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Nordseeinsel Borkum: Frauen schlagen als Volksfest? – Tradition in Kritik


Brauchtum in der Kritik
Werden hier Frauen zum Spaß verprügelt?

Von t-online, dpa
Aktualisiert am 30.11.2024 - 10:31 UhrLesedauer: 2 Min.
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Höhepunkt des Brauches ist ein Sturz in die Menschenmenge (Archivbild): Offizielle Aufnahmen gibt es nur wenige von der Tradition, da Pressevertreter nicht gern gesehen sind. (Quelle: picture alliance / dpa)

Auf der Nordseeinsel Borkum wird demnächst "Klaasohm" gefeiert. Bilder des TV-Magazins "Panorama" von der Jagd nach Frauen lösen Empörung aus.

In der Nacht zum 6. Dezember werden auf der Nordseeinsel Borkum Frauen Opfer eines umstrittenen Nikolausbrauchs: "Klaasohm". Ein Bericht des ARD-Magazins "Panorama" und eine Veröffentlichung des NDR-Reportageformats "STRG_F" haben diese Tradition ins Rampenlicht gerückt und bundesweit Kritik ausgelöst. Anonym berichten Frauen in den Beiträgen von aggressiven Übergriffen während des Festes.

Das ARD-Team filmte im vergangenen Jahr, wie sogenannte "Fänger" Frauen festhielten und die als Klaasohms verkleideten Männer ihnen mit Kuhhörnern auf den Hintern schlugen. Eine Nutzerin kommentierte das Geschehen entsetzt: "Was für eine schreckliche Tradition. Wie tief die Unterdrückung von Frauen noch verankert ist."

Fordert der Veranstalter Verschwiegenheit?

Auch die niedersächsische Landesregierung äußerte sich kritisch zu den Berichten. Christine Arbogast, Staatssekretärin im Sozialministerium, betonte die Bedeutung von Brauchtum und Traditionen, forderte jedoch gleichzeitig ein Ende dort, wo sich Frauen unsicher fühlen: "Wer sich den Hintern mit einem Horn versohlen lassen möchte, darf das tun. Wer das nicht möchte, muss aber auch respektiert werden." Sie fügte hinzu, dass an keinem Tag im Jahr Frauen aus Angst vor Hieben zu Hause bleiben dürften.

Auf Borkum selbst sprechen nur wenige öffentlich über die problematische Seite des Brauchs. Der Veranstalterverein, "Borkumer Jungens von 1830", soll nach NDR-Recherchen dazu auffordern, über den Brauch zu schweigen. In einer Stellungnahme räumte der Verein ein, dass das Schlagen mit Kuhhörnern Teil des Brauchs gewesen sei – jedoch distanziere man sich ausdrücklich von jeder Form der Gewalt gegen Frauen und entschuldige sich für vergangene Handlungen. Künftig wolle man diesen Teil der Tradition vollständig abschaffen.

Hintergründe und Ablauf des Brauchs

Der Nikolausbrauch existiert seit Generationen auf Borkum. Laut dem Regionalverband Ostfriesische Landschaft verkleiden sich dabei junge Männer als Klaasohms – angelehnt an das niederländische Wort für Nikolaus – mit Masken, Schafsfellen und Vogelfedern. Begleitet werden sie von einem als Frau verkleideten Mann namens Wievke. Alle sind mit Kuhhörnern ausgestattet.

Zunächst kommt es in einer Halle zu einem rituellen Kampf unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Anschließend ziehen die Klaasohms lautstark durch die Insel und verprügeln junge Frauen mit Kuhhörnern, während Kinder Honigkuchengebäck erhalten.

Der Brauch geht angeblich auf die Zeit der Walfänger zurück, die am Jahresende zurückkehrten und damit ihre Dominanz wiederherstellen wollten.

Kritik an Berichterstattung

Staatssekretärin Arbogast betonte die Notwendigkeit einer offenen Debatte über den Brauch: "Die notwendigen Anstöße müssen dabei in erster Linie von den Borkumerinnen und Borkumern selbst ausgehen." Der Verein "Borkumer Jungens" versprach mehr Transparenz und Veränderungen: "Wir verstehen die Kritik an den in der Reportage gezeigten Szenen und fühlen uns verpflichtet, weitere Veränderungen herbeizuführen."

Bürgermeister Jürgen Akkermann kritisierte den Bericht hingegen als "tendenziös und unseriös". Er betonte, dass heutzutage alle Geschlechter gemeinsam feiern würden und positive Stimmen im Bericht nicht berücksichtigt worden seien.

Die Polizeiinspektion Leer/Emden kündigte an, jegliche Form der Gewaltanwendung konsequent zu verfolgen: "Sofern wir als Polizei Kenntnis von etwaigen Übergriffen erlangen, werden diese durch uns konsequent verfolgt." Die aktuellen Medienberichte würden bei der polizeilichen Lagebeurteilung berücksichtigt.

Transparenzhinweis
Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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