
"Es ist natürlich eine ganz schwierige Situation für mich – ich habe keinen Spaß daran, Gerichtsverfahren bestreiten zu müssen", sagte Mollath, als er seine Klage gegen den Freistaat im März 2018 ankündigte. Aber er habe alles verloren, sei ruiniert. "Da kann man nicht erwarten, dass man sich mit einem Butterbrot abspeisen lässt."
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Mollaths Ex-Ehefrau Petra, die den damaligen Prozess mit ins Rollen gebracht hatte, ist mittlerweile gestorben. Sie erlag am 4. Mai 2017 einem schweren Krebsleiden.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP
- Süddeutsche Zeitung: Ex-Ehefrau von Gustl Mollath gestorben