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Russland bedroht Ukraine: FDP fordert harte Maßnahmen gegen Putin


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Putins Kriegsdrohungen
Es ist an der Zeit, Stärke zu zeigen

MeinungEin Gastbeitrag von Renata Alt, FDP

22.04.2021Lesedauer: 5 Min.
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"Werden ihre Handlungen bereuen": Wladimir Putin hat eine klare Warnung in Richtung Westen ausgesprochen. (Quelle: t-online)

Russlands Aufmarsch an den Grenzen der Ukraine muss scharfe Konsequenzen haben. Viel zu oft versäumten Deutschland und Europa klare Antworten auf die russische Aggression.

Der Militäraufbau Russlands in der Ostukraine hält die Politik sowie Expertinnen und Experten seit Wochen in Atem. Tatsache ist, dass niemand genau weiß, warum mehrere Tausend Soldaten, schweres Gerät und mutmaßlich auch Luftabwehrsysteme an die russisch-ukrainische Grenze und auf die annektierte Krim geschafft wurden. Auch die Ansprache von Präsident Putin an die Föderale Versammlung hat keine Klarheit geschaffen.

150.000 Soldaten an der Grenze

Die EU sollte jedoch inzwischen sehr wohl wissen, dass man Wladimir Putin mögliche Konsequenzen seiner Aggression und rote Linien frühzeitig aufzeigen sollte. Die EU darf nicht zulassen, dass sich das Szenario von Georgien und der Krim-Annexion wiederholt.

Renata Alt, geboren 1965, ist Mitglied des Bundestags (FDP). Dort ist sie unter anderem Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und des Unterausschusses für Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln. Vor ihrer Zeit im Bundestag war sie Diplomatin.

Seit über einem Monat kursieren im Netz Bilder von schwerem Gerät und Truppen, die an die Grenze zwischen Russland und der Ukraine, bzw. auf die besetze Krim verlegt werden. Expertinnen und Experten berichten von Panzerhaubitzen, Panzern vom Typ T-72, zahlreichen gepanzerten Fahrzeugen und sogar ballistischen Kurzstreckenraketensystemen vom Typ Iskander. Nach Informationen der EU sind 150.000 Soldaten an die Grenze und auf die Krim verlegt worden.

Putin drohte in seiner Ansprache

Was genau und in welcher Menge dort stationiert ist, weiß niemand. Das russische Außenministerium sieht zumindest keinen Anlass, den Nachbarstaat und die EU-Mitgliedsstaaten im Rahmen des Wiener Dokuments der OSZE über die Truppenbewegungen zu informieren. Stattdessen wird das vor mehr als einem Jahr angekündigte NATO-Manöver "Defender Europe" mit seinen 37.000 Soldatinnen und Soldaten zum praktischen Vorwand genommen.

Ohne konstruktiven Dialog mit Russland können wir nur mutmaßen, welche Ziele Wladimir Putin mit diesem Säbelrasseln tatsächlich verfolgt. In seiner Ansprache an die Föderale Versammlung erwähnte er dieses mit keinem Wort. Den "Provokateuren, die Russlands Interessen gefährden" aber drohte er mit "asymmetrischen Sanktionen". Diese würden das Getane "so bereuen, wie sie noch nie im Leben etwas bereut haben".

Holt Putin den Donbass "zurück"?

Diese Rhetorik sorgt weder für Vertrauen noch für Erleichterung bei Russlands Nachbarn. Die jüngsten Militäraktivitäten Russlands an der Grenze zur Ukraine könnten zu einer militärischen Eskalation führen, z.B. wenn Russland es auf die Süßwasserquellen für die von Dürren und akutem Wassermangel gebeutelte Krim abgesehen haben sollte.

Ebenso möglich wäre eine militärische Provokation, um unter dem Vorwand des Schutzes der russischen Bevölkerung den Donbass für unabhängig oder als Teil Russlands anzuerkennen. In den vergangenen Jahren wurden dort Hunderttausende russische Pässe verteilt. Im Februar rief eine der wichtigsten Propagandistinnen, Margarita Simonjan, "Mütterchen Russland" dazu auf, den Donbass "zurückzuholen".

Russlandpolitik muss auf den Prüfstand

Doch es muss nicht zwangsläufig zu einem militärischen Zusammenstoß kommen. Mit dieser Provokation testet Wladimir Putin die Geduld von Joe Biden aus und setzt Wolodimyr Zelenskij unter Druck. Nicht zuletzt bringt er mit diesem Säbelrasseln seine konservativen Wähler vor der anstehenden Duma-Wahl in Stimmung und lenkt die Kritiker seines Regimes von Alexey Nawalny ab, der in einer russischen Strafkolonie in Lebensgefahr schwebt.

Nichtsdestotrotz sollten wir diese kritische Situation zum Anlass nehmen, unsere Russland- und Ukrainepolitik der letzten sieben Jahre auf den Prüfstand zu stellen. 2014 setzte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit beeindruckendem Elan für eine Beilegung des Konfliktes ein. Inzwischen ist dieser einer Gleichgültigkeit gewichen, die der gegenüber den "frozen conflicts" in Georgien, Transnistrien und Bergkarabach ähnelt.

Entschlossene Reaktionen versäumt

Dabei sollten wir doch gerade aus diesen eingefrorenen Konflikten, der Krim-Annexion und russischen Hackerangriffen in Deutschland die Lehre ziehen, dass russische Drohungen ernst genommen werden müssen und einer schnellen und entschlossenen Reaktion bedürfen.

Doch genau diese Reaktion ist in der Vergangenheit meist ausgeblieben. So blieb zum Beispiel die großzügige Verteilung russischer Pässe im Donbass nahezu unkommentiert. Dabei hat dieser Schritt Fakten geschaffen, die nun als Vorwand für eine militärische Eskalation dienen könnten. Die Minsker Abkommen, die eine gute Grundlage für Waffenstillstand boten, wurden weder weiterentwickelt noch zu einem Fahrplan für ernstzunehmende friedliche Konfliktbeilegung ausgebaut.

Druck auf Russland erhöhen

Schon vor drei Jahren hat die FDP-Fraktion in einem Antrag gefordert, dass für deren Umsetzung ein Reißverschlussverfahren geschaffen werden solle. Wichtig ist, dass die dort enthaltenen Maßnahmen priorisiert werden und deren Umsetzung mit verbindlichen Fristen sowie konkreten Konsequenzen bei (Nicht-)Umsetzung versehen wird. Notwendig sind auch Anreize zur Umsetzung, z.B. ein schrittweiser Abbau der gegen Russland verhängten Sanktionen oder der Ausbau von EU-Hilfen an die Ukraine.

Die jetzige Eskalation birgt ein großes Risiko, aber auch die Chance für Deutschland und die EU endlich aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Statt die Ukraine zur Beruhigung der Lage aufzurufen, wie es Bundesaußenminister Heiko Maas tut, sollte Deutschland zusammen mit Frankreich und den USA den Druck auf Russland erhöhen.

Es muss klar werden: Harte umfangreiche Maßnahmen sind unvermeidbar, sollte die Militärtechnik an den ukrainischen Grenzen zum Einsatz kommen. Denn bislang haben es die transatlantischen Partner nicht geschafft, schnell und geschlossen zu reagieren.

Statt die russischen Drohgebärden unmittelbar mit einem Treffen im Normandie-Format zu beantworten, fanden sich Präsident Zelenskij, Frankreichs Präsident Macron und Bundeskanzlerin Merkel erst vergangenen Freitag zu einem Gespräch zusammen. Auch eine demonstrative Einladung Präsident Zelenskijs nach Berlin hätte längst ausgesprochen werden müssen. Es hätte zudem transatlantische Geschlossenheit demonstriert, wäre neben dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba auch US-Außenminister Anthony Blinken in den EU-Außenministerrat am Montag eingeladen worden.

Tschechien zeigt, wie es geht

Stattdessen war unter den Außenministern der EU nicht einmal ein Minimalkonsens zu finden, um im Falle einer Aggression Sanktionen gegen Russland verhängen zu können. Österreich pochte stattdessen auf Dialog. Dabei hatte gerade in den letzten Tagen Tschechien gezeigt, wie eine entschlossene und adäquate Reaktion auf Russlands Provokationen aussehen kann. Die Ausweisung russischer Diplomaten und der Ausschluss des russischen Staatskonzerns Rosatom von der geplanten Ausschreibung für den Ausbau des Atomkraftwerks Dukovany in Mähren ist ein klares und unmissverständliches Signal.

Sollte Wladimir Putin tatsächlich eine militärische Invasion planen, wird ihm die Uneinigkeit und Handlungsunfähigkeit der EU in die Hände spielen. Das Ziel sollten nicht irgendwelche mit heißer Nadel gestrickten Sanktionen sein, sondern eine breitere Diskussion in der Politik und Expertengemeinschaft darüber, welche Optionen auf dem Tisch liegen.

Dazu gehören Maßnahmen, die von eingeschränktem Zugang zu den Finanzmärkten bis hin zum Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-System reichen. Auch ein Ausschluss Russlands aus dem Europarat oder die erneute Suspendierung in dessen parlamentarischer Versammlung sollten in Erwägung gezogen werden. Schließlich hat Russland mit der Inhaftierung und de facto Folter von Alexey Nawalny mehrere Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ignoriert.

Auch der Kreis potenziell zu sanktionierender Personen und Organisationen muss diskutiert werden. Wir brauchen jetzt viel Elan, viel Energie und viel Einigkeit innerhalb der EU, um Russland zu zeigen: Nach all den Jahren ungelöster Konflikte, nach all den Zerstörungen, nach all den Toten und Vertriebenen wird der Westen dem Druck Russlands diesmal standhalten.

Die im Gastbeitrag geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autorin wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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