Jetzt spricht der Held von Notre-Dame "Wir mussten jemanden finden, der den Code für die Reliquien hat"
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Er rettete die angebliche Dornenkrone Jesu und weitere Reliquien aus den Flammen von Notre-Dame. Jean-Marc Fournier ist für viele Pariser jetzt ein Held. Und spricht nun über die Ereignisse des dramatischen Abends.
Zielstrebig stürmte Jean-Marc Fournier am Montagabend in die Kathedrale Notre-Dame, um die wohl wichtigste Reliquie im Inneren des Gotteshauses zu retten: Die Dornenkrone, die Jesus Christus bei der Kreuzigung getragen haben soll, ist für viele Christen von unschätzbarem Wert. Und dank des heldenhaften Einsatzes des Kaplans der Pariser Feuerwehr hat sie die Brandkatastrophe schadlos überstanden.
Im Interview mit dem französischen Sender "RTO" schildert der Priester seine Eindrücke. "Ich war im Bereitschaftsdienst, als uns der Alarm erreichte. Als ich vor Ort eintraf war mir klar, dass es darum geht, vor allen Dingen die Dornenkrone aus dem Inneren der Kathedrale zu retten", sagte Fournier.
Dornenkrone war mit einem Code gesichert
Vor der berühmten Kathedrale angekommen, standen Fournier und der ihn begleitende Feuerwehr-Offizier vor der nächsten Herausforderung: "Wir mussten jemanden finden, der den Code für die Öffnung der Reliquien hat. Die Dornenkrone ist mit einem Code gesichert und kann nicht einfach entwendet werden."
Fournier berichtet weiter über die dramatische Rettung: "Es dauerte etwas, bis wir den Code hatten. Kollegen von mir waren in der Zwischenzeit ins Innere der Kathedrale vorgedrungen, um den Weg zu ebnen. So konnten wir die wichtigste Reliquie noch rechtzeitig in Sicherheit bringen. Wir haben sie beim Verlassen von Notre-Dame in die Obhut der Polizei gegeben."
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Warum er kein Zögern in Kauf nahm, um die Dornenkrone zu retten? "Die Dornenkrone spielt in unserem christlichen Glauben eine zentrale Rolle. Sie ist so ein starkes Symbol, wir mussten mit aller Machten verhindern, dass sie Opfer der Flammen wird."
Die Ausmaße des Brandes waren Fournier und seinen Kollegen schnell bewusst. "Wir haben gemerkt, dass es sich hier um ein Jahrhundertfeuer handelt", erzählt Fournier weiter.
Alleine im brennenden Nordturm
Als das Feuer auch auf den Nordturm überschlug, befand sich der Geistliche im Inneren des Turms. "Ich stand ganz alleine im Turm. Es hat gebrannt und Gegenstände sind auf den Boden gefallen. Wir befürchteten zu diesem Zeitpunkt das Schlimmste und waren dann sehr erleichtert, dass der Nord- und der Südturm gerettet werden konnten."
In einer Nacht mit vielen Helden sticht mit Fournier einer hervor, den die Franzosen nicht erst seit der Katastrophe von Notre-Dame als Retter feiern. Der Geistliche, der vor seiner Tätigkeit in Paris unter anderem in Deutschland stationiert war, war einer der ersten, die am 16. November 2015 den Konzertsaal "Bataclan" betraten.
Den Tod vieler Menschen musste der Mittfünfziger bereits während seiner Zeit bei der französischen Armee miterleben. Fournier ist als Geistlicher Teil der Streitkräfte. Er unterstützte die Truppe unter anderem in Afghanistan.
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Dort überlebte er einen Angriff aus dem Hinterhalt, bei dem zehn französische Soldaten getötet wurden. Auch damals war Fournier bereits zur Stelle: Um Beistand für seine Kameraden zu leisten.