Rekordverdächtiges Bauwerk Ein schiefer Turm in Niedersachsen stellt Pisa in den Schatten

Bei schiefen Türmen denkt man sofort an die Sehenswürdigkeit in Italien – doch was viele nicht wissen: Deutschland hält den Rekord.
Der wohl berühmteste Schiefe Turm steht im italienischen Pisa – doch auch Niedersachsen hat im Hinblick auf Neigung einiges zu bieten. In Ostfriesland gibt es auffallend viele schiefe Bauwerke, darunter der Kirchturm von Suurhusen. Mit einer Neigung von 5,19 Grad galt er lange als der weltweit schiefste Turm und schaffte es 2007 ins Guinnessbuch der Rekorde. Zum Vergleich: Der Turm von Pisa bringt es nur auf rund 4 Grad.
Die Kirche in der kleinen Gemeinde Hinte in Suurhusen wurde ursprünglich im 13. Jahrhundert erbaut – ohne Turm. Erst rund 200 Jahre später kam der Turm dazu, aus Backstein, wie es in der Region typisch ist. Das Problem: Der Untergrund machte dem Bauwerk zu schaffen. Für die Standfestigkeit setzte man den Turm auf ein Fundament aus Eichenstämmen – und das funktionierte auch lange gut, denn der Boden war moorig und feucht. Als im 19. Jahrhundert der Grundwasserspiegel sank, fingen die Pfähle an zu faulen, der Boden sackte ab, und der Turm begann sich zu neigen.
Anfang der 1970er-Jahre musste die Kirche wegen der zunehmenden Schieflage gesperrt werden. Erst 1982 begannen umfangreiche Sanierungsarbeiten mit unterirdischen Stahlbetonpfählen, die das Absacken stoppten. Drei Jahre später, im Oktober 1985, wurde die Kirche wieder eröffnet. Die Gefahr, dass der Turm umkippt, besteht aufgrund der Stabilisierung nicht.
Auch wenn Suurhusen mit seinen rund 1.000 Einwohnern klein ist – der Kirchturm hat dem Ort einen Platz auf der Weltkarte gesichert. Viele Touristen reisen eigens an, um sich das "ostfriesische Pisa" anzusehen. Ein Besucherzentrum gibt es nicht – aber Führungen durch die Kirche und den Turm sind nach Anmeldung möglich.
Deutschland hält den Rekord
2022 musste Suurhusen seinen Rekordtitel abgeben – und zwar an ein anderes Gebäude in Deutschland. Im rheinland-pfälzischen Gau-Weinheim steht ein Wehrturm, der eine Neigung von exakt 5,4277 Grad aufweist. Somit gilt dieser nun offiziell als der schiefste Turm der Welt.
Anders als in Suurhusen handelt es sich bei dem neuen Weltrekordhalter nicht um einen Kirchturm, sondern um einen ehemaligen Wehrturm. Er gehört zu einem Ensemble aus Gemeindehaus und Glockenturm und wurde im 13. Jahrhundert errichtet. Die auffällige Neigung war den Einheimischen zwar schon lange bekannt – doch vermessen wurde sie bis dahin nie offiziell.
Auch in Gau-Weinheim ist der Untergrund mitverantwortlich für die Schieflage: Der massive Bruchsteinbau steht auf lehmigem Boden. Über die Jahrhunderte sackte der Boden ungleichmäßig ab – der Turm begann, sich langsam zu neigen. Laut der Hochschule Mainz ist die Statik trotzdem stabil, der Turm bleibt standfest.
Ein Abriss habe nie zur Debatte gestanden, betont man vor Ort – im Gegenteil: Der Turm ist heute ein geschütztes Kulturdenkmal und wurde 2023 sogar mit einer Plakette als "besonderes Wahrzeichen" ausgezeichnet.
- schiefster-turm.de: "Schiefer Turm von Suurhusen – Der schiefste Turm der Welt"
- kreiszeitung.de: "Steht in Niedersachsen ein Weltrekord? Suurhusen schlägt Pisa: Einer der schiefsten Türme der Welt"
- regionalgeschichte.net: "Gemeindeturm in Gau-Weinheim"
- hinte.de: "Suurhusen"
- rheinhessen.de: "Der schiefste Turm der Welt steht in Gau-Weinheim"