Delta-Variante breitet sich aus Weltärztepräsident: "Wer sich nicht impfen lässt, wird sich infizieren"
Es sei nicht die Frage, ob, sondern wann Delta das Corona-Geschehen in Deutschland dominieren werde, hat Gesundheitsminister Spahn gesagt. In einigen Bundesländern steigt der Anteil schon spürbar an. Weltärztepräsident Montgomery meint: Man müsse auch mit Impfgegnern reden.
Im Kampf gegen das Coronavirus hat der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, gefordert, stärker auf "Impfskeptiker und Impfleugner" zuzugehen. "Wenn wir nicht auch einen Teil dieser Gruppe vom Sinn der Impfung überzeugen, werden wir die Herdenimmunität nicht erreichen", sagte Montgomery dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Mit Blick auf die deutlich ansteckendere Delta-Variante erklärte er: "Wer sich nicht impfen lässt, wird sich früher oder später mit dem Coronavirus infizieren."
Zuvor hatten schon andere Experten gewarnt, dass die befürchtete Ausbreitung der Delta-Variante in Deutschland das Erreichen der Herdenimmunität weiter erschweren könnte. "Anhand der bisherigen, noch unsicheren Daten bräuchte man wohl rund 85 Prozent immune Menschen in der Bevölkerung, um die Ungeimpften dindirekt mit zu schützen", sagte Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.
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Trotz insgesamt sinkender Infektionszahlen ist die Delta-Variante in Deutschland weiter auf dem Vormarsch. Mehrere Bundesländer meldeten am Dienstag, dass der Anteil der Variante an den Neuinfektionen zuletzt spürbar gestiegen sei. In Hessen macht sie nach Angaben von Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) bereits mehr als ein Fünftel der Neuansteckungen aus.
"Wir haben doch deutliche Anzeichen, dass Delta auch in Hessen mittlerweile schon über 20 Prozent der Fälle dominiert", sagte Klose. Daran sehe man, "dass das sehr schnell geht". Die Variante sei noch infektiöser als die Alpha-Variante. "Aber wir haben keine Hinweise darauf, bisher jedenfalls, dass diese Variante noch mehr schwere Erkrankungen auslöst." Er gehe davon aus, "dass Delta sich relativ schnell durchsetzen wird und die vorherrschende Variante sein wird".
Rasanter Anstieg der Ansteckungen in Bayern
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuletzt erklärt, es sei nicht die Frage, ob, sondern wann Delta das Infektionsgeschehen in Deutschland dominieren werde. Nach den jüngsten Zahlen des Robert Koch-Instituts lag der Anteil der zunächst in Indien entdeckten Variante an den Neuinfektionen Anfang Juni bei gut 6 Prozent (Woche vom 31. Mai bis 6. Juni) in Deutschland. In Großbritannien ist sie bereits die dominierende Variante. Dort waren im April erste Fälle nachgewiesen worden.
In Bayern hat sich die Zahl der bestätigten Infektionen mit der Delta-Variante im Verlauf einer Woche fast verdoppelt. Bisher seien bayernweit 229 Fälle bestätigt, in der vergangenen Woche seien es noch 132 gewesen, sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in München. In einzelnen Laboren betrage der Anteil inzwischen fast ein Viertel.
Auch in Baden-Württemberg breitet sich die Variante aus, während die Zahl der Ansteckungen insgesamt zurückgeht. Der Anstieg bleibt allerdings auf geringem Niveau, wie aus den jüngsten Zahlen des Landesgesundheitsamtes (LGA) vom Dienstag hervorgeht. Demnach liegt die Zahl der Infektionen mit dieser Variante (Stand 22. Juni, 16 Uhr) bei bislang 408 von insgesamt 135 172 bestätigten Fällen, die laut LGA auf die sogenannten besorgniserregenden Varianten zurückgehen.
Kassenärzte fordern mehr Tempo beim Impfen
Montgomery vertrat die Ansicht, dass eine weitgehende Durchimpfung der erwachsenen Bevölkerung notwendig sei. Die Kinder machten 17 bis 18 Prozent der Bevölkerung aus. Für sie sei auch die Delta-Variante weitgehend harmlos, so dass es voraussichtlich bei der Einschätzung bleibe, dass man für Kinder die Impfung nicht empfehlen könne. "Wir können die Kinder nicht für den Schutz der Gesellschaft impfen."
Die Kassenärzte fordern mehr Tempo beim Impfen. "Wir stehen in einem Wettlauf mit der Zeit. Je mehr Menschen in den nächsten Tagen und Wochen beide Impfungen erhalten werden, umso geringer wird der Einfluss der Delta-Variante sein", sagte Andreas Gassen, Vorstandschef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Um schneller zu werden, müssten noch mehr Impfstoffe geliefert werden. "Es ruckelt noch zu sehr in der Mengenauslieferung. Das geht zulasten der Planbarkeit."
Die besorgniserregenden Varianten waren zunächst unter anderem in Großbritannien, Südafrika und Indien sowie Brasilien aufgetaucht. Der Anteil der Delta-Fälle an den Ansteckungen mit Varianten legte mit Blick auf die vergangenen beiden Wochen auf 8,99 Prozent nach 6,73 Prozent zu.
- Nachrichtenagentur dpa