Trotz heftiger Kritik Fukushima: Einleitung von radioaktivem Kühlwasser hat begonnen
Trotz starker Kritik hat die Betreibergesellschaft des havarierten Atomkraftwerk damit begonnen, radioaktives Kühlwasser zu verklappen. Andere Entsorgungswege wären möglicherweise weniger schädlich gewesen.
Ungeachtet großer Sorgen unter Fischern und Nachbarstaaten wurde heute die erste Ladung aufbereitetes, aber immer noch radioaktives Kühlwasser in den Pazifik gepumpt.
Die Regierung von Fumio Kishida rechtfertigte dieses Vorgehen damit, dass auf dem Gelände der Atomruine der Platz zur Lagerung des Kühlwassers ausgehe und dadurch die Stilllegungsarbeiten behindert würden. Darüber hinaus bestehe auch das Risiko von Lecks. Daher sei die Ableitung des Wassers in den Pazifischen Ozean sei eine Angelegenheit, die "nicht aufgeschoben werden kann", so der konservative Regierungschef. Japans Fischereiverbände äußerten bis zuletzt ihre entschiedene Ablehnung. Auch Umweltschützer und Nachbarn wie China übten Kritik.
Lesen Sie auch: "Wegen Fukushima – Hacker attackieren japanische Atomlobby"
Im AKW Fukushima Daiichi war es im März 2011 in Folge eines schweren Erdbebens und gewaltigen Tsunamis zu Kernschmelzen gekommen. Die Reaktoren müssen weiter mit Wasser gekühlt werden, das in mehr als 1000 riesigen Tanks gelagert wird. Nun seien die Risiken, die durch die Lagerung entstehen könnten, aber größer als die durch Einleitung entstehenden, so die Betreibergesellschaft Tepco.
Tunnel in den Pazifik
Die mehr als 1,3 Millionen Tonnen Wasser werden hierzu über einen eigens dafür gebauten, einen Kilometer langen Tunnel in den Pazifik geleitet. Insgesamt wird dieser Vorgang wohl voraussichtlich etwa 30 Jahre in Anspruch nehmen. Vor der Verklappung im Pazifik wird das belastete Kühlwasser jedoch zunächst aufbereitet. Das Filtersystem kann allerdings das radioaktive Isotop Tritium nicht herausfiltern. Tepco gibt an, das Wasser daher so weit zu verdünnen, dass die Tritiumkonzentration auf 1500 Becquerel pro Liter sinkt, was weniger als einem Vierzigstel der nationalen Sicherheitsnorm entspreche.
Japans Atomaufsichtsbehörde hatte kürzlich grünes Licht gegeben. Zuvor hatte auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) den Verklappungsplänen zugestimmt. Japan erfülle die internationalen Sicherheitsstandards. Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt seien "vernachlässigbar", befand die IAEA. Fachleute verweisen darauf, dass Atomkraftwerke in aller Welt schon seit Jahrzehnten routinemäßig belastetes Kühlwasser ins Meer ableiten. Japans Fischereiverbände befürchten jedoch, dass der Ruf ihrer Erzeugnisse weiter beschädigt wird. Sie versuchen sich seit dem GAU geschäftlich zu erholen.
Verdampfung als Alternative
"Wir sind zutiefst enttäuscht und empört über die Ankündigung der japanischen Regierung, radioaktiv belastetes Wasser in den Ozean zu leiten", sagte Hisayo Takada von der Umweltschutzgruppe Greenpeace Japan. Die Regierung habe sich über die Bedenken von Fischern, Bürgern und der internationalen Gemeinschaft, insbesondere in der Pazifikregion und den Nachbarländern, hinweggesetzt. "Anstatt die Mängel des aktuellen Stilllegungsplans, die andauernde Atomkrise und den massiven Bedarf an öffentlichen Mitteln anzuerkennen, beabsichtigt die japanische Regierung, weitere Atomreaktoren wieder in Betrieb zu nehmen", erklärte Greenpeace in einer Stellungnahme.
China und Russland, die sich ebenfalls gegen die Verklappung im Meer ausgesprochen hatten, appellierten nach Informationen der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo Tokio kürzlich gemeinsam dafür, stattdessen eine Entsorgungsstrategie durch Verdampfung in Erwägung zu ziehen. Eine Verdampfung des Wassers und seine Freisetzung in die Atmosphäre hätten geringere Auswirkungen auf die Nachbarländer als die Einleitung ins Meer, zitierte Kyodo aus einem Tokio vorgelegten Dokument.
- Nachrichtenagentur dpa