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Schulweg-Streit in Bayern: Landkreis zahlt Marcs Taxifahrt zur Schule


Entscheidung im Schulweg-Streit
Landkreis zahlt Marcs Taxifahrt zur Schule

Von t-online, sth

Aktualisiert am 20.02.2019Lesedauer: 3 Min.
Marc läuft die Landstraße entlang: Der Realschüler muss rund zwei Kilometer zur Haltestelle seines Schulbusses laufen.Vergrößern des BildesMarc läuft die Landstraße entlang: Der Realschüler muss rund zwei Kilometer zur Haltestelle seines Schulbusses laufen. (Quelle: Nicolas Armer/dpa)

Marcs Schulweg führt über eine kurvige Landstraße. Bisher musste sie der 13-Jährige einmal am Tag entlanglaufen. Einen Bus gibt es nicht. Nun muss der Landkreis für eine Taxi-Fahrt zahlen.

Läuft Marc in die Schule, rasen Autos und Lkws an ihm vorbei. Der 13-Jährige kommt aus Marktschorgast, tief in Oberfranken. Mehr als zwei Kilometer muss er bis zur Bushaltestelle laufen. Über eine Landstraße, ohne Fußweg und Laternen. Auch ein Waldstück liegt auf seinem Schulweg.

Im Sommer muss er die Strecke einmal am Tag entlanglaufen, weil dort kein Bus fährt. Jahrelang stritten seine Eltern deshalb mit dem Landkreis Kulmbach. Der soll für ein Taxi zahlen. Am Dienstag fiel die Entscheidung: Nach einer mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erklärte sich der Landkreis dazu bereit, die Kosten bis einschließlich zum zehnten Schuljahr zu übernehmen.

Einmal, erzählt Marc, war es ganz knapp. Da sei ein Auto dicht an ihm vorbeigerauscht und habe ihn fast erwischt. Ob er sich erschrocken hat? Marc macht große Augen. "Ja, ziemlich."

Marcs Stiefvater, Günter Landendörfer, findet den Schulweg viel zu gefährlich. Er sagt, die Fahrt zur Schule kann die Mutter nur einmal am Tag übernehmen. Dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" erklärte er: "Bisher hatten wir immer zwei Autos, und ich konnte ihn fahren, aber jetzt bin ich Rentner, und wir können uns das nicht mehr leisten."

Das Landratsamt aber fand, im Sommer sei der Fußweg zumutbar und wollte nur im Winter für das tägliche Taxi zahlen.

Die Strecke ist einsam, links und rechts ist Wald

"Man kann da ein Kind nicht alleine losschicken", sagt Landendörfer. "Es sind 2,3 Kilometer, die Hälfte davon auf diesem unübersichtlichen Überland-Weg. Die Strecke ist absolut einsam, links und rechts ist Wald und eine erwachsene Person läuft da eine halbe Stunde." Und Marc habe im vergangenen Jahr eine Operation wegen seiner X-Beine gehabt. "Der läuft unter Schmerzen. Aber auch für ein gesundes Kind geht das gar nicht."

Bis zur vierten Klasse ließ die Kommune den Jungen noch abholen, berichtete der "Spiegel". Grundschulkindern dürfen höchstens zwei Kilometer Schulweg zugemutet werden. Doch Marc geht seit zwei Jahren auf die Realschule – und seitdem gelten andere Regeln.

Einigung kommt nach einem jahrelangen Streit

Am Dienstag versammelten sich Vertreter des Landkreises und des Gerichtshofs in Marktschorgast. Sie machten sich ein Bild der Lage. Das Gericht gab Marc und seinem Vater Recht, empfahl dem Landkreis, die Kosten für die Beförderung zu übernehmen. Das akzeptierte der Landkreis.

Damit wurde der Streit nach Jahren mit einer Einigung und ohne Urteil beigelegt, das Verfahren eingestellt. Mit Urteil vom November 2017 hatte das Verwaltungsgericht Bayreuth die Rechtsauffassung des Landratsamtes in erster Instanz noch bestätigt.

So sind die Regeln in den deutschen Bundesländern

Die Beförderung von Schülern ist in Bayern Aufgabe der Kommunen. Die müssen den Transport dann übernehmen, wenn der Schulweg in einer Richtung mehr als drei Kilometer beträgt und es nicht zumutbar ist, den Weg auf andere Weise zurückzulegen. "Bei besonders beschwerlichen oder besonders gefährlichen Schulwegen könne auch bei kürzeren Wegstrecken die Notwendigkeit der Beförderung anerkannt werden", erklärte eine Sprecherin des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs.

Ähnlich sind die Regeln in Nordrhein-Westfalen. Für die Sekundarstufe I, also Haupt- und Realschüler sowie Gymnasiasten der Klasse 10, gilt dort: Ist der Schulweg mehr als 3,5 Kilometer weit, werden die Kosten erstattet. In Sachsen-Anhalt variiert die Grenze je nach Landkreis: von 1,4 Kilometer für Grundschüler bis zu fünf Kilometer für Schüler der Oberstufe am Gymnasium. Ausnahmen für besonders gefährliche Strecken wie in Bayern gebe es seines Wissens nach in Sachsen-Anhalt nicht, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums.

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Henrike Paede, Vize-Vorsitzende beim Bayerischen Elternverband, kennt Marcs konkreten Fall nicht. Sie ist grundsätzlich dafür, Schülern auch herausfordernde Wege zuzumuten. Nur: Man müsse individuell schauen, wie ein Kind auf die Gefahren reagiert. "Wie leichtsinnig ist es? Wie gut kann es sich konzentrieren?", sagt Paede. Wichtig sei, dass Kinder lernen, wie sie mit Risiken auf dem Schulweg umgehen. Günter Landendörfer ist einfach nur erleichtert: "Das ist eine Riesen-Last, die uns da von den Schultern fällt".

Verwendete Quellen
  • Gesetzestext: Regelungen zum Schulweg
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