Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Was heute wichtig ist Psychogramm eines Hochstaplers
Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
ich hoffe, Sie hatten ein angenehmes Wochenende und starten gut gelaunt in die neue Woche. Heute darf ich Ihnen die kommentierten Themen des Tages präsentieren – in Vertretung von Chefredakteur Florian Harms, der seinen wohlverdienten Urlaub genießt. Beginnen möchte ich mit Donald Trump und ein paar Zahlen.
WAS WAR?
Seit exakt 1.270 Tagen ist Donald Trump US-Präsident. Bei der Präsidentschaftswahl am 3. November 2020, also in nur noch 113 Tagen, wird sich entscheiden, ob er die Vereinigten Staaten für weitere vier Jahre anführen darf. Landesweite Umfragen sehen ihn derzeit bis zu zwölf Prozent hinter seinem demokratischen Konkurrenten Joe Biden. Zudem ist eine Mehrheit der Amerikaner mit Trumps Amtsführung unzufrieden, insbesondere mit seinem Kurs in der Corona-Krise. Und ausgerechnet jetzt erscheinen auch noch Enthüllungsbücher, die Trumps Schwächen als Politiker und Mensch schonungslos ausbreiten sollen.
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Ein besonders persönliches Buch über Trump kommt an diesem Dienstag in die Läden. "Zu viel und nie genug: Wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschuf", stammt aus der Feder von Mary Trump, einer Nichte des Präsidenten. Die Psychologin zeichnet das Bild einer dysfunktionalen Trump-Familie, an deren Spitze Patriarch Fred die Fäden zog. Dessen herrisches und soziopathisches Auftreten habe die Kinder entscheidend geprägt und Donald Trump zu dem gemacht, was er heute sei: ein hochgradiger und verunsicherter Narzisst.
Seit Trumps Amtsantritt sind diverse Bücher über den US-Präsidenten erschienen. Manche Autoren berufen sich auf Quellen aus dessen unmittelbarer Umgebung. Dazu gehören etwa die Journalisten Bob Woodward in "Furcht: Trump im Weißen Haus" oder Michael Wolff in "Feuer und Zorn: Im Weißen Haus von Donald Trump". Andere Autoren sind oder waren selbst enge Mitarbeiter Trumps. So zum Beispiel John Bolton, Trumps früherer Sicherheitsberater, von dem das Buch "The Room Where It Happened: A White House Memoir" stammt. Oder ein anonymer Autor – ebenfalls angeblich aus Trumps engstem Zirkel – mit seinem Buch "A Warning".
Nun mag ein einzelnes Buch vielleicht nicht aussagekräftig genug sein, um über den mächtigsten Menschen auf Erden zu urteilen. Mancher hegt möglicherweise auch Zweifel an der Glaubwürdigkeit und der Motivlage bestimmter Autoren. Zusammengenommen ergibt sich aus all den Berichten aber ein sehr plausibles und anschauliches Bild vom Menschen und Politiker Donald Trump:
- Indem Trump sich selbst immer wieder mit Superlativen schmückt und von anderen erwartet, ihn ebenfalls in höchsten Tönen zu loben, versucht er seine Vorrechte und seinen Status zu legitimieren. Den gleichen Zweck sollen seine herabwürdigenden Aussagen über andere Personen erfüllen.
- Tricks und Betrug sind für Trump probate Werkzeuge, um seine Ziele zu erreichen. Zeit seines Lebens hat er gelernt, dass ihn Macht und Geld schützen, sollte sein unlauteres Handeln aufgedeckt werden.
- Lügen, Umdeutungen und Übertreibungen sind für Trump legitime und selbstverständliche Mittel, um in Konflikten und Interaktionen seine Position zu behaupten und Vorteile zu erringen.
- Dieses Verhalten ist auch Ausdruck von Trumps großer Unsicherheit. Er befürchtet, anderen könnte das volle Ausmaß seiner menschlichen und fachlichen Defizite bewusst werden, würde er nicht darüber hinwegtäuschen.
- Persönliche Vorteile sind bei allen Handlungen Trumps als Präsident ein entscheidendes Kriterium. Was ihm selbst nicht nützt, ist für ihn nicht wichtig. Was seinen Interessen widerspricht, lehnt er ab. Dies gilt auch für Personen: Nur wer nützlich für ihn ist, wird ernst genommen.
- Trumps Selbstüberhöhung macht ihn beratungsresistent. Empfehlungen, die nicht seiner persönlichen Meinung entsprechen, nimmt er nicht an. Entscheidungen trifft er oft allein und impulsiv. Auf Widerspruch oder in unangenehmen Situationen reagiert er aufbrausend.
- Trump fehlen grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten, über die ein Präsident verfügen müsste. In Gesprächen offenbart er oft massive Wissenslücken, sei es über die amerikanische Verfassung, das politische System oder die Geschichte der Vereinigten Staaten.
- Trump ist nicht dazu bereit, sich Dinge anzueignen, die ihn nicht interessieren. Er liest nicht, auch keine speziell für ihn erstellten Berichte. Seine Informationen bekommt er aus dem Fernsehen und vor allem von dem ihm zugeneigten Fox News.
Wohlgemerkt, all diese Schilderungen und Zuschreibungen stammen nicht von mir, sondern von Personen, die Donald Trump gut kennen und lange studiert haben. Für mich ist es das ziemliche Gegenteil dessen, wie ein Präsident sein sollte: aufrichtig, uneigennützig, klug, gebildet, fleißig, kooperativ und inspirierend. Es ist, als säße ein Hochstapler im Weißen Haus und ich hoffe inständig, die Mehrheit der Amerikaner wird daraus im November die richtigen Schlüsse ziehen.
WAS STEHT AN?
Wegen des Streits über den EU-Wiederaufbaupakt in der Corona-Krise empfängt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag den italienischen Premierminister Giuseppe Conte. Beide wollen im Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg nördlich von Berlin nach einem Ausweg aus der verfahrenen Situation suchen.
Millionen Bundesbürger reisen in den Sommerferien zu Zielen im In- und Ausland. Was bedeutet das für die Coronavirus-Situation in Deutschland? Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, geben dazu um 10 Uhr ihre Einschätzungen ab.
Im Prozess gegen zwei Thüringer Polizisten wird am Landgericht Erfurt am Montag ein Urteil erwartet. Sie sollen eine junge Frau in ihre Wohnung begleitet und dort sexuell missbraucht haben. Die Frau sprach von Vergewaltigung, die Staatsanwaltschaft rückte im Laufe des Verfahrens von diesem Vorwurf ab.
Manchester City und Trainer Pep Guardiola erfahren um 10.30 Uhr, ob ihr Ausschluss aus der Champions League für die nächsten beiden Saisons bestehen bleibt. Hintergrund der Strafe waren angebliche Verstöße gegen die Finanzregeln der Uefa. Jetzt gibt der internationale Sportgerichtshof Cas seine Entscheidung über den Einspruch des Topclubs bekannt.
WAS LESEN ODER ANSEHEN?
Von den Enthüllungsbüchern über Donald Trump hatte ich Ihnen bereits berichtet. Meine Kollegin Madeleine Janssen hat sich mit der Frage befasst, ob diese tatsächlich Trumps Wiederwahl gefährden könnten? Dafür hat sie mit dem früheren Obama-Berater Julius van de Laar gesprochen. Und der kommt zu einem eindeutigen Urteil.
Der Genozid in Indonesien kostete Hunderttausenden Menschen das Leben. Verantwortlich waren die Militärs, die 1965 nach der Macht griffen. Nun hat t-online.de neue Hinweise darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland den Putschisten Unterstützung zukommen ließ. Mein Kollege Jonas Mueller-Töwe hat die Akte des BND dazu analysiert. Gestützt wird der Fund unter anderem durch Dokumente des Auswärtigen Amtes und des US-Außenministeriums. Experten stellen nun eine deutsche Mitverantwortung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Debatte.
Seit Ende April gilt in Deutschland eine Maskenpflicht zum Schutz vor dem Coronavirus. Einige Menschen fragen sich aber, ob und warum sie weiterhin einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen – vor allem, nachdem Mecklenburg-Vorpommern bereits erwog, die Maskenpflicht abzuschaffen. Meine Kollegin Sandra Simonsen erklärt, welche Gründe es geben könnte, von der Pflicht befreit zu werden und wer ein entsprechendes Attest überhaupt ausstellen darf.
Experten warnen seit Jahren vor den Auswirkungen der Klimakrise, einige davon bekommen wir bereits zu spüren. Die Durchschnittstemperaturen in Deutschland steigen unaufhörlich. Der Deutsche Wetterdienst hat nun eine Klimavorhersage für die nächsten zehn Jahre veröffentlicht. Meine Kollegen Philip Friedrichs, Arno Wölk und Adrian Röger haben die Daten für Sie aufbereitet.
Im Juli 1995 fallen bosnisch-serbische Einheiten in die damalige UN-Schutzzone ein und ermorden Tausende Jungen und Männer. Das Massaker von Srebrenica gilt als das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Ramiz Nukic hat überlebt – bis heute liest er die Knochen der Opfer auf. Meine Kollegen Arno Wölk und Sandra Sperling zeigen, wie es am Ort des Verbrechens heute aussieht und was Überlebende und Angehörige noch immer verfolgt.
Vor genau einer Woche starb der Filmkomponist Ennio Morricone. Seither wurde viel über den italienischen Oscarpreisträger und Schöpfer unvergessener Kompositionen berichtet. In der "arte"-Mediathek finden Fans Auszüge eines Morricone-Konzerts im Jahr 2005 in München, bei dem der Maestro persönlich dirigierte.
WAS AMÜSIERT MICH?
Endlich geht es wieder los...
Morgen präsentiert Ihnen mein Kollege Florian Wichert die Themen des Tages. Ich wünsche Ihnen einen erfreulichen Montag!
Ihr
Carsten Werner
Chef vom Dienst t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de
Twitter: @Carsten_Werner
Mit Material von dpa.
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